LogoMenu

Röntgen: Lungenmuster Beurteilung

Prof. Dr. Gerhard Wess

Dipl. ECVIM-CA (Innere Medizin), Dipl. ECVIM-CA (Kardiologie), Dipl ACVIM (Kardiologie)

Leiter der Abteilung für Tierkardiologie der Medizinischen Kleintierklinik der LMU München

Radiologische Lungenzeichnungen, bzw. Lungenmuster werden beschrieben durch die Lokalisation, Verteilung und Dichte der Infiltrate. Somit bezeichnet man Infiltrate, welche die luftführenden Wege umgeben, als bronchial. Infiltrate innerhalb der Alveolen werden alveolär genannt, befinden sie sich im Interstitium spricht man von einer interstitiellen Zeichnung.

Welche Lungenmuster gibt es?


Röntgenmuster oder Lungenzeichnung lassen sich vier hauptsächliche Typen unterscheiden.

1. alveolär

2. interstitiell

3. bronchial

4. vaskulär

 

Das Schwamm-Model zur Verdeutlichung von Lungenmustern:

 

Die Lungen kann man sich als trockenen Schwamm vorstellen. In dem Modell werden die Gefässe durch mit Wasser gefüllte, die Bronchien durch mit Luft Strohhalme dargestellt. Im Röntgenbild stellen sich die mit Wasser gefüllten Halme ("Blutgefässe") als flüssigkeitsdichte (helle) Bänder dar, die mit Luft gefüllten Halme ("Bronchien") als parallel laufende feine Linien. Das "Interstitium", das trockene Gerüst des Schwamms, bleibt mehr oder weniger strahlendurchlässig:

 

Grundsätzlich führen Herzerkrankungen, die zu einer Volumenüberladung führen zu meist größeren Herzen, als dies Herzerkrankungen machen, bei denen es zu einer Drucküberlastung kommt, also z.B. bei Aorten- oder Pulmonalstenose. Die meisten Krankheiten, welche eine Vergrößerung des linken Ventrikels hervorrufen, gehen oft mit einer Vergrößerung des linken Vorhofs einher.

Wie erkenne ich ein alveoläres Lungenmuster?

In den Alveolen ist die Luft durch Flüssigkeit oder Zellmaterial ersetzt (Konsolidierung) oder die Alveoli sind luftleer und kollabiert (Atelektase).  

Diese sehen in etwa so aus, als ob man mit einem Pinsel Tupfen auf eine Leinwand aufbringen würde, sie haben ein wolkiges Erscheinungsbild. Verursacht wird es durch Flüssigkeit und/oder zelluläre Infiltrate in den Alveolen. Häufig findet man bei diesem Muster Luftbronchogramme. Diese entstehen dadurch, dass nur noch die Bronchien belüftet sind, das übrige Lungengewebe aber komplett mit Infiltraten oder Flüssigkeit gefüllt ist. Aerobronchogramme stellen sich somit als dunkelgraue, baumartig verzweigte Strukturen dar, die von einem weichteildichten Schatten umgeben sind. Sind auch die luftleitenden Wege betroffen, so bezeichnet man dieses Lungenareal als konsolidiert.

 

In dem Bild unten, das eine alveoläre Lungenzeichung darstellt, wurde der Schwamm mit Wasser getränkt, bis sich das Gerüst und die meisten Hohlräume ("Alveolen") mit Wasser vollgesogen haben. Da die Umgebung nun die gleiche Dichte aufweist wie die Gefässe, stellen sich die Blutgefässe und die Bronchienwände nicht mehr dar, gagegen imponieren die noch immer mit Luft gefüllten Lumina der Bronchien als bandförmige Aufhellungen (Luftbronchogramme). Nicht mit Wasser gefüllte "Alveolen" stellen sich ebenfalls als dunkle Flecken vor weissem Hintergrund dar:

 

Welche Differentialdiagnosen gibt es für ein alveoläres Lungenmuster?

Die Lunge ist also voll mit Flüssigkeit oder Infiltraten. Hier sind die Haupt-Differentialdiagnosen:

  • Lungenödem (hochgradig)
  • Bronchopneumonie
  • Vaskulitis

Beispiel für ein alveoläres Lungenmuster von einem Hund mit hochgradigem Lungenödem:

Wie erkenne ich ein interstitielles Lungenmuster?

Um ein interstitielles Verschattungsmuster zu veranschaulichen, wurde der Schwamm zunächst benetzt. Anschliessend wurde die Flüssigkeit ausgepresst mit dem Resultat, dass nur noch das Schwammgerüst ("Interstitium") einen erhöhten Wassergehalt aufwies. Dieses Gerüst ist nun auf dem Röntgenbild als diffus netzartige Struktur zu sehen. Die "Gefässgrenzen" wirken unscharf, die "Bronchien" sind ebenfalls schwieriger erkennbar.

 

 

Beispiel für ein interstitielles Lungenmuster von einem Hund mit interstitiellem Lungenmuster aufgrund eines Lymphoms:

Ursachen für ein interstitielles Lungenmuster:

Vermehrt Flüssigkeit, Zellmaterial oder Fibrose in den Interstitien. Häufiger bei chronischen Erkrankungen.
Röntgenzeichen:

Erhöhte Dichte des Lungenfeldes, verminderter Kontrast, Lungengefässe sind unscharf begrenzt, aber noch sichtbar; verlieren sich gegen die Peripherie hin. Gelegentlich sind peribronchiale Infiltrate sichtbar (z.B. bei Lungenödem).
Cave: Bei fetten Tieren, auf unterbelichteten Aufnahmen und in Exspiration erscheint die Lunge ebenfalls röntgendicht. Besonders auf exspiratorischen Aufnahmen wird auch der Gefäss-Lungenkontrast schlecht
Das prominente Anzeichen dieses Musters ist, dass die Blutgefäßumrandungen unbestimmt und unscharf sind, und sich schlecht vom der Hintergrund abheben. Es handelt sich um ein vielseitiges Spektrum mit vielen Unterarten, einige davon fokal, andere diffus verstreut. Die Dichtezunahme des Lungenfeldes ist auf eine Infiltration des extrazellulären Lungengewebes zurückzuführen.

Miliar (hirsekorngrosse - ähnliche Herde): Viele, diffus verteilte, schlecht begrenzte, rundliche, z.T. zusammenfliessende Verschattungen von wenigen mm Durchmesser.


 
Differentialdiagnosen für fokale, noduläre interstitielle Zeichnungen:

  • Tumormetastasen
  • Granulomatöse Erkrankungen (z.B. Mykosen oder Parasiten, wie Lungenwürmer)
  • Feline infectiöse peritonitis
  • Eosinophilie Granulomatose
  • Lymphomatoide Granulomatose
  • Abszess

Differentialdiagnosen für diffuse interstitielle Zeichnungen:

  • Meist Flüssigkeit (Blut, Ödem)
  • Lungenfibrosen bei alten Hunden
  • Alter
  • Inhalation (Rauchvergiftung, Staub)
  • Immunbedingt (allergisch)
  • Linksherz-Versagen
  • Mykotische Pneumonie
  • Blutung (Koagulopathie)
  • Metastatische oder primäre Neoplasie
  • Lymphom
  • Dirofilariose
  • Virale Pneumonie
  • Mineralisation

Bronchiales Muster/Verschattungen:

Bronchiale Lungenzeichnung beschreibt ein Muster, bei welchem sich die Bronchien aufgrund von Infiltraten - innerhalb oder außerhalb der Bronchienwand- verdickt darstellen. Im Röntgen quergeschnittene Bronchien bezeichnet man aufgrund ihrer typischen Form als sog. „Doughnuts“, längsgeschnittene werden mit Straßenbahnschienen verglichen. „Doughnuts“ können eine Füllung (mit Infiltraten im Lumen) besitzen oder nur glasiert sein (ohne Infiltrate im Lumen). Bronchiale Muster sprechen typischerweise für Erkrankungen der luftleitenden Wege. Bei den Infiltraten kann es sich wiederum um Flüssigkeit (Ödem, Blut, Exsudat) oder Zellen (Ery´s, Neutrophile, Eosinophile oder Tumorzellen) handeln, welche sich innerhalb oder um die Luftwege herum ansammeln.

Differentialdiagnosen bronchiales Lungenmuster:

  • chronische Bronchitits
  • Bronchitits (allergisch, bakteriell, viral)
  • felines Asthma
  • Bronchiektasie
  • Neoplasie, z.B. Bronchialzellkarzinome

 

Vaskuläre Zeichnung:

Dieses Muster bezeichnet eine Verbreiterung der Pulmonalvenen und/oder Pulmonalarterien. Gut belüftete Lungenareale mit deutlichen Gefäßen, die sich schlängeln und verzweigen, sollten nicht mit einer vaskulären Erkrankung verwechselt werden.

Ursachen für gestaute Lungenvenen:

  • kongestives Herzversagen
  • Links-Rechts-Shunts (PDA, VSD)
  • AV-Fisteln (peripher)

Ursachen für gestaute Pulmonalarterien:

  • Lungenhochdruck (pulmonary hypertension)
  • Dirofilariose
  • pulmonale Thrombembolien

Röntgenzeichen Unterperfusion:

Dünne Gefässe, Lunge wirkt zu dunkel DD: Hypovolämie, Exsikkose, M. Addison; Folge einer "entwässernden" Therapie; erhöhter intrathorakaler Druck durch obstruktive Lungenerkrankung, Asthma/Emphysem. R - L-Shunt (sehr selten).

Röntgenzeichen Überperfusion:

Gefässe zu weit (bei Hund im 4. Interkostalraum >3/4 des Durchmessers der 4. Rippe, proximal gemessen), v.a. auch in der Peripherie, zu viele Gefässe sichtbar (Plethora). Lunge erscheint dichter. Je nachdem, ob nur die Venen, die Arterien, oder beide dilatiert erscheinen, kommen andere Ursachen in Frage:
Zu grosse Venen sind ein Röntgenzeichen einer Dekompensation des linken Herzens.
Zu weite Arterien weisen auf eine Lungenhypertonie, Dirofilariose, Thrombose, oder Embolie hin. Bei Überperfusion (Infusion), zu Beginn einer Lungenentzündung oder einem L - R-Shunt (PDA, VSD) können Arterien und Venen zu weit sein.

Cave: Bronchiale und vaskuläre Muster sind v.a. bei Prozessen in der Peripherie der Lunge oft nur schwer unterscheidbar.


Im nächsten Kapitel geht es um die Beurteilung der Lunge anhand von verschiedenen Lungenfeldern