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Antiarrhythmika

Prof. Dr. Gerhard Wess

Dipl. ECVIM-CA (Innere Medizin), Dipl. ECVIM-CA (Kardiologie), Dipl ACVIM (Kardiologie)

Leiter der Abteilung für Tierkardiologie der Medizinischen Kleintierklinik der LMU München

Was sind Antiarrhythmika?

Ziel einer antiarrhythmischen Therapie ist es, das Auftreten maligner Arrhythmien zu verringern und dadurch die klinische Symptomatik zu verbessern und das Risiko für einen plötzlichen Herztod (Sekundentod) zu reduzieren. Für die Therapie der Rhythmusstörungeen werden antiarrhythmische Medikamente verwendet.

Es ist zu beachten, dass es verschiedene Rhythmusstörungen gibt, wie zum beispiel ventrikuläre Rhythmusstörungen, supraventrikuläre Rhythmusstörungen oder Vorhofflimmeren. manche Antiarrhythmika wirken nur bei ventrikulären Rhythmusströrungen, andere können nur für die Therapie von supraventrikulären Rhythmusstörungen eingesetzt werden.

Wie werden Antiarrhythmika eingeteilt?

Antiarrhythmika werden üblicherweise nach der Vaughan-Williams-Klassifikation eingeteilt.

Klasse 1 Antiarrhythmika: die Klasse umfasst die Natrium-Kanal-Blocker und wird noch einmal in drei Untergruppen (1a, 1b, 1c) unterteilt.

Klasse 2 Antiarrhythmika: Betablocker

Klasse 3 Antiarrhythmika: Kalium-Kanal-Blocker

Klasse 4 Antiarrhythmika: und in Klasse 4 die Kalzium-Kanal-Blocker

Welche Rhythmusstörungen sind gefährlich?

Es sollten hämodynamisch instabile und elektrisch instabile Arrhythmien behandelt werden. Jedoch gibt es derzeit keinen Konsens, ab wann man bei Hunden von elektrischer Instabilität sprechen kann. Manche Autoren empfehlen eine Therapie, wenn eine hohe Anzahl an VES auftritt. So therapierten Meurs et al. alle Boxer mit > 500 VES in 24 Stunden (MEURS et al., 2002). Eine aktuelle Studie aus unserer Klinik zeigt jedoch, dass die Anzahl der VES kaum Einfluss auf das Sekundentodrisiko hat (KLUSER et al., 2016). Es konnte allerdings gezeigt werden, dass das Risiko für einen Sekundentod ab einer Schlag-zu-Schlag-Frequenz > 260/min zunimmt, gerade wenn das heerz vergrößert ist (KLUSER et al., 2016).

ZUsätzliche Risikofaktoren bestehen wenn Couplets, Salven oder ventrikuläre Tachykardien auftreten, wenn die ventrikulären Extrasystolen (VES) polymorph sind oder wenn ein R-auf-T-Phänomen auftritt (CALVERT, 1986). Calvert und Meurs empfehlen 2009 einen Therapiestart bei schnellen (> 200/min) VT, beim Auftreten von mehr als 6.000 VES einschließlich Couplets oder Triplets in 24 Stunden, oder wenn Synkopen in Verbindung mit vielen VES festgestellt werden (CALVERT und MEURS, 2009). Kraus et al. nutzten genau dieselben Kriterien und sprachen bei deren Erfüllung von schweren ventrikulären Tachyarrhythmien (KRAUS et al., 2009).

Das Auftreten von schnellen und anhaltenden ventrikulären Tachykardien oder hämodynamisch relevanten Arrhythmien werden von den meisten Autoren als Indikation für eine Therapie angesehen, da ventrikuläre Tachykardien signifikant mit dem Auftreten von Sekundentod assoziiert sind (CALVERT et al., 1997b; KLUSER et al., 2016).  

Langsame ventrikuläre Komplexe mit einer Schlag-zu-Schlag-Frequenz < 160/min werden als beschleunigt idioventrikuläre Schläge oder Rhythmen bezeichnet. Diese treten häufig in Zusammenhang mit extrakardialen Ursachen auf und bedürfen in den meisten Fällen keiner antiarrhythmischen Therapie

Bei uns werden individuelle Therapie Empfehlungen aufgrund der Ergebnisse der Holter-Untersuchungen sowie des Herzultraschalls erstellt.

Wie werden ventrikuläre Rhythmusstörungen therapiert?

 

Therapie lebensbedrohlicher Rhythmusstöungen:

Zur akuten Therapie lebensbedrohlicher ventrikulärer Tachykardien (VT) wird häufig Lidocain (Klasse 1b) intravenös verabreicht. Sollte dadurch keine Änderung der Frequenz oder eine mögliche Konversion in einen Sinusrhythmus erzielt werden, kann der Beta-Blocker Esmolol (Klasse 2) intravenös verabreicht werden. Bei einer refraktären VT wird der intravenöse Einsatz des Klasse-3-Antiarrhythmikums Amiodaron angeraten, wobei eine potentielle anaphylaktische Reaktion auf die intravenöse Gabe berücksichtigt werden muss.

Therapie chronischer ventrikulärer Rhythmusstörungen

Für die orale Therapie von ventrikulären Rhythmusstörungen können folgende Medikamentenklassen eingesetzt werden:

Klasse 1, Klasse 2, Klasse 3

Zur chronischen oralen Therapie ventrikulärer Rhythmusstörungen werden bei uns in erster Linie Medikemente Klasse 3 wie der Kalium-Kanal-Blocker Sotalolverwendet. Da dieser gleichzeitig auch als Beta-Blocker agiert, sollte die Therapie bei Hunden mit DCM und systolischer Dysfunktion aufgrund der negativ inotropen Wirkung eingeschlichen werden.

Eine Studie mit Boxern mit ventrikulären Arrhythmien durch den Einsatz von Sotalol als Monotherapie gleich gute Therapieergebnisse erzielen wie durch eine Kombination aus dem Beta-Blocker Atenolol und dem Natrium-Kanal-Blocker Mexiletin.

Eine weitere Möglichkeit zur Therapie ventrikulärer Rhythmusstörungen stellt das Klasse-3-Antiarrhythmikum Amiodaron dar. Dieses wird vor allem bei refraktären Arrhythmien eingesetzt, wenn andere Antiarrhythmika keine Wirkung mehr zeigen (KRAUS et al., 2009). Obwohl Amiodaron als Breitband-Antiarrhythmikum gehandelt wird, zeigt es eine deutlich schwächere negativ inotrope Wirkung als Sotalol und kann somit auch bei Patienten im CHF eingesetzt werden (KRAUS & GELZER, 2016).
Vor der Gabe von Antiarrhythmika sollten auch immer deren potentiellen Nebenwirkungen bedacht werden. So können vor allem Klasse-1-Antiarrhythmika proarrhythmogen wirken und dadurch maligne Arrhythmien triggern.

Bei Menschen, die nach einem Herzinfarkt mit diesen Medikamenten behandelt wurden, konnte sogar ein Anstieg der Mortalitätsrate im Vergleich zu unbehandelten Patienten festgestellt werden (VAN GELDER et al., 1998). In der Tiermedizin konnten durch den Einsatz von Amiodaron bei Hunden schwere hepatotoxische und gastrointestinale Nebenwirkungen festgestellt werden. Diese sind jedoch dosisabhängig und nach Beendigung der Therapie auch wieder reversibel. Deshalb sollte Amidaron nur von absoluten Rhythmus-Spezialisten eingesetzt werden.

Wie wird Vorhofflimmern therapiert?

Vorhofflimmern wird häufig im Sinne einer Rate-Control-Therapie mit Digoxin therapiert, obwohl eine Monotherapie meist ineffektiv ist (CALVERT et al., 1982; KRAUS und GELZER, 2016). Eine Kombination aus Digoxin und Diltiazem ist meist effektiver (KRAUS und GELZER, 2016). Der Einsatz von Digoxin sollte allerdings sorgfältig geplant sein, da es zu einer Verschlechterung der ventrikulären Arrhythmien führen kann (CALVERT et al., 1982; CALVERT, 1986).

Weche Antiarrhythmika werden für supraventrikuläre Rhythmusstörungen eingesetzt?

Supraventrikuläre Rhythmusstörungen können mit Klasse 1A, 1C, Klasse 2, Klasse 3 und Klasse 4 therapiert weerden. Ausserdem kann eine Therapie mit Digoxin eingesetzt werden. Ausserdem können Kombinationen z.B. aus Digoxin und Diltiazem eingesetzt werden. Treten zusätzlich zu den supraventrikulären Rhythmusstörungen auch noch VES auf, so ist z.B. Sotalol eine gute Wahl.

 

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