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Die Mitraklappen Endokardiose

Prof. Dr. Gerhard Wess

Dipl. ECVIM-CA (Innere Medizin), Dipl. ECVIM-CA (Kardiologie), Dipl ACVIM (Kardiologie)

Leiter der Abteilung für Tierkardiologie der Medizinischen Kleintierklinik der LMU München

Einführung

Was bedeutet Mitralklappen-Insuffizienz?

Von Mitralklappeninsuffizienz, oder kürzer von Mitralinsuffizienz spricht man, wenn die Mitralklappe (Herzklappe zwischen linkem Vorhof und linker Herzkammer) "undicht" wird, d.h. das Zurückströmen von Blut in den Vorhof beim Zusammenziehen des Herzmuskels nicht mehr vollständig verhindern kann.
Mitralregurgitation wird das Zurückfließen des Blutes genannt. Die häufigste Ursache einer Mitralklappeninsuffizienz ist eine Mitralklappen-Endokardiose.

Die Mitralklappenendokardiose ist die häufigste Herzerkrankung des Hundes. Die Mitralklappe ist in 60 % der Fälle alleine und in 30 % der Fälle gemeinsam mit der Trikuspidalklappe betroffen. 10 % der betroffenen Patienten leiden an einer alleinigen Trikuspidalendokardiose.

Kleiner Überblick über die Herzanatomie:

Der Blutkreislauf im gesunden Organismus führt auf einer Einbahnstraße durch das Herz. Das Blut fließt über die untere und die obere Hohlvene aus dem Körperkreislauf in den rechten Vorhof, von dort gelangt es durch die Trikuspidalklappe in die rechte Herzkammer. Von der rechten Kammer wird das Blut durch die Pulmonalklappe über die Pulmonalarterie in die Lunge gepresst und nachdem das Blut dort mit Sauerstoff beladen wurde, gelangt es über die Pulmonalvenen in den linken Vorhof. Vom linken Vorhof fließt das Blut durch die Mitralklappe in die linke Kammer und von dort wird es durch die Aortenklappe in die Aorta gepresst und durchläuft so erneut den Körperkreislauf.
Schließt die Mitralklappe nicht richtig, so kann ein Teil des Blutes, das eigentlich durch die Aortenklappe in den Körperkreislauf gepresst werden sollte, zurück in den linken Vorhof gelangen.Welche Tiere bekommen Mitralklappen-Endokardiose?

Welche Tiere bekommen eine Endokardiose

Die Mitralklappen-Endokardiose ist die häufigste Herzerkrankung des Hundes. Es sind v.a. ältere Hunde kleiner Rassen betroffen, wie Zwergpudel, Chihuahua, Mini Schnauzer, Yorkshire Terrier und Dackel. Eine weitere prädisponierte Hunderasse ist der Cavalier King Charles Spaniel. Große Hunde sind bei weitem seltener betroffen, können aber ebenfalls eine Endokardiose bekommen.

Was ist die Ursache einer Endokardiose?

Die Ätiologie der Mitralendokardiose ist nicht hundertprozentig geklärt. Man nimmt an, dass es sich um eine Bindegewebsschwäche handelt. Eine genetisch beeinflusste Degeneration des Bindegewebes könnte die Ursache für die Endokardiose sein. Für diese Theorie spricht die Tatsache, dass v.a. chondrodystrophische Hunderassen prädisponiert sind. Diese Tiere sind ebenfalls für Bindegewebserkrankungen, wie Bandscheibenvorfälle, Trachealkollapse, periodontale Erkrankungen und Kreuzbandrupturen prädisponiert. Auch in der Humanmedizin lassen sich diese Beobachtungen bestätigen, da Menschen mit Kollagensynthesestörungen, wie dem Marfan-Syndrom, verhältnismäßig häufig an Mitralklappenendokardiosen leiden. Früher nahm man an, dass Zahnerkrankungen durch das Streuen von Bakterien für die degenerative Erkrankung verantwortlich waren. Diese Theorie ist heutzutage aber überholt.

Es ist auf jeden Fall sicher, dass eine hohe genetische Komponente besteht und die Krankheit häufig von den Eltern vererbt wird.

Welche Krankheitsanzeichen gibt es?

Im Frühstadium: Herzgeräusch
Im weiteren Verlauf:
Husten, erhöhte Atemfrequenz, Atemnot, Lustlosigkeit, Leistungsschwäche, Fressunlust, kurze Phasen von Ohnmachtsanfällen.

Welche Auswirkungen hat eine Mitralklappen-Endokardiose?

Durch die insuffiziente Klappe fließt während der Herzaktion Blut zurück in den linken Vorhof. Da so das pro Zeiteinheit ausgeworfene Blutvolumen in die Aorta abnimmt, sorgt der Körper mit Hilfe von Kompensationsmechanismen (wie z.B. erhöhte Herzfrequenz, erhöhten Flüssigkeitsrückhalt und Verengung der Gefäße in der Peripherie) für eine Erhöhung des Blutvolumens.
Die chronische Volumenüberlastung führt zu einer Ausweitung und Vergrößerung des linken Vorhofs. Im weiteren Verlauf kommt es ebenfalls zu einer Ausweitung und Vergrößerung der linken Herzkammer.
In der Folge nimmt die Anfangs gute Fähigkeit der Herzkammer zur Kontraktion ab, das linke Herz versagt, so kommt es zum Rückstau von Blutflüssigkeit in die Lunge. Ein Lungenödem entsteht.

 
Welche zusätzlichen Probleme können auftreten?

- unregelmäßiger Herzschlag, sog. Arrhythmien.
- Rechtsherzversagen: durch Bluthochdruck in den Lungengefäßen.
- Riss im linken Vorhof: dadurch kann sich Blut im Herzbeutel ansammeln und da sich der Herzbeutel nicht ausdehnen kann, kann sich das Herz irgendwann nicht mehr ausreichend mit Blut füllen, es kommt zur sog. Herztamponade, ein absolut lebensbedrohender Zustand. Oft haben diese Tiere Ohnmachtsanfälle, wenn ein Riss im linken Vorhof entsteht, allerdings können sie auch akut versterben. Glücklicherweise ist ein Riss des linken Vorhofes sehr selten und geschieht nur bei extrem schweren Erkrankungen.
- Abriss eines Chorda tendineae: in seltenen Fällen kann einer oder mehrere der Sehnenfaden, an denen die Mitralklappe aufgehängt sind, reißen und ein akutes Lungenödem verursachen; dies kann zu einer plötzlichen Verschlechterung des Zustandes des Patienten bis hin zum Tod führen

Wie wird die Erkrankung diagnostiziert?

Die tierärztliche Untersuchung:

Sie stellt den ersten Schritt des Untersuchungsgangs dar und umfasst eine klinische Allgemeinuntersuchung, wobei großer Wert auf das Abhören von Herz und Lunge gelegt wird.
Auskultatorisch: Wie bereits erwähnt, kann der Tierarzt mit Hilfe des Stethoskops ein Herzgeräusch im Bereich der Mitralklappe wahrnehmen.

 Das Röntgen:

Um festzustellen, ob die Erkrankung behandlungsbedürftig ist, muss ein Röntgenbild angefertigt werden.
Auf einem Röntgenbild kann der Arzt feststellen, ob und welche Herzkammern vergrößert sind. Ist die Krankheit schon so weit fortgeschritten, dass sich Wasser auf der Lunge gebildet hat, ist das Lungenödem Stadium erreicht. Zur Diagnose eines Lungenödems muss ein Röntgenbild angefertigt werden.

Das EKG:

Im EKG werden hauptsächlich Herzrhythmus-störungen diagnostiziert. Es ist ein wichtiges diagnostisches Kriterium, da Hunde mit einer Mitralklappenerkrankung verschiedene Arrhythmien bekommen können.

Der Herzultraschall – Echokardiographie:

Im Ultraschall lässt sich der Mitralklappenapparat genau darstellen. Die Klappe weist häufig blumenkohl- oder keulenartige Verdickungen auf. Oft lässt sich auch ein Klappenprolaps feststellen.
- Die Größe von Vorhof und Herzkammer, wie auch die Fähigkeit des Herzmuskels zur Kontraktion kann gemessen werden. Wir wenden inzwischen häüfig moderne Verfahren wie Gewebedopplermessungen, Strain-Messungen sowie 3D-Ultraschall an.
- Mit Hilfe der Farbdoppler-Echokardiographie und weiteren Messungen kann das Ausmaß der Insuffizienz quantifiziert werden.
- Zudem können wir Hinweise auf einen erhöhten Lungendruck im Ultraschall feststellen.

Weitere Untersuchungen:

In manchen Fällen ist eine Blutdruckmessung empfehlenswert, da ein erhöhter Blutdruck das Ausmaß der Insuffizienz erhöhen kann.

Welche Auswirkungen hat eine Mitralklappen-Endokardiose?

Durch die insuffiziente Klappe fließt während der Herzaktion Blut zurück in den linken Vorhof. Da so das pro Zeiteinheit ausgeworfene Blutvolumen in die Aorta abnimmt, sorgt der Körper mit Hilfe von Kompensationsmechanismen (wie z.B. erhöhte Herzfrequenz, erhöhten Flüssigkeitsrückhalt und Verengung der Gefäße in der Peripherie) für eine Erhöhung des Blutvolumens.
Die chronische Volumenüberlastung führt zu einer Ausweitung und Vergrößerung des linken Vorhofs. Im weiteren Verlauf kommt es ebenfalls zu einer Ausweitung und Vergrößerung der linken Herzkammer.
In der Folge nimmt die Anfangs gute Fähigkeit der Herzkammer zur Kontraktion ab, das linke Herz versagt, so kommt es zum Rückstau von Blutflüssigkeit in die Lunge. Ein Lungenödem entsteht.

Wie ist die Prognose?

Viele Hunde leben mit einer Endokardiose viele Jahre. Wenn Zeichen einer Dekompensation auftreten (die Hunde also z.B. Atemnot oder Husten zeigen), verschlechtert sich die Langzeit-prognose.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Die Therapie ist abhängig vom Schweregrad und der Symptomatik.
In einer neuen Studie konnte erstmals gezeigt werden, dass wir nun das Fortschreiten der Herzerkrankung verlangsamen können. Aus diesem Grund ist eine Therapie von Hunden mit Mitralklappen-Endokardiose ab dem Stadium einer Herzvergrößerung, auch ohne klinische Symptome, wie Husten oder Atemnot, empfehlenswert und wir setzen dieses Medikament erfolgreich ein.
Zeigen Tiere erste Anzeichen einer Dekompensation, wie Husten oder Leistungsschwäche, ist der Einsatz von zusätzlichen Medikamenten indiziert, z.B. Entwässerungsmedikamente und ACE-Inhibitoren.

Was kann man zusätzlich als Besitzer machen?

Erstes Anzeichen für ein beginnendes Lungenödem ist häufig eine erhöhte Atemfrequenz. Deswegen sollten Besitzer von Mitralinsuffizienten Hunden regelmäßig die Atemfrequenz ihres Tieres pro Minute in Ruhe (am besten, wenn der Hund schläft, z.B. am Abend neben dem Fernseher) bestimmen. Normalerweise liegt die Ruheatemfrequenz unter 30 Atemzüge pro Minute. Steigt der Wert über 30 Atemzüge pro Minute, sollten Sie die Atemfrequenz noch regelmässiger zählen, denn es könnte sich nun Wasser auf der Lunge gebildet haben. Es sollte das Tier dem Tierarzt zur Abklärung vorgestellt werden. Ab ca. 40 Atemzügen/Minute in Ruhe ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass nun Wasser auf der Lunge ist und nun sollte spätestens ein Röntgenbild gemacht werden. Auch Tiere, die bereits Medikamente erhalten, können so gut überwacht werden.
Wir empfehlen Ihnen eine kostenlose App für Ihr Smartphone zu benutzen, wie z.B. „Cardalis“. Diese App hilft Ihnen beim Zählen und speichert die Ergebnisse ab, so dass man ein Atemtagebuch zur Verfügung hat, welches man dem Tierarzt zeigen oder emailen kann. Mehr Informationen zur Ruheatemfrequenz und wie man sie bestimmt gibt es hier

Welche Medikamente werden eingesetzt?

Im Frühstadium:

Sobald eine Herzvergrößerung vorliegt, sollte Pimobendan (Vetmedin) eingesetzt werden, da so die Progression der Erkrankung um 15 Monate verlangsamt werden kann.

Bei Vorliegen eines Lungenödems:

- Diuretika: Medikamente, die die Ausscheidung von Wasser steigern und so für eine Verringerung des vergrößerten Blutvolumens sorgen. Ein Lungenödem kann durch diese Medikamente wirkungsvoll bekämpft werden. Typische Vertreter dieser Medikamentengruppe sind Furosemide (Dimazon) oder Torasemid (Upcard)

- Pimobendan (Vetmedin): Studien-ergebnisse zeigen, dass die klinische Wirksamkeit von Pimobendan bei Hunden mit Herzinsuffizienz aufgrund einer Klappeninsuffizienz der Wirksamkeit von ACE-Inhibitoren überlegen sind. Außerdem führte die Behandlung mit Pimobendan zu einer statistisch signifikanten Verlängerung der Überlebenszeit. Wir wenden zudem Pimobendan auch schon im Stadium einer Herzvergrößerung an, um die Progression der Erkrankung zu verlangsamen.

- ACE-Hemmer: Angiotensin Converting Enzym Hemmer. Obwohl ACE-Inhibitoren häufig empfohlen werden, ist die Studienlage nicht überzeugend. Deshalb wenden wir ACE-Inhibitoren bei der Therapie der Endokardiose nur noch im Einzelfall an.
- Weitere Medikamente: In refraktären Fällen sollten neben Furosemid oder Torasemid andere Diuretika wie Spironolacton oder Hydrochlorthiazid verabreicht werden.
- Antiarrhythmika: Treten Arrhythmien auf, werden diese mit den entsprechenden Medikamenten behandelt.
Es ist zu beachten, dass bei uns alle Patienten individuell behandelt werden und im Einzelfall auch andere Medikamente zu Einsatz kommen. Regelmäßige Kontrollen der Therapie durch den Tierarzt können die Prognose des Tieres deutlich verbessern.