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Endokarditis bei Hunden und Katzen

Prof. Dr. Gerhard Wess

Dipl. ECVIM-CA (Innere Medizin), Dipl. ECVIM-CA (Kardiologie), Dipl ACVIM (Kardiologie)

Leiter der Abteilung für Tierkardiologie der Medizinischen Kleintierklinik der LMU München

Einführung:


Die Endokarditis ist eine Entzündung der Herzinnenhaut, dem so genannten Endokard. Diese Entzündung ist beim Tier meist auf Bakterien zurückzuführen. Eine Endokarditis führt durch die stattfindenden entzündlichen Veränderungen, vor allem an den Klappen des Herzens, zu deren Schädigung.
Eine vegetative Endokarditis bezeichnet eine spezielle Form der Endokarditis, bei der sich Strukturen (Vegetationen), die aus Plättchen, Fibrin, Mikroorganismen und Entzündungszellen bestehen, an die Herzklappen anlagern. Gelegentlich können sich diese vegetativen Strukturen auch an einen Septumdefekt, an die Chordae tendinae, oder das Endokard anlagern. Die Endokarditis entsteht beim Haustier meist aufgrund von bakteriellen Infektionen. Seltener kommt es zu Läsionen aufgrund von wandernden Parasitendenlarven oder Pilzinfektionen.


Rasse- und andere Prädispositionsfaktoren:


Die Endokarditis kommt beim Hund nur gelegentlich vor und ist bei der Katze sehr selten. Grosse Hunderassen (Deutscher Schäferhund) und Hunde mit einer kongenitalen Subaortenstenose sind häufiger betroffen. Auch andere kongenitale Erkrankungen, bei denen es zu Blutverwirbelungen oder zu Störungen des Blutflusses kommt, können eine Prädisposition für eine Endokarditis darstellen.
Chronische Steroidgaben stellen einen weiteren Prädispositionsfaktor dar. Infektionen mit immunsuppressiven Keimen wie E. canis scheinen das Risiko eine Endokarditis zu entwickeln, ebenfalls zu erhöhen.
Chronische Infektionsherde wie Diskospondylitis, Blasenentzündung oder Erkrankungen, die bakterielle Infektionen erleichtern (wie Diabetes melitus oder Cushing), sind weitere Faktoren, die zur Entstehung einer Endokarditis beitragen können.
Betroffene Herzklappen:
Obwohl theoretisch jeder Teil des Endokards betroffen sein kann, treten die Veränderungen primär vor allem an den Klappen auf. Makroskopisch sind an den betroffenen Klappen große, grau-weiße Zubildungen zu sehen, die fest an der Klappe haften und die ganze AV-Öffnung verschließen können. Bei chronischen Veränderungen sind die Fibrinablagerungen durch Bindegewebe ersetzt. Histologisch bestehen die Zubildungen aus Fibrin in das zahlreiche Bakterienkolonien eingebettet sind. Außen sind je nach Alter der Veränderung Leukozyten und Granulationsgewebe zu sehen.
Am häufigsten sind die Mitralklappen betroffen, gefolgt von den Aortenklappen. Die Trikuspidalklappen und die Pulmonalklappen sind beim Kleintier nur extrem selten betroffen. Die Ursache für dieses Verteilungsmuster liegt darin, dass im linken Herz ein höherer Druck herrscht, wodurch es eher zu kleinen Verletzungen an Aorten- und Mitralklappe kommt als an den beiden Klappen des Niedrigdrucksystems. Normalerweise sind außerhalb der Herzens stattfindende bakterielle Infektionen, die gestreut haben, die Ursache. Eine fokale Endothelschädigung auf der Klappenoberfläche führt zur Anheftung und Vermehrung von Bakterien und der nachfolgenden Entzündungsreaktion.


Häufige Erreger:


Häufige Erreger, die eine Rolle spielen, sind:
Hund: Bartonella vinsonii, andere Bartonellen Arten, Streptokokken, Staphylokokken, Corynebakterium und E.coli, sowie Erysipelothrix rhusiopathiae

Rind: vor allem rechtes Herz; Arcanobacter pyogenes, Streptokokken, Mischflora
Schwein: vor allem linkes Herz; Erysipelothrix rhusiopathiae, Streptokokkus spp.
Pferd: sehr selten, vor allem Aortenklappen; Streptokokkus equi, Actinobacillus equuli,
Escherichia coli, Pseudomonas aeruginosa


Hinweise auf Endokarditis:


Die Symptome der bakteriellen Endokarditis können sehr unspezifisch sein oder gar fehlen, bei beinahe allen Erkrankten findet sich jedoch im Laufe der Erkrankung entweder Fieber oder ein neu aufgetretenes Herzgeräusch.
An Endokarditis sollte vor allem gedacht werden, wenn ein Hund Fieber unbekannter Ursache hat. Fieber ist das häufigste klinische Anzeichen, obwohl es intermittierend oder minimal sein kann, oder gelegentlich auch fehlen kann.
Weitere klinische Symptome sind:
Letharie
Anorexie (Fressunlust)
Gewichtsverlust
Polyarthritis
Rückenschmerzen
Intermittierende Lahmheiten
Betroffene Hunde haben zudem häufig eine Polyarthritis.
Es kann allerdings auch zu einem schweren Krankheitsbild mit Kreislaufversagen kommen. Zu einer effektiven Behandlung sollte der genaue Erreger herausgefunden werden und dann nach Möglichkeit spezifisch therapiert werden. Eine Endokarditis kann unbehandelt zum Tode führen. Man versucht dies durch vorbeugende Antibiotikatherapie vor kleinen Eingriffen, wie z.B. auch vor einer Zahnsteinentfernung, zu verhindern.

Diagnose:


Die Diagnose einer Endokarditis zu stellen ist nicht immer einfach. Das liegt daran, dass die klinischen Anzeichen, welche die Tiere zeigen, meist eher vage sind und mit systemischen Erkrankungsgeschehen einhergehen. Eine definitive Diagnose benötigt die Synthese aus klinischen, labordiagnostischen (mikrobiologischen) und echokardiographischen Daten. Meist fallen unspezifische Veränderungen im Blutbild, der klinischen Chemie oder der Urinuntersuchung auf (z.B. milde Blutarmut, erhöhte Zahl der weißen Blutkörperchen). Infektion des Urogenitaltraktes führen u.a. zu einer erhöhten Anzahl von weißen und roten Blutkörperchen im Urin. Kommt es zu einer Schädigung der Nierenschranke, so lässt sich auch Eiweiß im Urin nachweisen.


Diagnose-Duke Kriterien:


Da diese Veränderungen ziemlich unspezifisch sind, wurden aus der Humanmedizin standardisierte Kriterien zur Diagnose der Endokarditits übernommen.

Basierend auf den Duke Kriterien für eine definitive Diagnose beim Menschen, sollten Hunde zwei Major Kriterien, ein Major und drei Minor Kriterien oder fünf Minor Kriterien zur Diagnosestellung der Endokarditis aufweisen. Die sog. Duke Kriterien umfassen folgende Punkte:

- Major Kriterien-Mikrobiologisch:

mindestens zwei positive Blutkulturen mit einem typischen Erreger; diese müssen im Abstand von einer Stunde entnommen worden sein; drei Kulturen sollten abgenommen werden (wenn möglich), zwei müssen mindestens positiv sein;
bei akut kranken Tieren mit Anzeichen einer Sepsis sollten drei Blutkulturen im Abstand von fünf bis zehn Minuten abgenommen werden;


- Major Kriterien- Echokardiographisch:

oszillierende Masse im Bereich eines Endothelschadens (z.B. eine Masse im Bereich einer Klappe, welche dieser nicht anhaftet und sich unabhängig von der Klappe bewegt- dazu werden nicht verdickte Klappen gezählt, wie man sie bei einer Endokardiose sieht;
periannuläre Abszesse


-Minor Kriterien- bekannte prädisponierende Faktoren:

vormals bewiesene Endokarditis
Subaorten Stenose
Einsatz von Steroiden (z.B. Cortison) über einen längeren Zeitraum
Intravenöse Katheterisierung über einen längeren Zeitraum oder entzündete Bereich um intravenösen Katheter herum


-Minor Kriterien-Klinik:

Fieber (>39,7°C), intermittierend oder persistierend
neu aufgetretenes Herzgeräusch


-Minor Kriterien-Mikrobiologisch:

eine positive Blutkultur
Nachweis von Antikörpern


-Minor Kriterien-Echokardiographisch:

mittel-hochgradige Aorteninsuffizienz (nicht gemeint sind geringgradige, physiologische Insuffizienzen, wie sie bei vielen großen Hunden vorkommen)


Basierend auf den Duke Kriterien für eine definitive Diagnose beim Menschen, sollten Hunde zwei Major Kriterien, ein Major und drei Minor Kriterien oder fünf Minor Kriterien zur Diagnosestellung der Endokarditis aufweisen.
Patienten mit Endokarditis sollten regelmäßig einer elektrokardiographischen Untersuchung unterzogen werden, da das Auftreten von Erregungsleitungsstörungen am Herz v.a. bei Endokarditiden der Aortenklappe ein schlechtes prognostisches Zeichen ist.
Bleiben die Blutkulturen von Patienten mit vermuteter Infektiöser Endokarditis nach 24 Stunden noch ohne Wachstum, so sollte das Labor vermehrte Anstrengungen unternehmen, nach schwierig zu kultivierenden Keimen wie Bartonella sp. zu suchen. Außerdem sollte versucht werden, einen serologischen Nachweis dieser Erreger zu erbringen.


Herzultraschall:


Die Echokardiographie bietet in der Diagnostik zahlreiche Vorteile; sie ist billig, nicht invasiv und schnell durchzuführen. Außerdem besitzt eine exzellente Spezifität (98%), wenn sie von erfahrenen Kardiologen durchgeführt wird. Die Sensitivität liegt ca. bei 60%. Da Endokarditiden das Klappengewebe zerstören, kommt es häufig zu Klappeninsuffizienzen, selten entstehen klinisch signifikante Stenosen. Ist die Aortenklappe betroffen, so findet man deshalb oft hochgradige Aorteninsuffizienzen. Hunde mit akuten, hochgradigen Aorteninsuffizienzen aufgrund von Endokarditiden können innerhalb von kurzer Zeit mit Herzversagen vorgestellt werden und daran relativ schnell sterben. Bei Hunden mit akuten Endokarditiden hatte das Herz keine Zeit, eine schwere Insuffizienz zu kompensieren. Mitralinsuffizienzen aufgrund einer Endokarditits können in der Regel viel besser verkraftet werden.

Hier ein Ultraschall in der Längsachse von einem Hund mit Endokarditis an der Mitralklappe. Der Hund wurde wegen Fieber unbekannter Ursache vorgestellt und hatte eine positive Blutkultur.

 

Komplikationen:


Die wichtigsten Komplikationen stellen Herzversagen, Nierenversagen und Neurologische Ausfallserscheinungen dar. Sie haben einen großen Einfuß auf die Prognose. Bei Hunden wie bei Menschen führt ein Befall der Aortenklappe wesentlich häufiger zu Herzversagen als ein Befall der Mitralklappe. Embolisationen von kleinen Fragmenten der Vegetationen sind nicht selten, meistens sind Milz, Leber, Nieren oder die Haut betroffen. Polyarthritiden oder Diskospyndilitiden (Entzündungen von Wirbelkörpern) können ebenfalls durch Endokarditiden verursacht werden. Hunde mit Diskospondylitis sollten immer hinsichtlich einer Endokarditis abgeklärt werden, wenn sie ein Herzgeräusch aufweisen. Auch andere, seltenere Komplikationen, wie ein Gallestau oder ein Pneumothorax sind beschrieben.

Therapie:


Endokarditiden werden mit bakteriziden Antibitika oder einer Kombinationsantibiose, welche parenteral über einen langen Zeitraum verabreicht werden muss, behandelt. Die Behandlung wird normalerweise bei stationären Patienten mit einer Kombination aus parenteral zu verabreichenden Antibitika begonnen. Sobald eine klinische Besserung zu erkennen ist (meist nach 3 bis 5 Tagen), wird die Behandlung zu Hause mit oralen Antibiotika durchgeführt. Die Wahl des Antibiotikums richtet sich nach den Ergebnissen der Blutkultur bzw. Resistenztests. Leider liegen diese Ergebnisse oft erst nach einigen Tagen vor, so dass zwischenzeitlich eine empirische Therapie begonnen werden muss. Enrofloxacin und Amoxicillin stellen eine häufig verwendete Kombination dar. Die Therapie muss über 12 Wochen weitergeführt werden. Gleichzeitig sollten 10 bis 14 Tage nach Beginn der Therapie Blutkulturen entnommen werden und noch einmal nach 1 Woche nach Beendigung der Therapie. Werden Bartonellen identifiziert, wird der Einsatz von Azithromycin über 6 bis 12 Wochen empfohlen. Die Therapie eines möglichen kongestiven Herzversagens, wird an anderer Stelle besprochen