Mitralklappeninsuffizienz + Aortenstenose

Hier bieten wir momentan Hilfe bei Ihren kardiologischen Fällen an

Moderator: j.schöbel

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SJTeipel
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Joined: Fri Aug 16, 2013 1:16 pm

Mitralklappeninsuffizienz + Aortenstenose

Post by SJTeipel »

Hallo,
unseren 7 jähriger Bullterrier (Tierschutzhund, Vorgeschichte unbekannt) haben wir bei vetimage in der Schweiz zum Herzultraschall vorgestellt.
Den Befund finden Sie im Bild unten

In der Kurzfassung: Mitralklappeninsuffizienz und hochgradige Aortenstenose mit stark vergrösserten linkem Vorhof. Der Puls ist üblicherweise zwischen 80 und 110.

Alle bisher gefragten Tierärzte gaben zur Auskunft, dass diese Kombination der Herzschäden eine medikamentöse Behandlung verunmöglichen.

Was würden Sie uns raten?

Mit freundlichen Grüssen,
SJ Teipel
Bullterrier in Not - Schweiz

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SJTeipel
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Re: Mitralklappeninsuffizienz + Aortenstenose

Post by SJTeipel »

Das eventuell tumoröse Geschehen ist gesondert in Untersuchung.
SJTeipel
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Re: Mitralklappeninsuffizienz + Aortenstenose

Post by SJTeipel »

Die dritte Biopsie von Zweien der mittlerweilen 7 Schwellungen hat nun endlich ein Ergebnis gebracht, wenn auch ein sehr ungünstiges: maligner Spindelzelltumor
p.holler
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Re: Mitralklappeninsuffizienz + Aortenstenose

Post by p.holler »

Guten Abend,

die beschriebene Kombination erschwert die Behandlung, wie dies bereits auch von den jeweiligen Kollegen bereits kommuniziert wurde.

Derzeit ist eine interventionelle Korrektur einer hochgradigen valvulären Aortenstenose nur in seltenen Ausnahmefällen möglich und ist mit erheblichen Risiken verbunden.
Bedingt durch den massiv erhöhten ventrikulären Druck, wird die Mitralinsuffizienz ebenso verstärkt. Da Bullterrier eine gewisse rassespezifische Prädisposition für eine Aortenstenose in sich tragen, liegt die Vermutung einer kongenitalen, also angeborenen Erkrankung nahe.

Durch den vergrößerten Vorhof besteht weiterhin ein deutlich erhöhtes Risiko für einen Rückstau von Flüssigkeit in die Lunge (Lungenödem) - hier ist es wichtig, dass Sie regelmäßig die Ruheatemfrequenz des Hundes zählen, wobei einmaliges Heben und Senken des Brustkorbes als 1 zu werten ist. Eine konstante Erhöhung der Ruheatemfrequenz über 45 Atemzüge pro Minute kann ein Anzeichen für einen Rückstau geben - im Falle dessen suchen Sie bitte einen Tierarzt in Ihrer Umgebung auf um entsprechende Diagnostik und Therapie einleiten zu können. Falls eine Dekompensation eintritt, dann kann diese mit entwässernden Medikamenten versucht werden zu therapieren.

Hinsichtlich des Kollaps im Garten wäre ebenfalls eine genaue elektrokardiografische Untersuchung zu empfehlen (z.B. 24-h-Holter-EKG) - Tiere mit Aortenstenose zeigen eine vermehrte Neigung zu Herzrhythmusstörungen, die zu solchen Schwächeanfällen führen können. Je nach erhobenen Befunde kann eine Therapie mittels eines Beta-Blockers initiiert werden (z.B. Atenolol).

Beta-Blocker stellen normalerweise bei einer hochgradigen Aortenstenose das Medikament der Wahl dar - in diesem komplexen Fall könnte eine vorsichtige Therapie erwogen werden, dies sollte aber unter engmaschicher kardiologischer Kontrolle erfolgen und es sollte sichergestellt werden, dass kein akutes Herzversagen bei Therapiebeginn vorliegt.

Normalerweise ist in schweren Fällen die Prognose als eher schlecht zu stellen, plötzliche Todesfälle können mitunter vor Abschluß des dritten Lebensjahres auftreten (bis zu 80% der Hunde sterben einen Sekundentod innerhalb der ersten 3 Lebensjahre) - da der von Ihnen beschriebene Bullterrier bereits 7 Jahre alt ist, scheint er glücklicher Weise zu den restlichen 20% zu gehören!  :)

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Peter Holler
[font=Verdana]Diplomate ACVIM Cardiology
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universit
SJTeipel
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Re: Mitralklappeninsuffizienz + Aortenstenose

Post by SJTeipel »

Guten abend und schon einmal vielen herzlichen Dank für Ihre Antwort  :)

Wir sind natürlich sehr froh, dass Oskar zu den glücklichen 20% gehört :)

Mittlerweile stellt es sich wie folgt dar: wenn Oskar ca. 50-100 m galoppiert,  taumelt er im günstigsten Fall oder aber er schwankt, kommt zum Liegen und braucht mehrere Minuten, bis sich der Atem wieder erholt hat.
Da er ein schlauer Bulli ist, gallopiert er jetzt nicht mehr.
Im Spiel mit seiner Lebensgefährtin verzichtet er mittlerweile weitgehend auch auf Kraftakte, sondern legt sich auf den Rücken und lässt sich bespielen.
Wird er zu aktiv habe ich schon des öfteren eine blaue Zunge bei ihm bemerkt.

Vielen Dank für den Tip mit der Atemkontrolle, als hätte ich es geahnt habe ich bei meinem letzten Tierarztbesuch ein "Atemkontrollbuch" gefunden und eingesteckt.
Zugegebenermasen habe ich bisher nur konsequent den Puls gemessen, ab heute gehört die Atemkontrolle mit dazu.

Wenn ich meine Bedenken äussern sollte, dann
a) dass Oskar sich nicht gerne Anpacken lässt (alle körperlichen Verschleisserscheinungen deuten darauf hin, dass versucht wurde, ihn unter Einsatz von Drogen und "speziellem Training" zum "Kampfhund" auszubilden) und speziell beim Tierarzt regelrecht Panikattacken bekommt, die er versucht über Aggression zu lösen - nicht gut für sein Herz  :-/
Eine engmaschige kardiologische Überwachung sehe ich deswegen mit vielen Sorgenfalten auf der Stirn

b) es geht ihm derzeit so gut, wie es ihm gehen kann, er hat sich arrangiert. Natürlich muss ich mir dann die Frage stellen, inwieweit eine risikobehaftete Therapie sinnvoll ist und ob es nicht besser ist, ihn in Ruhe zu lassen.

Ich bin mir dessen bewusst, dass Sie meine Probleme nicht lösen können  :-[ - aber der Grundtenor Ihrer Aussage, so wie sie bei mir ankam, ist schon so, dass Sie einer Behandlung vorsichtig gegenüberstehen, ist das so?

Mit freundlichen Grüssen
SJ Teipel
Bullterrier in Not - Schweiz
p.holler
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Re: Mitralklappeninsuffizienz + Aortenstenose

Post by p.holler »

Guten Tag,
ein interventioneller Eingriff ist schwierig in den meisten Fällen. Gerade, weil eine enge Zusammenarbeit mit dem entsprechenden Kardiologen von Nöten ist und Oskar Tierärzte nicht zu seinen speziellen Freunden zu zählen scheint  :).
Alternativ könnte eine Versuchstherapie mittels des im Vorfeld erwähnten Beta-Blockers initiiert werden. Falls es zu einer Besserung kommt, dann diese weitergeführt werden, ansonsten kann man erneut etwaige Alternativen erwägen.
Ansonsten kann nur versucht werden, dass man Oskar weitestgehend schont und die Atemfrequenz überwacht, dass man eine Krankheitsprogression frühzeitig erkennt und mit Medikamenten einschreiten kann.
Mit freundlichen Grüßen und den besten Wünschen für Oskar,
Dr. Peter Holler
[font=Verdana]Diplomate ACVIM Cardiology
Team Tierkardiologie
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SJTeipel
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Re: Mitralklappeninsuffizienz + Aortenstenose

Post by SJTeipel »

Um das Bild abzurunden anbei die Röntgenbilder des Thorax, aufgrund derer ein Herzbasistumor vermutet wird.
Liefern diese zusätzliche Informationen?

Wie engmaschig müsste Oskar bei einem Behandlungsversuch dem Kardiologen zur Kontrolle vorgestellt werden - sprich: wie oft müsste er seine Abneigung gegenüber Tierärzten überwinden  ;)??

Viele Grüsse,
SJ Teipel
Bullterrier in Not - Schweiz

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p.holler
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Re: Mitralklappeninsuffizienz + Aortenstenose

Post by p.holler »

Guten Morgen,

wie bereits auch von den Kollegen bei vetimage beschrieben ist eine verdächtige Struktur im Bereich der Herzbasis zu erfassen. Unter Umständen könnte diese auch mittels Ultraschall dargestellt werden.

Bezüglich der Überwachungsintervalle ist es vor allem wichtig, dass Sie den kleinen Bullterrier gut im Auge haben und bei Müdigkeit oder einer Verschlechterung des Allgemeinbefindens einen Tierarzt aufsuchen. Ansonsten kann eine echokardiografische Kontrolle nach 1 - 3 Monaten erwogen werden.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Peter Holler
[font=Verdana]Diplomate ACVIM Cardiology
Team Tierkardiologie
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SJTeipel
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Re: Mitralklappeninsuffizienz + Aortenstenose

Post by SJTeipel »

Oskar ist am 12.10. seinem Herzleiden erlegen  :-[
p.holler
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Re: Mitralklappeninsuffizienz + Aortenstenose

Post by p.holler »

Sehr geehrter Herr Teipel,
vielen Dank, dass Sie uns bezüglich Oskar auf dem Laufenden gehalten haben. Wir bedauern diesen Verlust. Besten Dank, dass Sie mit soviel Energie für Oskar gearbeitet haben!
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Peter Holler
[font=Verdana]Diplomate ACVIM Cardiology
Team Tierkardiologie
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