Synkopen oder doch Epilepsie???

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Moderator: j.schöbel

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celiacybelle
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Registriert: Di Nov 03, 2009 3:36 pm

Synkopen oder doch Epilepsie???

Beitrag von celiacybelle »

Sehr geehrtes Expertenteam!

Ich wende mich nun verzweifelterweise an Sie, da trotz unzähliger Tierarztbesuche- darunter Kardiologen, Internisten und Neurologen-für unseren 4-jährigen Türkisch Angora Kater Grizu keine klare Diagnose gestellt und damit eine passende und v.a. erfolgversprechende Therapie gefunden werden konnte..

Seit August letzten Jahres leidet Grizu, der ein sehr temperamentvoller, sehr aktiver Kater ist, an Anfällen/Synkopen im Abstand zwischen 2 und 8 Wochen. Bei ausnahmslos jedem Anfall ging eine körperliche Aktivität (meist nachdem er gerannt ist) oder eine emotionale Erregung voran. Sein Blick verändert sich, er beginnt zu wanken und bricht in sich zusammen. Manchmal zeigt er dann tonische Krämpfe( mit Wegstrecken der Gliedmaßen und Überstreckung des Kopfes),manchmal speichelt er etwas und jault fürchterlich.. Das ganze dauert ca. 30-60 Sekunden. In der Phase, in der er sein Bewusstsein wiederzuerlangen scheint, wirkt er kurzfristig schreckhaft. Je nach Stärke des Anfalls frisst er danach, ist dann aber wieder ganz der Alte. Ansonsten zeigt er keinerlei Auffälligkeiten. Manchmal wirken seine Schleimhäute blass( kann nach dem vielen Recherchieren aber auch Einbildung sein). Und im Kindesalter zeigte er nach extrem ausgiebigen Toben ein paar mal Maulatmung.
Nach unfassbar vielen Untersuchungen (die im Übrigen alle unter starker Sedierung stattfinden mussten, aufgrund von Unkooperativität des Patienten..),-Ergebnisse weiter unten-behandeln wir ihn seitdem mit 2xtägl.3/4 Luminalette und 2xtägl. Karsivan.
Die Abstände der Anfälle haben sich von 2-3 Wochen auf 6-8 Wochen verlängert.
Wir führen das aber darauf zurück, dass wir darauf achten Grizu möglichst viel zu beschäftigen, damit er ausgeglichen ist und nicht mehr so viel rennt, was ja schließlich die Anfälle auslöst. Wir versuchen jegliche Fang- und Jagtspiele( die er eigl. über alles liebt..) zu unterbinden, und es gab mittlerweile mehr als nur eine Situation, in der wir uns sicher sind, durch Eingreifen einen Anfall unterbunden zu haben.

Wie glauben nicht an eine primäre Epilepsie!!!

Hier nun ein grober Überblick über die Untersuchungsergebnisse(z.T mehrfach bestimmt)
- Röntgen LWS: Foramina intervertebralia L3-L6 sehr groß
- HD: i.O.
-EKG(mehrfach, aber nur in Ruhe):fokale Septum- Hypertrophie bis 7,5mm diastolisch im LVOT, LA 11mm, LA/Ao<1,3, kein SAM, Dopplersonographisch minimale Mitralisregurgation nachweisbar
-systolisches Herzgeräusch I/VI, HF 200/min, sonst unauffällig( in Narkose)
-MRT Gehirn: Ventrikel symmetrisch, Größe normal, Parenchym homogen, Physiologische Anreicherung mit Kontrast
- hakenförmige Gallenblase, echoarme Milz, pathologische mesenteriale und paraaortale Lymphknoten(4 Wochen später wieder i.O.)
-neurologische Untersuchung unauffällig
- EMG, NLG der Hintergliedmaßen normal
- Liquoruntersuchung i.O.
- wiederholt auffällige Blutwerte: Thrombozyten ca.150
                                                    Neutrop.abs. ca.2600
                                                    + viele andere Ausreißer, die sich aber nicht bestätigen ließen

Ein Langzeit- EKG, welches eventuelle Rhythmusstörungen aufdecken könnte, ist bei ihm aus Compliance- Gründen leider undenkbar.

Ich hoffe, konnten Sie sich nach meinem Endlosroman einen groben Überblick über unsere Situation machen und haben vielleicht eine Idee, was es sein könnte ( auch wenn Sie vermutlich eigtl. kein Ferndiagnose stellen möchten).Falls Ihnen noch irgendwelche Untersuchungen einfallen, die noch hilfreich sein könnten, sind wir für alles offen! Allerdings können wir nicht den weiten Weg zu Ihnen antreten, da wir im Ruhrgebiet leben und wir Grizu diese lange Autofahrt nicht zumuten können. Da wir aber in regem Kontakt mit diversen Tierärzten stehen und selbst durch unsere Ausbildung (mein Partner und ich sind beide Apotheker) auch nicht ganz unwissend sind, sind wir auch gerne bereit, eine neue Medikation auszuprobieren. Ich denke dabei z.B. an einen Betablocker oder Ca-Antagonisten.
Falls Sie weitergehendes Interesse an diesem Fall haben sollten, kann ich Ihnen auch gerne sämtliche Berichte und Ergebnisse zukommen lassen, wobei Ihre Zeit natürlich in angemessenem Umfang honoriert werden würde.
Wir würden unserem süßen kleinen Mann einfach gerne die Therapie angedeihen lassen, die wirklich sinnvoll für ihn ist und nicht weiterhin auf das Phenobarbital zurückgreifen, nur weil Epilepsie in diesem Fall vielleicht eine dankbare Diagnose ist...

Vielen, vielen Dank schon mal im Voraus!

S.Brechmann
J.Simak
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Registriert: Mo Okt 16, 2006 11:26 am

Re: Synkopen oder doch Epilepsie???

Beitrag von J.Simak »

Hallo,

ohne Ihre Katze selbst untersucht zu haben ist es schwer, Ihren Fall genau zu beurteilen.
So wie Sie die Episoden Ihrer Katze beschreiben, könnten sowohl Synkopen als auch epileptische Anfälle dahinterstecken. Eine kurze Dauer und normales Verhalten vor und nach der Episode könnten dazu passen. Dass die Symptomatik mit Phenobarbital besser geworden ist, passt eher zu epileptischen Anfällen. Außerdem denke ich nicht, dass ein spezialisierter Neurologe Ihnen ohne Grund zu einer Therapie rät. Ganz oft kann man aber an der Beschreibung alleine nicht auf die Ursache für die Episoden schließen. Genauso ist es mit den anderen Befunden. Eine Hypertrophie des Herzens kann auch zu Symptomen und Rhythmusstörungen führen, diese müssten jedoch mit einem 24-h-EKG während einer solchen Episode bewiesen werden. Ohne zu wissen ob überhaupt Rhythmusstörungen und wenn eher langsame oder schnelle vorliegen, kann auch keine antiarrhythmische Versuchstherapie durchgeführt werden. Auch die Sedierung unter der die Untersuchungen durchgeführt wurden, könnte die Ergebnisse beeinflusst haben. Ich denke Sie sollten sich noch einmal mit Ihren behandelnden Spezialisten in Verbindung setzen und mit diesen die Befunde und die Therapie besprechen.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Julia Simak
Team Tierkardiologie&&Medizinische Kleintierklinik&&Universit
celiacybelle
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Registriert: Di Nov 03, 2009 3:36 pm

Re: Synkopen oder doch Epilepsie???

Beitrag von celiacybelle »

Hallo Frau Dr. Simak!

Erst einmal vielen Dank für Ihre superschnelle Antwort!

Ich bin mir darüber im Klaren, dass ein 24Std.- EKG gemacht werden müsste; das ist bei Grizu aber unter keinen Umständen möglich. Es fängt schon damit an, dass man ihn zum Anlegen des Gerätes in Narkose legen müsste.. Desweiteren wären die Ergebnisse der folgenden Stunden sicher nicht aussagekräftig, da er sich erst erholen müsste. Und: wir müssten einen Anfall provozieren, was am Tag einer Narkose ebenfalls nicht umsetzbar wäre..Und ob er das Gerät toleriert..., daran mag ich gar nicht denken..
Er ist beim Tierarzt leider überhaupt nicht händelbar..
Deswegen sind wir ja so ratlos..
Könnten Sie mir denn die 1. Wahl- Antiarrhythmika für Katzen nennen, sowohl für eine bradykarde als auch tachykarde Arrhythmie inkl. Dosierung?

Danke!

Viele Grüße,
S.Brechmann
J.Simak
Beiträge: 400
Registriert: Mo Okt 16, 2006 11:26 am

Re: Synkopen oder doch Epilepsie???

Beitrag von J.Simak »

Hallo,

leider müssen Tachy- und Bradykardien vollkommen unterschiedlich behandelt werden. Tachykardien sollten erst genau differenziert werden (z. B. supraventrikuläre oder ventrikuläre Extrasystolen) und erst danach kann über eine Therapie entschieden werden. Auch der Befund des Herzultraschalls spielt eine Rolle bei der Wahl des Antiarryhthmikums.
Für Bradykardien sind andere Medikamente nötig, oft ist dort die letzte Lösung ein Herzschrittmacher.
Ohne genauen Befund und nur auf Verdacht kann man keine Arrhythmien behandeln, das falsche Antiarrhythmikum kann lebensbedrohliche Komplikationen auslösen.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Julia Simak
Team Tierkardiologie&&Medizinische Kleintierklinik&&Universit
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