Verträglichkeit Pimobendan beim Hund

Hier beantworten wir Fragen zu Herzerkrankungen

Moderator: j.schöbel

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Anlou71
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Joined: Thu Jun 05, 2025 1:42 pm

Verträglichkeit Pimobendan beim Hund

Post by Anlou71 »

Guten Tag und vielen Dank für die Aufnahme ins Forum!
Wir haben einen vermutlich etwa 10 Jahre alten vermutlich Dackelmix aus Rumänien adoptiert. Bruno, 12 kg, kastriert.
Zum Zeitpunkt der Adoption wussten wir bereits durch die Tierschutzorganisation von einem Herzgeräusch und einem vergrösserten Herzen, wir haben auch ein Röntgenbild dazu erhalten.
Auf Anraten unserer Haustierärztin (sie ist auf Zahnmedizin spezialisiert und kann uns kardiologisch nicht beraten) haben wir bei einem Kardiologen einen Herzultraschall machen lassen.
Auf Grund der Diagnose am 19.3. bekam Bruno Cardisure 2,5 mg verordnet, morgens und abends jeweils eineinviertel Tabletten.
Nach kurzer Zeit begann Bruno morgens zu erbrechen, zudem wirkte er nicht mehr so lauffreudig wie vorher und mochte kaum noch etwas essen.
Rücksprache mit dem Kardiologen ergab eine morgendlich gleichbleibende Dosis und eine abendliche Dosisreduzierung auf eine halbe Tablette. Da die Unverträglichkeitsreaktionen anhielten habe ich den Kardiologen nochmals kontaktiert, wurde aber leider mit der Problematik alleine gelassen (= keine Antwort auf meine nochmalige Rückfrage) und habe dann auf eigene Faust die Dosis auf morgens und abends eine halbe Tablette reduziert. Und wir hatten nach kurzer Zeit unseren fröhlich wackelnden Bruno wieder.
Da ich aber wegen der Dosisreduzierung unsicher war, haben wir am 23.5. bei einer anderen Tierärztin eine Zweitmeinung eingeholt.
Sie hat uns Vetmedin 2,5 mg als verträglicher empfohlen und eine Dosis von morgens und abends 1 Tablette verordnet. Bruno verträgt das Vetmedin insofern besser, als er nicht erbricht, allerdings wirkt er beim Spazierengehen wieder sehr lethargisch und fällt nach wenigen Metern fröhlichem Dackeltrab in ein unmotiviertes Schritt für Schritt vor sich hin bummeln.
In einfachen Worten: vor der Behandlung mit Pimobendan wirkte er wie ein alter, aber gesunder Hund, der noch locker eine bis eineinhalb Stunden durch den Wald mitgelaufen ist. Mit der Behandlung durch Pimobendan (zumindest in der höheren Dosierung) wirkt er so, wie ich mir einen herzkranken Hund vorstelle.
Und das irritiert und besorgt mich, weil es ja eigentlich andersherum sein sollte.
Natürlich ist das derzeitige schwüle Wetter nicht ideal, und ein Abszess an der Hinterpfote durch eine Granne auch nicht, aber es war ja auch bei kälterer Witterung im März und ohne Abszess schon nicht ideal.
In den Nebenwirkungen von Pimobendan wird Lethargie beschrieben - wie lange darf diese anhalten?
Ich habe irgendwie das Gefühl, dass das Pimobendan Bruno nicht so guttut, wie es sollte. Oder müssen wir einfach noch etwas abwarten?

Die vom Kardiologen empfohlene Atemfrequenzmessung liegt meist zwischen 18 und 22, ein Ausreisser mit 26 nach oben und einige mit 16 nach unten.

Vielen Dank vorab für Ihre Mühen!
Herzliche Grüsse aus Erlangen!

Anbei die ausführliche Diagnose des Kardiologen vom 19.3.2025:

Mittelgradige, noch kompensierte Mitralklappeninsuffizienz mit bereits deutlichen Klappenveränderungen und großer Ausbauchung am linken Vorhofdach
'Überweisung zum Herzultraschall
Röntgenaufnahmen mitgebracht: VHS Schema 10,5;
bisher keine klinischen Symptome, läuft noch 1,5 Stunden locker mit;
Alter wurde geschätzt, stammt aus Tierschutz, stammt aus Rumänien, seit 5 Monaten in Deutschland;
Blutuntersuchung laut Besitzerin negativ;
Auskultationsbefund:
holosystolisches Herzgeräusch Grad 3/6 am lautesten über Herzspitze linke Thoraxwand, Puls 106/min.
regelmäßig, gleichmäßig, ohne Defizit
Lungenauskultationsbefund: obB
Herzultraschalluntersuchung:
B-Mode:
Perikard eng anliegend, gute globale Herzfunktion; Kontraktionen sind konzentrisch Linker Ventrikel wirkt geringgradig volumenüberlastet: LVIDd 39,4mm; LVIDs 22,3mm; IVSd 9,5mm, LVWd 8,4; IVSs 13,7 Pws 14,9; FS 44,3% Es besteht eine geringgradige Septumhyperkinesie; geringgradige Deviation des interventrikulären Septum nach rechts
Vorhöfe: links moderat erweitert: 4KB LAS 44,9mm, Kurzachse: AO 19,5 LA 31,4; LAAO 1,64 mit4 deutlicher Jetlesion (hier LAAO 2,72), rechter Vorhof in der Norm (Ras 28mm);
Vorhofseptumdeviation nach rechts
EPSS 5,4mm
PADI (Right Pulmonary Artery Distensibility Index) liegt bei 32% Pv/PA Verhältnis moderat erhöht: 1,4 (n=1)
AV-Klappen:
Mitralklappen mit bereits deutlichen Auftreibungen an den Enden; Klappenprolaps 9mm; kein sichtbares
Trikuspidalklappen obB

Doppleruntersuchung:
Farbdoppler:
Noch mittelgradige Mitralklappeninsuffizienz mit seitlichem Jet, schlägt sich am Vorhofdach um zentraler Jet, der ebenfalls das Vorhofdach erreicht, Trikuspidalklappeninsuffizienz negativ
Aorta und Pulmonalarterie mit Aufzweigung in die Pulmonalstammarterien: reguläres Flussmuster
Spektraldoppler:
Pulmonalarterie (0,72m/sec.) mit laminärem Flussprofil und physiologischer Geschwindigkeit;
Pulmonalarterieninsuffzienz ohne Hinweis auf erhöhten Lungendruck: PAI 1,44 / 8,3mmHg Aorta subkostal: 1,42m/sec. mit laminärem Flussprofil und physiologischer Geschwindigkeit
Isovolumetrische Relaxation-Time (IVRT): 71 msec.
Linksventrikulärer Einstrom mit bereits mittelgradig erhöhten Werten: EL 1,5m/sec. = 9mmHg
E/IVRT: 2,11 (n bis 2,5)
Gewebedoppler: E' 0,14m/sec. A' 0,13m/sec
E/E' = 10,71
Sono-Einkanal-EKG: regulärer Sinusrhythmus ohne Vorkommen von supraventrikulären oder ventrikulären
Extrasystolen
Es liegt eine noch gut kompensierte mittelgradige Mitralklappeninsuffizienz mit moderater Erweiterung des linken Vorhofs und geringgradiger Erweiterung der linken Hauptkammer vor; sehr deutliche Klappenveränderungen;
Behandlungsempfehlung:
Pimobendan 0,25mg/kg 2xtgl. Nüchterngabe 30-60 min. vor Fütterung:
Beginnend mit z.B. Cardisure 2,5mg morgens 1 1/4 Tbl. und abends 1 1/4Tbl. 30-60min. vor Fütterung; für den Notfall bei steigender Atemfrequenz wurde schon Dimazon 10mg Tbl. mitgegeben: bei Bedarf
2xtgl. 1 Tabl. eingeben.
Eine Verlaufskontrolle nach 8 Monaten mit Herzultraschall
Rat zur Kontrolle der Tiefschlafatmung:
Standardfrequenz der meisten Hunde liegt bei 18-23/min.
Unter 30 Atemzüge/min. unbedenklich; allerdings ist ein Anstieg der Frequenz von gewohnten 20/min auf z.B:
28/min. auch schon bedenklich.
30 - 35 Atemzüge pro min. zu Hause sind zu mindestens überwachungsbedürftig;;
35-40/min.: Zeitnahe Vorstellung beim Tierarzt erforderlich über 40-45 Min.: Unverzügliche Vorstellung beim Tierarzt'
Empfehlung zur Benutzung einer Handy-App zur Zählung und Dokumentation der Schlafatmung: z.B. "Atemfrequenzmessung beim Hund" der Firma Ceva oder der Firma Boehringer (beids sind kostenlos) und zeigen neben guter Handhabung auch noch eine Verlaufsdokumentation der Messwerte mit an.
j.schöbel
Posts: 79
Joined: Mon Oct 04, 2021 7:03 am

Re: Verträglichkeit Pimobendan beim Hund

Post by j.schöbel »

Guten Tag,

es tut uns Leid, von der Diagnose und Symptomatik Ihres Hundes zu hören!
Pimobendan ist ein Inodilatator, welcher sowohl die Pumpkraft steigert wie auch leicht vasodilatativ wirkt (die Gefäße weiter stellt). Pimobendan hat im Rahmen mehrerer Studien positive Effekte bei einer degenerativen Mitralklappenerkrankung (Mitralklappenendokariose) gezeigt - es verlängert die Zeit bis zum Herzversagen (Rückstau in die Lunge unter Ausbildung eines kardiogenen Lungenödems) durchschnittlich um ca. 15 Monate. Daher empfehlen wir diese Therapie ebenso ab dem Stadium B2, das heißt ab einer Vergrößerung der Herzdimensionen.

Im Rahmen von Unverträglichkeiten sind insbesondere gastro-intestinale Nebenwirkungen beschrieben, welche in der Regel nach temporärer Dosisreduktion selbstlimitierend sind. Jedoch gibt es Patienten, welche die "flavoured" Chew-Tabletten nicht gut vertragen - neben einer Dosisreduktion kann hierbei bspw. auf das Kapsel-Präparat ohne Geschmacksstoffe und in Zukunft ggf. auf das neu erschienene flüssige Präparat umgestellt werden. Sollten weiterhin auffällige Symptome unter Therapie bestehen, welche reproduzierbar nach deren Absetzen regressiv verlaufen, so sollte ggf. der Blutdruck kontrolliert werden.

Die Atemfrequenzmessung ist wichtig im fortschreitenden Stadium, um eine beginnende Kongestion (Rückstau in die Lunge) rechtzeitig zu bemerken und entsprechend therapieren zu können. Der Richtwert beträgt <30/min. Wenn Ihr Hund stets zwischen 18-22/min liegt, ist das super. Ausreißer können bspw. durch Träumen o.ä. induziert werden - sofern die Atemfrequenz anschließend wieder auf das gewohnte Level zurück geht und nicht sukzessive ansteigt, ist alles in Ordnung.

Wir wünschen Ihnen und Ihrem Hund alles Liebe!
Jessica Schöbel
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
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