Herzwurmbefall; Fast-Kill oder Slow-Kill?

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Moderator: j.schöbel

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Lilly030
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Registriert: Fr Sep 15, 2023 3:34 pm

Herzwurmbefall; Fast-Kill oder Slow-Kill?

Beitrag von Lilly030 »

Ich bin gerade verzweifelt und verunsichert. Meine Hündin wurde positiv auf Makrofilarien getestet (Antigentest) und zeigte bereits einen Leistungsabfall sowie stark erhöhte Atemfrequenz nach Bewegung, woraufhin ich sie untersuchen ließ. Antigentest pos./PCR aber neg.
Es folgte Herzultraschall mit folgendem Ergebnis:
Herzwurmbefall,
Mitralklappeninsuffizienz, ggr. Trikuspidalklappeninsuffizienz, pulmonale Hypertension

Die Würmer konnten bildgebend nicht gezeigt werden.
Die Behandlung begann mit Advocate (Spot-On) und 2x täglich Doxycillin - Dauer der Behandlung nun seit 1 Woche.
Ich brauche dringend Rat! Unsere Tierärzte im Berliner Raum haben damit kaum Erfahrung. Auch unser Kardiologe hatte kaum mit Herzwürmern zu tun. Aus Angst vor den Risiken mit der Melarsomin-Behandlung tendiere ich zur Slow-Kill Variante, aber unser TA konnte mir nicht sagen, ob diese in ihrem Stadium noch ratsam ist. Wir stehen mit dieser Entscheidung alleine da. Die Wurmbürde ist nicht wirklich einschätzbar (der TA geht von 5-6 Adulten aus). Je größer die Wurmbürde, desto höher das Risiko einer Lungenembolie oder Thrombosen.

Bei der Slow-Kill Variante hab ich Bedenken, dass die irreversiblen Schäden noch größer werden.
j.schöbel
Beiträge: 46
Registriert: Mo Okt 04, 2021 7:03 am

Re: Herzwurmbefall; Fast-Kill oder Slow-Kill?

Beitrag von j.schöbel »

Guten Tag,

es tut uns zunächst sehr Leid, von der Diagnose Ihres Hundes zu hören.
Bei bestehender pulmonärer Hypertension, sofern diese durch die vorhandene Dirofilariose verursacht wird, ist eine Methode ratsam, die die Makrofilarien gezielt und innerhalb absehbarer Zeit therapiert. Bei fortbestehender Erkrankung sowie fortschreitender pulmonärer Hypertension kann es zu entsprechenden sekundären Veränderungen insbesondere des rechten Herzens sowie in hochgradigen Fällen zu einem kongestiven Herzversagen (des rechten Herzens) mit Ausbildung von Aszites (Bauchhöhlenerguss) und/oder Pleuralerguss (Brusthöhlenerguss) wie auch Atemproblemen kommen.

Generell ist das Folgen der Guidelines der American Heartworm Society (https://www.heartwormsociety.org) sowie dem entsprechenden Therapieprotokoll ratsam.
Eine gezielte, zeitnahe Makrofilarizide Therapie ist derzeit medikamentell lediglich mit Melarsomin (Immiticide) möglich, welches jedoch in der Regel unter Einhaltung von bestimmten Sicherheitsmaßnahmen sowie Injektion durch erfahrene Kardiologen in den meisten Fällen gut vertragen wird.
Um das Risiko anaphylaktoider Reaktionen zu mindern, wird eine vorherige 4-wöchige Therapie mit Doxycyclin empfohlen, da dies die in den Makrofilarien vorkommenden Wolbachien (Bakterien) eliminiert. Zudem kann es im Zuge der Injektion und dem Absterben von Herzwürmern stets zur Embolisation von Lungengefäßen kommen, sodass eine strikte Ruhighaltung während des gesamten Protokolls notwendig ist.
Makrozyklische Laktone wie Moxidectin (u.a. in Adovcate enthalten) tilgen die Mikrofilarien (jungen Stadien der Dirofilarien).

Prinzipiell leben Dirofilarien in den Pulmonalgefäßen. Liegt eine äußerst hohe Wurmlast mit Migration der Dirofilarien in die Pulmonalarterie bzw. weiterführend in das rechte Herz vor, sollte eine chirurgische Entfernung der Dirofilarien erwägt werden. In diesem Falle kann es zu einem sog. Cavalsyndrom mit Ausbildung von Aszites und / oder Pleuralerguss kommen. Dies ist jedoch selten der Fall.
Die Entfernung erfolgt in einem solchen Falle in der Regel über die Jugularvene (Halsvene).

Bei Vorliegen einer signifikanten pulmonären Hypertension ist eine gezielte Therapie dieser häufig ratsam.

Wir wünschen Ihnen und Ihrem Hund alles Gute!
Jessica Schöbel
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
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