Therapie von VES mit Sotalol

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Moderator: j.schöbel

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Schwarzschnauz
Beiträge: 2
Registriert: Mo Aug 22, 2011 7:41 pm

Therapie von VES mit Sotalol

Beitrag von Schwarzschnauz »

Hallo liebes Ärzteteam!

Wir haben einen 14 Monate alten Riesenschnauzer (Rüde) ,bei dem beim normalen EKG eine große Anzahl  VES  festgestellt worden sind.Da dieser Befund etwas unorthodox zustande gekommen ist,nachfolgend zum besseren Verständnis die Anamnese des Hundes:
•      Alter 10 Wochen: erster TA-Besuch zum Kennenlernen,Tierärztin stellte beim Abhorchen Unregelmäßigkeiten beim Herzschlag fest.Nach nochmaligem Abhören sagte sie“alles in Ordnung,lag wohl an der Aufregung“.
•      Alter 12 Wochen:zweiter TA-Besuch zum impfen,Tierärztin Hund abgehorcht,alles ok.
•      Alter 14 Wochen:wenn Hund auf Herrchen liegt,kommt ihm der Herzschlag unregelmäßig vor.Auf Nachfrage sagt man ihm,das ist normal,Hund hat anderen Herzschlag.
•      Alter 11 Monate:TA-Besuch wegen Zerrung im Bein.Eine andere Tierärztin stellt beim Abhören wieder Unregelmäßigkeiten beim Herzschlag fest,führt  es aber auch auf die große Erregung des Hundes zurück.Auf unsere Nachfrage,das vielleicht doch mal abzuklären,fragt sie nach Müdigkeit,blauer Zunge und Umfallen des Hundes,was wir verneinen.Darauf sagt sie  man könnte mal einen EKG machen,wenn man es genau wissen will.Sie halte es aber nicht für notwendig.
•      Alter 12 Monate:TA-Besuch,auf unser Drängen EKG gemacht.Dabei sind Arrhythmien festgestellt worden.Empfehlung Herzultraschall.Herzultraschall ohne Befund.Empfehlung Tierarzt  nach Rücksprache mit einem Tierkardiologen  20 mg Sotalol 1 mal täglich.Ansonsten keine weitere Aussage.
•      Alter 14 Monate:Einholung einer Zweitmeinung bei einem Kardiologen.EKG weist große Anzahl VES auf.Herzultraschall ohne Befund,Röntgenbild vom Herz ohne Befund,Blutbild ohne Befund ausgenommen Schilddrüse TSH stark erhöht T4 normal (laut Aussage TA durchaus normal bei Schilddrüse,könnte vorkommen).Empfehlung Kardiologe Bestimmung Troponin,TA geht aber von idiopathischen VES aus.Therapie 80 mg Sotalol !!!???
Die Sotalol Therapie haben wir noch nicht begonnen,weil wir völlig  verunsichert sind.
Seinem Verhalten nach könnte er unserer Meinung nach auch an einer Schilddrüsenerkrankung leiden,die bei dieser Rasse nicht untypisch ist.Der Hund ist seit seiner Welpenzeit zu verschiedenen Tageszeiten extrem unruhig und rastlos,im Vergleich zu seinen Wurfgeschwistern auch leicht unterentwickelt.Ängstlich in Situationen,in denen er vorher keine Angst zeigte,unkonzentriert und leicht reizbar.Da aber von Seiten des TA offensichtlich keine Motivation besteht,die Schilddrüse weiter zu untersuchen,hätten wir nun folgende Fragen:
1.      Sollten wir aus ihrer  Sicht Sotalol verabreichen und wenn ja,in welcher Dosierung,da die Therapievorschläge der beiden TÄ Â um 60mg ! abweichen.
2.      Muß er dieses Medikament sein ganzes Leben nehmen,er ist doch erst 14 Monate alt.
3.      Wie ist seine Prognose,wenn die VES wirklich idiopathisch sind,kann er damit alt werden?
4.      Wie dürfen wir unseren Hund in Zukunft belasten (Hundesport)?
5.      Was haben wir für Möglichkeiten bezüglich weiterführender Diagnostik,gerade in Punkto Schilddrüse? Kann ein Defekt der Schilddrüse nicht auch zu Arrythmien führen?
Abschließend ist noch zu sagen,daß der Hund aus unserer Sicht keinerlei Symptome aufweist,die auf eine Herzproblematik schließen lassen.Ist normal belastbar,voller Energie und Lebensfreude,zeigt keinerlei  Ausfallerscheinungen wie sie sonst bei herzkranken Hunden auftreten.
Wir wären ihnen ausserordentlich dankbar,wenn sie uns hier irgendwie weiterhelfen könnten.

LG Christina
p.holler
Beiträge: 390
Registriert: Mo Aug 01, 2011 9:03 am

Re: Therapie von VES mit Sotalol

Beitrag von p.holler »

Hallo Christina!
In der Literatur sind verschiedene Rhythmusstörungen beschrieben, für die Schnauzer besonders prädisponiert sind. Außerdem gibt es beim Hund eine benigne Herzrhythmusveränderung, die durch die unterschiedlichen Druckverhältnisse im Thorax während der Atmung zustande kommt (respiratorische Sinusarrhythmie). Diese sollte jedoch, wenn der Hund sich aufregt und damit eine schnellere Herzfrequenz bekommt, verschwinden. Generell ist zu sagen, dass die bloße Anwesenheit von VES nicht unbedingt eine Therapie bedingt - hier ist vor allem die Geschwindigkeit im Herzzyklus zu beachten.
Die Bestimmung von Troponin gibt vereinfacht gesagt Aufschluß über eine mögliche Verletzung der Myozyten und erlaubt eine weitere Eingrenzung der möglichen Differentialdiagnosen. Das Problem ist nur, dass nach einem Insult die Menge an zirkulierendem Troponin binnen 8-10 Tagen wieder absinkt und somit sich schnell wieder dem Ausgangsniveau annähert. Falls es jedoch hoch ist, dann gibt das Hinweise auf beispielsweise eine Myokarditis.

Zu Ihren Fragen:
1. Sollten wir aus ihrer  Sicht Sotalol verabreichen und wenn ja,in welcher Dosierung,da die Therapievorschläge der beiden TÄ Â um 60mg ! abweichen.

Wir verwenden Sotalol in einer Dosierung von 0,5-2mg/kg 2xtäglich. Abhängig vom Gewicht Ihres Hundes kann es hier zu einer Schwankung in der empfohlenen Dosierung kommen.

2. Muß er dieses Medikament sein ganzes Leben nehmen,er ist doch erst 14 Monate alt.

Wenn keine zugrunde liegende Ursache gefunden werden kann, dann mit hoher Wahrscheinlichkeit ja.

3. Wie ist seine Prognose,wenn die VES wirklich idiopathisch sind,kann er damit alt werden?

Mit einer entsprechend optimierten Medikation kommt es nur zu einer minimalen Einschränkung - durch regelmäßiges Monitoring Ihres Hundes kann die Prognose jedoch deutlich genauer gestellt werden. Zu empfehlen ist eine 24h-Holter-Kontrolle um ein aussagekräftigeres Bild der Rhythmusstörung erhalten zu können.

4. Wie dürfen wir unseren Hund in Zukunft belasten (Hundesport)?

Aufregung und Anstrengung erhöht das Risiko für VES, demzufolge geht die Empfehlung weg von extremer Anstrengung. Hier ist es stets eine Gratwanderung hinsichtlich der Lebensqualität Ihres Hundes und des Risikos für Rhythmusstörungen.

5. Was haben wir für Möglichkeiten bezüglich weiterführender Diagnostik,gerade in Punkto Schilddrüse? Kann ein Defekt der Schilddrüse nicht auch zu Arrythmien führen?

Es scheint sehr unwahrscheinlich zu sein, dass die beschriebenen Schilddrüsenwerte Arrhythmien auslösen können. Dies ist jedoch noch nicht entsprechend erforscht und demnach noch nicht solide mit Literatur belegt.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Peter Holler
Abteilung für Kardiologie
[font=Verdana]Diplomate ACVIM Cardiology
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universit
C.glatzmeier
Beiträge: 37
Registriert: Mi Jan 19, 2011 4:32 pm

Re: Therapie von VES mit Sotalol

Beitrag von C.glatzmeier »

Guten Morgen,

zu ihren Fragen:
1. Sotaloltherapie:
Sotalol ist ein gutes Antiarrhythmikum, welches wir auchhäufig einsetzten. Es ist jedoch nicht möglich eine Therapieempfehlung zu geben, ohne das EKG selbst analysiert zu haben, bzw. den Hund selber untersucht zu haben. Wir Dosieren Sotalol mit 1-2 mg/kg 2x täglich. Meist beginnend mit 1mg/kg.
Jedes Antiarrhythmikum kann auch selbst Arrhythmien auslösen, jedoch können gefährliche Rhythmusstörungen unbehandelt zu lebensbedrohlichen Tachykardien (sehr schneller Herzschlag) oder sogar zum plötzlichen Herztod führen.

2: Ob er das Medikament sein ganzes Leben nehmen muss, hängt von der Ursache ab. Wenn die Ursache z.B. eine extra Leitungsbahn im Herz ist, bestünde die Möglichkeit einer Operation. Die Diagnose ist oft realtiv schwierig und die Operation wird soweit ich weiß nur in Italien zur Zeit durchgeführt. Ist die Ursache vielleicht eine vorangegangene Herzmuskelenzündung, kann man nur symptomatisch behandeltn. Leider müssen die meisten Tiere mit Rhythmusstörungen die Medikamente lebenslang bekommen. Damit auch zur nächsten Frage. Bestünde zum Beispiel eine extra Leitungsbahn und diese kann operiert werden, wäre seine Lebenserwartung ganz normal. Ansonsten hängt es davon ab wie gut er mit Antiarrhythmika eingestellt ist, wie schlimm seine Rhythmusstörungen sind und ob sie schlimmer werden. Eine Prognose genauere Prognose kann ich ihnen leider nicht geben.

4: Wir raten unseren Besitzern immer die Tiere selbst entscheiden zu lassen wieviel sie belastet werden. Die Hunde wissen meist selbst sehr gut was ihnen gut tun und was zuviel ist. Das einzige wovon wir abraten, ist die Tiere zu Belastung zu animieren wie z.B. beim Radfahren. Ansonsten dürfen sie alles machen.

5: Zur weiteren Diagnostik fände ich evtl sinnvoll ein 24h-Holter- EKG zu machen, um zu sehen wie denn die Rhythmusstörungen über den Tag verteilt sind. Dies ist auch sehr gut um den Therapieerfolg zu kontrollieren. Dies muss jedoch ihr Tierarzt entscheiden, da er auch die EKG-Befunde kennt.
Bezüglich der Schilddrüse. Wir ihr Tierarzt schon gesagt hat, kann ein hoher TSH und normaler T4-Wert durchaus bei normalen Schilddrüsen vorkommen. Zudem sagten sie ihr Tier hat sehr viel Energie, was eher gegen eine Schilddrüsenunterfunktion spricht auch das Alter ist eher untypisch. Es besteht jedoch die Möglichkeit noch weitere Schilddrüsenwerte zu bestimmen. Wenn sie dies genau abgeklärt haben möchten, würde ich ihnen raten einen Internisten aufzusuchen.

Mit freundlichen Grüßen
C. Glatzmeier
Tierärztin, Kardiologie
Schwarzschnauz
Beiträge: 2
Registriert: Mo Aug 22, 2011 7:41 pm

Re: Therapie von VES mit Sotalol

Beitrag von Schwarzschnauz »

Hallo!

Vielen,vielen Dank für die schnellen Antworten.Ich muß das jetzt erst mal "sacken"lassen......aber etwas besser fühle ich mich schon.Es ist wirklich seltsam mit dem Hund.....
Eine kurze Frage hätte ich dennoch:Ist es besser,das 24-Std.EKG schon vor Beginn der Therapie mit Sotalol machen zu lassen?
Am Donnerstag haben wir nun einen Termin bei unserer TÄ und da will sie nochmal Blut abnehmen zwecks Kontrolle des Troponin und der Schilddrüsenwerte.Vielleicht könnte man dann das EKG gleich anschließen.Sie hatte die Möglichkeit auch schon erwähnt.

LG Christina
p.holler
Beiträge: 390
Registriert: Mo Aug 01, 2011 9:03 am

Re: Therapie von VES mit Sotalol

Beitrag von p.holler »

Hallo Christina!
Eine 24-h-Holter Untersuchung ist dahingehend zu empfehlen, dass man ein deutlich repräsentativeres Bild der Rhythmusstörungen bekommt und auch einen besseren Vorher-Nachher-Vergleich nach Therapiestart hat.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Holler
Abteilung für Kardiologie
[font=Verdana]Diplomate ACVIM Cardiology
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universit
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