Katze: Kardiomyopathie im Stadium der systolischen Dysfunktion mit Infarktareal im linken Ventrikel im Herzversagen

Hier beantworten wir Fragen zu Herzerkrankungen

Moderator: j.schöbel

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Dreamcat
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Katze: Kardiomyopathie im Stadium der systolischen Dysfunktion mit Infarktareal im linken Ventrikel im Herzversagen

Beitrag von Dreamcat »

Sehr geehrtes Expertenteam,

ich bin sehr froh, dass es dieses Forum gibt, denn der Laie ist doch häufig durch tierärztliche Erklärungen überfordert und Fragen tauchen oft erst im Nachhinein auf. So auch bei mir.

Meine 13-jährige EKH-Katze Törtchen zeigte am 27.10.22 eine Bauch-Preß-Atmung und schnurrte mit geöffnetem Mäulchen. Mein erster Gang in akuten Fällen ist zunächst unsere Dorftierarztpraxis, weil sie nur 300 Meter entfernt ist. Ich muss vorausschicken, dass Törtchen sowohl Autofahrten als auch Tierarztpraxen hasst. Sie hat da ein regelrechtes Trauma. Ich habe Törtchen von unserer Katzenhilfe, bei der ich seit vielen Jahren tätig bin, mit nach Hause genommen, nachdem sie mit ihren zwei Wochen alten Babys bei Minustemperaturen ausgesetzt wurde. Nach der Vermittlung der Welpen bin ich mit ihr zur Kastration gegangen, die Praxis lag in einem Altbau mit deckenhohen Fenstern und ebensolchen Übergardinen. Törtchen, die extrem ängstlich war, entwischte der Tierärztin, sprang mit einem Satz in die Übergardinen und kletterte hoch – bis ganz nach oben. Die Tierarzthelferin, die sie mit einer Leiter dort runterholen sollte, kippte mit ebendieser um, flog auf den Schrank mit dem tierärztlichen Instrumentarium, das sich scheppernd auf dem Boden verteilte und es dauerte eine halbe Stunde, bis Törtchen aus den Gardinen gezogen werden konnte. Sie können sich sicher vorstellen, dass die Katze für ihr Leben gestört ist, was Tierärzte betrifft.

Na jedenfalls wurde in der Dorfpraxis mit Weh und Ach eine Röntgenaufnahme gemacht, die meiner laienhaften Auffassung nach -da ich dies schon öfter bei Katzenhilfe-Katzen gesehen hatte- einen Thoraxerguss zeigte, der ja häufig bei Herzdiagnosen auftritt. Der gesamte Brustkorb war durch und durch milchig, es ließen sich keinerlei schwarze Stellen mehr erkennen, schon gar nicht das Herz. Die Tierärztin sprach von dennoch nur von einem Lungenödem, verursacht „wahrscheinlich durch eine Entzündung oder aber tumoröse Strukturen, da die weißen Bereiche faserig durchsetzt sind“. Man habe der Katze direkt nach dem Röntgen Convenia, eine geringe Menge Furosemid und Depo-Medrate (!!!) gespritzt. Ohne mich vorher zu informieren! Ich war entsetzt und habe gefragt, wie man der Katze bei so einen Rö-Befund denn Cortison geben könne, ohne vorher weiter untersucht zu haben, ob die Flüssigkeit vom Herz kommen könne! Antwort: Das wäre jetzt auch egal, man empfehle sowieso, die Katze an Ort und Stelle einschläfern zu lassen, die Prognose sei denkbar schlecht. Dem habe ich nicht zugestimmt und bin direkt mit Törtchen in die 50km entfernte Tierklinik weitergefahren. Dort wurde sie sofort punktiert, es wurden 195 ml glasklare Flüssigkeit entfernt, NT-proBNP-Schnelltest: Abnorm. Keine Entzündung, kein Tumor. Eine erste vorsichtige Diagnose lautete auf HCM und Thoraxerguss und Törtchen kam auf der Intensivstation in die Sauerstoffbox, wurde weiter entwässert und schließlich auf 2-3x tgl. 10mg Dimazon und ½ Vasotop 1,25mg tgl. eingestellt. Zwei Tage später wurde sie entlassen, ich bekam einen Termin zum Herzultraschall in 14 Tagen. In der Klinik gibt es aber keinen zertifizierten Kardiologen.

Es ging zehn Tage gut, am 06.11. erhöhte sich die Atemfrequenz wieder. Ich erhöhte das Dimazon für zwei Tage auf 4x10mg und nachdem keine Besserung eintrat, brachte ich sie wieder in die Tierklinik. Diesmal hatte sich ein Lungenödem gebildet, sie wurde wieder mit hochdosiertem Dimazon entwässert. Wegen der hohen Tagesdosis von 40mg Dimazon für eine 3,5kg Katze, die nichts mehr gebracht hatte, bat ich um Umstellung auf Torasemid. Törtchen wurde eingestellt auf 1mg Isemid tgl. Das Vasotop sollte ich beibehalten. Tags darauf wurde sie entlassen, das Lungenödem war aber weiterhin vorhanden. Mehr könne man nicht tun. Ich habe alle mir vorliegenden Röntgenaufnahmen an die Tierkardiologie der Uni Gießen geschickt und bekam sofort Antwort und einen Notfalltermin für den folgenden Tag. Törtchen bekam von mir eine Kapsel Gabapentin (die ich nur in sie reinbekam, weil es ihr wirklich schlecht ging) und ich fuhr sie die 150km nach Gießen. Sie wurde drei Stunden lang untersucht, Herzultraschall, EKG, Blutdruck, Röntgen, Blutuntersuchung, Urin, erneute Thoraxpunktion (90ml).

Diagnose: Kardiomyopathie im Stadium der systolischen Dysfunktion mit Infarktareal im linken Ventrikel im Herzversagen mit Azotämie, Thoraxerguss und Lungenödem, außerdem extrem schlechte Nierenwerte (Kreatinin 351,9 umol/l, Harnstoff 37 mmol/l), Hypokaliämie. Auch viele sonstige Blutwerte waren sehr schlecht. Ich war im Juni noch zum geriatrischen Check (war für Törtchen wieder eine Katastrophe), da waren sämtliche Werte super. Die Nieren sind offenbar durch die Entwässerung so in die Knie gegangen, also innerhalb von nur ca. zwei Wochen.

Törtchen erhielt folgende Medikation:
2x tgl. ¾ Isemid 1mg
1x tgl. ½ Cardalis 2,5/20mg
2x tgl. ¾ Vetmedin 1,25mg
1x tgl. ¼ Clopidogrel 75mg
1x tgl. 1 TL L-Carnitin,Taurin, Weissdorn (Cardiozoon)
2x tgl. ½ Kapsel Kalinor retard 600mg

Törtchen wurde entlassen mit sehr schlechter Prognose, ich sollte mich darauf einrichten, dass ihr möglicherweise nur noch wenige Tage bleiben und sollte, wenn die Atemfrequenz wieder steigt oder Atemnot auftritt, über eine Erlösung entscheiden. Aber es gebe eben auch immer wieder Wunder, man wisse nie genau, wie die Katzen auf die Therapie ansprechen.

Am folgenden Tag hatte Törtchen zuhause eine Ruheatemfrequenz von 36, die sich jeden Tag um zwei reduzierte und nun seit sieben Tagen konstant bei 26-28 liegt (vorgestern habe ich sogar einmal im Schlaf 23 gezählt). Sie überrascht mich jeden Tag aufs Neue. Gestern bekam ich es fast am Herzen, als ich sah, wie Törtchen im Wohnzimmer einem Flummi hinterherjagte, den ich ihr aus Angst dann abnahm und nur Hin-und-Her-Kicken aus naher Entfernung im Badezimmer mit ihr spielte, was sie liebt. Sie kickt mir die Flummis immer gezielt zurück, das macht ihr einen Riesenspaß. Sie spaziert jeden Tag eine halbe Stunde mit ihrer Katzenfreundin Oma, 20 Jahre alt (wir haben noch fünf weitere Katzen), durch den Garten, markiert all ihre alten Stellen mit den Wangen und fängt herabfallende Blätter. Heute wollte sie unbedingt im Schnee wühlen. Es geht ihr also nach dieser Diagnose erstaunlich gut.

Nun habe ich folgende Fragen und gehe zum allgemeinen „man“ über, weil mir klar ist, dass Sie keine Therapieempfehlungen aussprechen können, ohne das jeweilige Tier gesehen zu haben und das Forum dafür auch nicht gedacht ist.

Der Wirkstoff Torasemid ist ja sowohl in UpCard als auch in Isemid enthalten. Beim UpCard 1mg Tablette gilt als Dosisempfehlung 0,1 – 0,6mg/kg 1x tgl., beim Isemid 1mg Tablette 0,13-0,25mg/kg 1x tgl.. Dosen von 0,26mg Isemid sollten maximal über 5 Tage gegeben werden.

Wieso ist die Dosierung bei Produkten mit identischem Wirkstoff so unterschiedlich? Hat das damit zu tun, dass Isemid eine Kautablette ist und die Bioverfügbarkeit eine andere ist? Törtchen bekommt das Isemid ja schon sehr hoch dosiert für ihre 3,5kg Körpergewicht. Könnte man es weiter dauerhaft erhöhen, wenn die Atemfrequenz steigt, obwohl der Hersteller schreibt, bei 0,25mg dauerhaft sei quasi Schluß? Hätte es Sinn, auf UpCard umzusteigen und 0,6mg zu geben, wenn die Isemid-Dosierung nicht mehr reicht?

Könnte man zu dem Isemid noch ein Thiazid dazunehmen? In dem Cardalis ist ja allerdings bereits Spironolacton.

Ich bekomme das Clopidogrel nicht in Törtchen hinein. Köpfchen packen, überstrecken, Schnute auf, Tablette rein – und aus der Katze wird ein aaliges Wesen, das sich windet und wendet, kratzt und beißt, hinter die Couch flüchtet und sich erst nach Stunden höchst beleidigt wieder blicken lässt.
Medis gehen generell nur gemörsert und in Leberwurstschleck vermatscht per Spritze (natürlich ohne Aufsatz) ins Mäulchen. Das geht beim geviertelten Clopidogrel nicht, weil es ja sehr bitter ist. In Leerkapsel gepackt per Tabletteneingeber funktioniert es ebenfalls nicht, weil sie merkt, ob ich eine Spritze oder den Tabletteneingeber verwende. Und den akzeptiert sie überhaupt nicht, Schauspiel wie oben. Daraufhin habe ich mir Xarelto verschreiben lassen – geht auch nicht.

Bleibt nur Aspirin, 5mg alle drei Tage. Aber Törtchen hat einen sehr empfindlichen Magen. Kann man einen Magenschutz dazugeben und wenn ja, welchen? Wäre Omeprazol geeignet und in welcher Dosierung? Oder gibt es bessere?

Auch das Cardiozoon bekomme ich nicht in sie rein, ebenfalls keine Omega 3-Fettsäuren, die ich gerne geben würde. Tötchen verschwindet hinter die Couch, sobald sie den Geruch wahrnimmt. Wäre es sehr wichtig, Taurin, L-Carnitin und Omega 3 zu geben?

Wie lange verbleibt das Depo-Medrate im Körper und welchen Einfluß hat es auf die Wassersituation genau?

Ich überlege hin und her, ob ich Törtchen noch einmal punktieren lasse, wenn das Wasser wieder steigt. Denn es geht ihr wirklich gut, wenn kein Wasser da ist. Sie hat z. Zt. eine hohe Lebensqualität. Aber ich kann sie ja auch nicht alle zwei Wochen zum Entwässern in die Klinik schleifen. Wann ist der richtige Zeitpunkt, eine Katze in diesem Krankheitsstadium gehen zu lassen? Was empfehlen Sie Ihren Patientenbesitzern? Wovon machen Sie abhängig, ob eine weitere Punktion sinnvoll ist? Ich will auf gar keinen Fall, dass meine Katze leidet oder nur noch lebt, weil ich es unbedingt möchte. Aber ich möchte mich auch nicht den Rest meines Lebens fragen, ob es vielleicht zu früh war zum Einschläfern. Sie haben sehr viel Erfahrung mit diesem Thema. Wann ist die Zeit gekommen, eine Katze gehen zu lassen? Wie oft punktieren Sie und wann empfehlen Sie, es sollte besser Schluß sein?

Ich bedanke mich im Voraus ganz herzlich für Ihre Antwort.

Traurige Grüße
Dagmar H.
Dreamcat
Beiträge: 6
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Re: Katze: Kardiomyopathie im Stadium der systolischen Dysfunktion mit Infarktareal im linken Ventrikel im Herzversagen

Beitrag von Dreamcat »

Ich antworte mir noch mal selbst, denn ich habe etwas vergessen:

Törtchen bekommt zusätzlich noch 2xtgl. 1/2 Kapsel Kalinor retard 600mg, was sie auch annimmt.

Sie hat keinen Taurinmangel und ich barfe meine Katzen nicht und ernähre sie auch nicht vegetarisch o. ä.. Sie bekommen Mittelklassefutter (NaFu) mit mind. 60% Fleischanteil, kein Supermarktfutter.
J.Eberhard
Beiträge: 114
Registriert: Sa Jul 06, 2019 9:30 am

Re: Katze: Kardiomyopathie im Stadium der systolischen Dysfunktion mit Infarktareal im linken Ventrikel im Herzversagen

Beitrag von J.Eberhard »

Hallo,

es tut uns sehr Leid vom Schicksal Ihrer Katze zu hören: Sie beide haben ja offensichtlich eine lange Reise hinter sich.
Wie Sie bereits selber geschrieben haben, ist eine individuelle Beratung im Rahmen dieses Forums nicht möglich und sinnvoll.
Aufgrund der von Ihnen beschriebenen Befunde und Therapie denken wir, dass Sie bei den Kolleg*innen aus Gießen sehr gut aufgehoben sind.
Wir versuchen, soweit möglich, Ihre Fragen zu beantworten:
Für Depot-Medrate (Methylprednisolon-Acetat) existieren keine genauen Information, wie lange der Wirkspiegel bei Katzen hält. Wahrscheinlich sind Plasmaspiegel von ca 1 bis 2 Wochen.
Es ist prinzipiell egal, ob sie mit UpCard oder Isemid arbeiten: generell sollte man Diuretika immer nach Wirkung heruntertitriere (also die niedrigst mögliche Dosierung finden, mit der das Tier stabil ist). Das ist individuell unterschiedlich. Generell sollten hohe Dosierungen nicht über einen längeren Zeitraum gegeben werden, um die Nieren zu schonen. Wenn es wie bei Ihrer Katze jedoch um das Sichern des Überlebens geht, weil man mit einer niedirgeren Dosierung immer wieder im Herzversagen landet, muss man zwangsläufig auch höhere Dosierungen über einen längeren Zeitraum geben. Leider kommt es insbesondere bei Katzen häufig vor, dass sich die Nierenfunktion dann stark verschlechtert.
Um die Nieren zu schonen und eine möglichst niedrige Dosierung der Diuretika zu finden, empfiehlt es sich, ein Schleifendiuretikum mit einem anderen Diuretikum zu kombinieren: das ist hier bereits in Form von Cardalis (Spironolacton) geschehen. Eine zusätzliche Gabe von HCT (Hydrochlorothiazid) kann man ins Auge fassen: oft wird es dann noch schwieriger, den Elektrolyt-Haushalt im Griff zu behalten.
Meistens funktioniert Rivaroxaban als Alternative zu Clopidogrel sehr gut, da die Tabletten sehr klein sind und eigentlich nicht auffällig schmecken. Aspirin als Alternative ist sich er besser als keine Therapie: hier würde man 75 bis 100mg PRO KATZE alle 3 Tage geben, was in der Regel gut vertragen wird. Eine zusätzliche Gabe von einem Magenschutz würde wieder mehr Tabletten bedeuten und ist wahrscheinlich nicht nötig.
Da es häufig bei Katzen vorkommt, dass die Medikamentengabe sehr schwierig ist, erstellen wir Rangfolgen für die Medikamente, die am wichtigsten sind:
1.. Entwässerung (Isemid oder UpCard)
2. Vetmedin
3. Cardalis
4. Kalium (Kalinor)
5. Clopidogrel oder Rivaroxaban oder Aspirin
5. Taurin + Carnitin
Das Taurin und Carnitin ist unterstützend eine sinnvolle Ergänzung: wenn es jedoch mit täglicher Qual verbunden ist und die Katze eine normale Diät erhält, dann kann man auch ohne schlechtes Gewissen ab und zu darauf verzichten. Vielleicht finden Sie auch noch etwas, mit dem sie es freiwillig aufschleckt (wir empfehlen dazu add one oder Reconvales).
Schlussendlich müssen wir uns der Prognose der Kolleg*innen anschließen: mit den Befunden sollte man sich über die kurze Zeit freuen, die man noch mit der Katze erleben darf: hier sollte die Lebensqualität an oberster Stelle stehen. Ein erneuter Tierarztbesuch zum Abziehen/Entwässern macht in einem so späten Stadium nur dann noch Sinn, wenn man die realistische Aussicht hat, das Tier mit einer dann angepassten Therapie (also meist Erhöhung der Entwässerung) wieder zu stabilisieren. Wenn alle therapeutischen Mittel ausgereizt sind oder die Katze keine Lebensqualität mehr hat, ist es dann leider Zeit, sie gehen zu lassen.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und viel Kraft für die nächste Zeit!
Dreamcat
Beiträge: 6
Registriert: Di Nov 08, 2022 11:44 am

Re: Katze: Kardiomyopathie im Stadium der systolischen Dysfunktion mit Infarktareal im linken Ventrikel im Herzversagen

Beitrag von Dreamcat »

Liebe Frau oder Herr Dr. Eberhard,

ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre umfangreiche Antwort! Und ich teile Ihre Auffassung, dass ich in der Uni Gießen in sehr guten Händen bin.

Über das Rivaroxaban werde ich mit der behandelnden Tierärztin sprechen. Vielen Dank für den Tipp. Wenn die Tabletten klein sind, kann ich sie mörsern und zusätzlich unter die Leberwurst"pampe" rühren, ohne mehr von dem Leberwurstschleck nehmen zu müssen. Das wäre für Törtchen also keine zusätzliche Belastung.

Gerne würde ich das Isemid mit der Zeit reduzieren, aber momentan sieht es bei einer Atemfrequenz von 26-28 leider nicht danach aus, dass es möglich wäre. Heute Morgen habe ich, allerdings vor der Medikamentengabe, sogar wieder 32 gezählt. Ich werde mit der Uni Gießen kommunizieren, ob wir noch HCT dazugeben können. Natürlich ist mir aber klar, dass die Abwärtsspirale folgt, der Elektrolythaushalt immer weiter entgleist, die Nierenwerte noch schlechter werden inkl. Dehydrierung, Futterverweigerung, Übelkeit. Und Törtchen noch mehr Tabletten nehmen muss. Möchte ich das?

Ich gehe sehr davon aus, dass Törtchen Weihnachten nicht mehr erleben wird. Am liebsten wäre mir, das kleine Herz hörte einfach auf zu schlagen oder die Nieren würden versagen und sie würde in Ruhe und Frieden einschlafen. Aber das war bisher den wenigsten meiner (Wegwerf-) Katzen vergönnt, die ich in 40 Jahren aufgenommen habe. Ich wusste immer, wann der Zeitpunkt gekommen ist. Bei Törtchen werde ich damit -glaube ich- große Schwierigkeiten haben, weil ich weiß, dass sie nach den beiden bisherigen Punktionen nach einem Tag wieder ganz die Alte war. Eine lebensfrohe, verspielte Katze, ein wunderschönes und charismatisches Persönchen, die sich benimmt wie immer, die schnurrend zwischen meinem Mann und mir schläft, ihre Katzkollegen putzt und durch den Garten wandert. Ich glaube auch nicht, dass sie Schmerzen hat und sie frisst mit gutem Appetit. Das Wasser steigt, aber man weiß, nach der Entwässerung ist sie wieder wie vorher. Und mit diesem Wissen soll man sie gehen lassen. Das fällt mir ungeheuer schwer. Aber ich weiß natürlich auch, dass meine Katze nicht nur mit Medikamenten zusammengehalten werden kann. Ich hoffe, ich werde den richtigen Zeitpunkt finden.

Vielen Dank nochmals!
Dreamcat
Beiträge: 6
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Re: Katze: Kardiomyopathie im Stadium der systolischen Dysfunktion mit Infarktareal im linken Ventrikel im Herzversagen

Beitrag von Dreamcat »

Sehr geehrte Frau Dr. Eberhard,

Sie haben mir neulich eine sehr aufschlußreiche Antwort gegeben. Deshalb habe ich heute noch eine allgemeine Frage, die mir meine hiesige Tierklinik nicht beantworten konnte und in der Tierkardiologie der Uni Gießen erreiche ich die behandelnde Tierärztin diese Woche nicht.

Mein Katze Törtchen bekommt folgende Medikamente (ohne Dosierungsangaben, da in diesem Fall wahrscheinlich nicht wichtig):

Isemid, Vetmedin, Cardalis, Kalinor, Xarelto, Taurin/Carnitin.

Von dem Vetmedin weiß ich, dass die Bioverfügbarkeit stark sinkt, wenn man es zusammen mit Futter gibt. Daher bekommt Törtchen nach der Medikamentengabe frühestens nach 1,5 Stunden ihr Nassfutter. Aaaaber: Ich kriege die Medis nur gemörsert und mit Joghurt vermischt in sie rein. Die "Pampe" besteht insgesamt (Tabletten und Joghurt) aus ca 2ml (abgefüllt in Spritze), wovon über die Hälfte das vermischte Tablettenpulver ist. Das Cardalis gebe ich separat in Leerkapsel, weil es etwas bitter ist und Törtchen speichelt und spuckt, wenn ich es vermischt mit den anderen Sachen verabreiche.

1. Ich gebe mit den Medikamenten zusammen ca. 1ml Joghurt. Ist auch mit dieser geringen Menge die Bioverfügbarkeit von Vetmedin reduziert?
2. Wie sieht es mit den anderen Medis aus? Verhalten die sich in Sachen Bioverfügbarkeit wie das Vetmedin?
3. Ist es überhaupt ok, ein Milchprodukt zu verwenden? Leberwurstleckerliestangen und sonstigers ist Törtchen leider satt.
4. Und ist es in Ordnung, alle Medikamente miteinander zu vermischen? Eine Einzelgabe wäre mit extremen Schwierigkeiten verbunden.

Für eine Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Leider musste Törtchen letzten Samstag in der Klinik nach einen erneuten Lungenödem wieder entwässert werden und ich musste nach Rücksprache mit der Uni Gießen das Isemid auf 2x tgl. 1mg hochsetzen. Jetzt geht es ihr erstmal wieder gut.
J.Eberhard
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Re: Katze: Kardiomyopathie im Stadium der systolischen Dysfunktion mit Infarktareal im linken Ventrikel im Herzversagen

Beitrag von J.Eberhard »

Hallo,

tatsächlich hat das Pimobendan (Vetmedin) eine etwas bessere Bioverfügbarkeit, wenn es ca. 45-60 min vor der Futteraufnahme gegeben wird. Eine geringe Menge an Futter/Leckerlie wird die Bioverfügbarkeit von Vetmedin nicht negativ beeinflussen. Spironolacton (in Cardalis enthalten) ist bei Hunden mit Futter etwas besser verfügbar. Es liegen keine Daten für Katzen vor.
Sie können auch ein Milchprodukt wie Joghurt benutzen werden und die genannten Medikamente dürfen gemeinsam verabreicht werden.

Wir wünschen Ihnen alles Gute!
Dreamcat
Beiträge: 6
Registriert: Di Nov 08, 2022 11:44 am

Re: Katze: Kardiomyopathie im Stadium der systolischen Dysfunktion mit Infarktareal im linken Ventrikel im Herzversagen

Beitrag von Dreamcat »

Super! Vielen Dank für Ihre Antwort und eine schöne Weihnachtszeit!

Liebe Grüße
Dagmar H.
Dreamcat
Beiträge: 6
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Re: Katze: Kardiomyopathie im Stadium der systolischen Dysfunktion mit Infarktareal im linken Ventrikel im Herzversagen

Beitrag von Dreamcat »

Guten Tag, Frau Dr. Eberhard,

zuletzt hatte ich mich Mitte Dezember 22 bei Ihnen gemeldet. Es ist kaum zu glauben, aber meine Katze Törtchen lebt immer noch und es geht ihr den Umständen entsprechend gut, d. h., sie futtert normal, geht draußen spazieren, streitet sich mit zwei Elstern in unserem Garten und ich spiele täglich mindestens eine Stunde mit ihr. Sie schläft auf einem eigenen Kopfkissen zwischen meinem Mann und mir und möchte bitte sehr bei lautstarkem Schnurren jeden Abend gebürstet werden und am Bauch gekrault werden, bis sie einschläft.

Mitte Januar stieg ihre Atemfrequenz auf 37 und ich bin sicherheitshalber, weil ich nicht eigenmächtig die Medikamente erhöhen wollte, wieder mit ihr in die 40km entfernte Kasseler Tierklinik gefahren, wo sie noch einmal mit Dimazon entwässert wurde. Bis dahin bekam sie u. a. morgens und abends 1mg Isemid. Die Atemfrequenz sank wieder auf 22 zurück, aber die Tierklinik konnte mir nicht sagen, ob und wie hoch ich das Isemid zuhause erhöhen sollte. Ich habe dann eigenmächtig morgens und abends noch 1/8 Tbl. Isemid dazugegeben, was bisher gereicht hat. Außerdem habe ich in der Kardiologie der Uni Gießen angerufen, wo ich ursprünglich mit Törtchen zur Diagnostik war, aber dort konnte und wollte man mir keine Auskunft zu einer Medikamentenerhöhung geben. Dazu müsse Törtchen erst noch einmal die gesamte Diagnostik durchlaufen, ich solle noch einmal mit ihr vorbeikommen.

Grundsätzlich würde ich selbstverständlich mit Törtchen noch einmal nach Gießen fahren, aber es geht nicht, beim besten Willen nicht. Das würde sie nicht überleben. Ich kann noch nicht mal mehr mit ihr in die hiesige Tierklinik fahren. Sie hat beim letzten Mal die ganze Zeit geschrien und war heiser, als wir ankamen. Ihre Atemfrequenz hatte sich innerhalb einer dreiviertel Stunde von 37 zuhause auf 58 in der Tierklinik gesteigert und sie war so fertig, dass sie erst mal in die Sauerstoffbox musste. Man befürchtete, dass sie kollabiert. Die Diagnostik in Gießen dauerte im November drei Stunden, hinzu kamen zwei Stunden Autofahrt hin und zwei zurück. Sieben Stunden war ich insgesamt unterwegs, das war schon für mich Streß pur. Ich KANN nicht noch einmal mit Törtchen dorthin fahren.

Ich habe hier in der Nähe, einige Fahrminuten entfernt, einen sehr netten, engagierten und kompetenten Tierarzt gefunden. Er ist der Meinung, man sollte das Isemid bei der nächsten Atemfrequenzsteigerung nicht weiter erhöhen, weil man mit insgesamt 2,25mg tgl. für eine 3,7kg schwere Katze bereits am oberen Ende angekommen sei (0,6mg/kg). Er würde mir ein Rezept für HCT ausstellen, ist aber wegen der Dosierung nicht sicher.

Ich frage jetzt nicht speziell für Törtchen, weil Sie ja keine Therapieempfehlungen aussprechen dürfen, aber könnte man einer Katze bis 4kg, die bereits eine Tagesdosis Isemid in Höhe von 2,25mg erhält, HCT in einer Anfangsdosierung von 1mg/kg 1xtgl. verabreichen? Und das notfalls steigern bis 2mg/kg 1x tgl? Oder sollte die bisherige Isemid-Dosierung bei zusätzlichem Einsatz von HCT reduziert werden und wenn ja, um welche Menge?

Mein Tierarzt sagt, Törtchen sei schon lange austherapiert und er wird sie auch nicht unbegrenzt weiterbehandeln, zumal man ihr ohne Narkose oder Sedierung auch kein Blut abnehmen kann und er der Katze das auch nicht mehr zumuten möchte. So hat er natürlich keinen Überblick über die Nierenwerte und die Elektrolyte, aber er sagt, sobald dem Törtchen übel wird, sie erbricht oder das Fressen einstellt, lethargisch wird oder ich sonstwie beobachte, dass es ihr schlechter geht, müsse man im Sinne der Katze handeln und sie gehen lassen. Dafür müsse man nicht mehr die aktuellen Blutwerte kennen und auch keine komplette Diagnostik durchlaufen. Das HCT wäre nun die letzte Maßnahme, die man andenken könnte, wenn die Atemfrequenz wieder steigt, es ihr aber ansonsten noch gut gehe. Das wäre die Bedingung.

Ich gehe damit absolut konform. Ich hätte nie gedacht, dass Törtchen mit ihrer Last-Stage HCM noch so lange bei guter Lebensqualität bei uns ist und werde selbstverständlich nicht zulassen, dass sie meinetwegen weiterleben muss, wenn sie keine Lebensqualität mehr hat.

Liebe Grüße

Dagmar H.
J.Eberhard
Beiträge: 114
Registriert: Sa Jul 06, 2019 9:30 am

Re: Katze: Kardiomyopathie im Stadium der systolischen Dysfunktion mit Infarktareal im linken Ventrikel im Herzversagen

Beitrag von J.Eberhard »

Hallo,

es freut mich, dass es Törtchen trotz ihrer schweren Erkrankung so lange gut gegangen ist!

Wie Sie bereits selbst sagen, können wir keine Therapievroschläge machen, wenn wir die Tiere nicht selber gesehen haben.
Beim Torasemid (Isemid, UpCard) wird die allgemeine Dosierung bei 0,1-0,3 mg/kg 1x täglich angegeben. In schweren Fällen kann man das auch verdopplen (2x tägliche Gabe). Über einer Tagesdosis von 0,8 mg/kg wird man jedoch alsbald den Dosierungsbereich erreichen, bei dem trotz höherer Dosierung nicht mehr Effekt, dadruch mehr Nebenwirkungen auftreten (Ceiling-Effekt).
Deshalb kann man ins olchen Fällen, wie Ihr Haustierarzt das vorgeschlagen hat, ein anderes Diuretikum wie HCT ergänzen. HCT wird bei Katzen in einem Dosierungsbereich von 0,5-2,0 mg/kg 2x täglich gegeben, wobei man im unteren Dosierungsbereich starten sollte. Da Kalium sicher mehr ausgeschwemmt wird, sollte man dann auch die Kaliumgabe anpassen.

Wir wünschen Ihnen und Törtchen alles Gute und sind sicher, dass Sie mit Ihrem Haustierarzt zusammen die richtigen Entscheidungen für Törtchen treffen!
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