DCM bei Dobermann-Mischlingen

Hier beantworten wir Fragen zu Herzerkrankungen

Moderator: j.schöbel

Antworten
Rheinkiesel
Beiträge: 8
Registriert: Mo Aug 08, 2022 10:36 am

DCM bei Dobermann-Mischlingen

Beitrag von Rheinkiesel »

Sehr geehrte Damen und Herren,
offenbar erkranken mittlerweile leider ca. 50% der Dobermänner an DCM.
Wir (Humanmedizin, Fachgebiet Chirurgie) haben nun einen 4-jährigen Dobermann-Pitbull-Mix aus dem Tierschutz, der bisher klinisch gesund ist. Auch auskultatorisch kann man auch nach Belastung keinerlei Auffälligkeiten feststellen.
Meine Frage ist nun, ob man bei Dobermann-Mischlingen von einem ähnlich hohen DCM-Risiko ausgehen muß?
Ist der Erbgang (dominant oder rezessiv) bekannt? Gibt es evtl. einen Gentest oder einen Marker, mit dem man die genetische Anlage für diese Erkrankung nachweisen kann?
Falls Mischlinge in gleicher Häufigkeit betroffen sind, welche prophylaktische Diagnostik würden Sie empfehlen?
Nach meinen Internet-Recherchen sind erste Hinweise auf DCM gehäufte Extrasystolen, für deren Nachweis man ein Langzeit-EKG benötigen würde. Dies wäre allerdings bei dem sehr lebhaften Hund schwierig durchzuführen.
Ist es sinnvoll, als Nahrungsergänzung Taurin zu geben? Wenn ja, in welcher Dosierung? Bei der Futterdeklaration (Josera, Sensi Plus) steht an erster Stelle Geflügelprotein, an zweiter Vollkornmais, danach Reis. Hülsenfrüchte sind nicht enthalten, Taurin ist ebenfalls nicht unter den Zusatzstoffen aufgeführt.
(Da uns früher bereits ein Dobermann (reinrassig) im Alter von 7 Jahren an DCM verstorben ist, sind wir bezüglich dieser Erkrankung nun natürlich "gebahnt".)

Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Mühe.

Viele Grüße
Gisela Kürten
j.friederich
Beiträge: 193
Registriert: Di Jan 08, 2019 7:18 am

Re: DCM bei Dobermann-Mischlingen

Beitrag von j.friederich »

Guten Tag,

der Erbgang der Dobermann-Kardiomyopathie ist autosomal-dominant mit unvollständiger Penetranz. In den USA sind mittlerweile zwei Gentests vorhanden (PDK4 = DCM 1, Titin = DCM 2). Es konnte bisher jedoch gezeigt werden, dass zumindest der DCM 1 Gentest nicht auf die europäischen Dobermänner übertragbar ist. Da die Dobermann-Kardiomyopathie polygenetisch ist, kann eine potentielle Erkrankung bei negativen Gentest Resultaten somit nicht sicher ausgeschlossen werden.
Die genaue Prävalenz bei Dobermann-Mischlingen ist aktuell nicht bekannt, sie liegt aber vermutlich niedriger als bei reinrassigen Dobermännern.
Es gibt zwei Formen der Dobermann-Kardiomyopathie, die beide auch gleichzeitig auftreten können. Einerseits können echokardiographische Veränderungen in Form einer systolischen Dysfunktion auftreten, andererseits sind aber auch ventrikuläre Rhythmusstörungen unabhängig vom Echo-Befund möglich. Daher empfehlen wir zur Vorsorge immer einen Herzultraschall und ein Langzeit-EKG durchzuführen. Wenn ein Langzeit-EKG nicht möglich ist, können zumindest ein Kurzzeit-EKG (5 Minuten) mit einer Biomarker Bestimmung (Troponin I) kombiniert werden, da so zumindest eine Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen von Extrasystolen getroffen werden kann. Für die genaue Diagnose und adäquate Therapie ist dann trotzdem ein Langzeit-EKG nötig.
Eine getreidehaltige Fütterung (hier in Form von Mais und Reis) ist auf jeden Fall anzuraten und auf Hülsenfrüchte sollte verzichtet werden. Taurin sollte bei prädisponierten Rassen auf jeden Fall im Futter enthalten sein oder zum Futter substituiert werden. Die Dosierung bei einem großen Hund beträgt 1 Gramm 2x täglich.
Dr. Jana Friederich
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
Rheinkiesel
Beiträge: 8
Registriert: Mo Aug 08, 2022 10:36 am

Re: DCM bei Dobermann-Mischlingen

Beitrag von Rheinkiesel »

Sehr geehrte Frau Dr. Friederich,

herzlichen Dank für die ausführliche Beantwortung meiner Fragen. Sie haben mir damit sehr geholfen.

Schön, daß es dieses Forum gibt. Gerade in einer ländlichen Gegend wie der unseren ist der Haustierarzt (der sich ja auch mit Kühen, Schweinen und Schafen befassen muß) mit solch speziellen Fragen schon mal überfordert.
Ihr Engagement (und das Ihrer Kollegen) verdient große Anerkennung!

Mit freundlichen Grüßen
Gisela Kürten
Rheinkiesel
Beiträge: 8
Registriert: Mo Aug 08, 2022 10:36 am

Re: DCM bei Dobermann-Mischlingen

Beitrag von Rheinkiesel »

Sehr geehrte Frau Dr. Friederich,

bei der Suche nach einem Taurin-Präparat ergibt sich noch ein Problem bezüglich der Dosierung:
Bei den Herstellern finde ich übereinstimmend die Angabe "0,5g einmal täglich".
Sie hatten "1g zweimal täglich" angegeben, also die vierfache Menge.
In dem Post eines anderen Fragestellers hier im Forum ("Ernährung bei DCM") finde ich von Ihnen die Empfehlung "0,5 - 1 g /kg Körpergewicht täglich", das entspräche bei unserem Hund mit einem Körpergewicht von 35 kg 17,5 - 35g Taurin/Tag.
Da diese Angaben erheblich differieren, möchte ich Sie diesbezüglich nochmals um eine Klarstellung bitten.

Außerdem wüßte ich gern, ob eine prophylaktische Taurin-Therapie ohne nachgewiesenen Mangel evtl. zu Nierenschäden führen kann (z.B. Steinbildung)?

MfG
G.Kürten
J.Eberhard
Beiträge: 114
Registriert: Sa Jul 06, 2019 9:30 am

Re: DCM bei Dobermann-Mischlingen

Beitrag von J.Eberhard »

Hallo,

vielen Dank für Ihre Frage.
Tatsächlich hat sich da in dem anderen Eintrag der Fehlerteufel eingeschlichen:
Bei Hunden empfiehlt man bei einem Taurinmangel die Gabe von 500-1000mg je 2x täglich pro Hund. Kleine Hunde bekommen die 500mg und große Hunde wie Dobermänner dann 2x täglich 1000mg.
Die meisten Herstellerangaben beziehen sich auf Hunde ohne nachgewiesenen Mangel und sind deshalb niedriger dosiert.
Da man Taurin quasi nicht überdosieren kann und auch der Blutspiegel nicht zu 100% aussagekräftig ist, tendieren wir dazu, die Taurindosierung im oberen Bereich anzusetzen.

Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen damit beantworten konnte und wünsche Ihnen und Ihrem Hund alles Gute!
Rheinkiesel
Beiträge: 8
Registriert: Mo Aug 08, 2022 10:36 am

Re: DCM bei Dobermann-Mischlingen

Beitrag von Rheinkiesel »

Hallo, Herr Eberhard,

Ich bedanke mich ganz herzlich für die umfassende Beantwortung meiner Frage.

MfG
Gisela Kürten
Antworten