Mitralendokardiose fortgeschrittenes Stadium

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Moderator: j.schöbel

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savi

Mitralendokardiose fortgeschrittenes Stadium

Beitrag von savi »

Hallo,

wir haben einen 11.5 Jahre alten Rüden, Dogge/Ridgeback Mix 47kg, welcher bis vor 2 Monaten noch sehr agil und fit war, bis er mit einem Zwingerhusten tönenden Husten/Würgen mit Blutauswurf nach ca 10 Tagen begann. Es gab weder Krankheitsanzeichen noch Leistungseinbussen (er machte 2x pro Woche noch Bergwanderungen), dies auch noch bis vor 3 Wochen.
Das Röntgenbild zeigte kein Lungenödem (23.12.2020), jedoch Veränderungen in der Lunge, ev kleiner Tumor, chrinische Bronchitis. Vor 3 Wochen begannen wir zusätzlich zu der 3. Lungenwurm-Behandlung mit Advocate eine Therapie mit Antibiotika, Fortekor und Cortison. Es wurde dort bereits eine Mitralendokardiose festgestellt. Seit der Gabe des Cortisons ist der Hund komplett verwandelt. Er wollte 2 Tage nach Cortison-Beginn kaum noch fressen, extrem apathisch, will nicht mehr raus. Mittlerweile schleichen wir das Cortison aus (von 20mg Spiricort täglich auf 10mg), doch er hat seitdem immer noch eine extreme Fressunlust, respektive frisst nur zeitweise, wenn dann entweder rohes Fleisch, mal Lachs, mal Pasta oder Hüttenkäse oder auch Trockenfutter. über den Tag bekomme ich es doch so hin, dass er immer mal was nimmt und nicht abnimmt. Aber es ist schon ein Problem, ihm zeitgerecht das Cortison und das Fortekor zu verabreichen.
Seit 2 Montaten ist der Puls auf 120, seit ca 1 Woche bemerkbare Herzrythmussörungen, Pre-Synkopen, wo er nicht mehr weiterlaufen möchte und ich ihn hinlegen muss.
Nun wurde gestern in der Kardiologie ein sehr stark verändertes Herz, Mitralendokardiose im fortgeschrittenen Stadium, diagnostiziert, Rhythmusstörungen, mit dem Hinweis, dass sich bald eine Stauungsinsuffizienz bilden könnte
verschrieben wurde ihm nun folgendes:

- Vetmedin 10mg 2x täglich
- Dimazon 40mg 2x täglich
- Amiodarone 200mg 1x täglich

Ich habe nun ein schlechtes Gewissen, dem Hund so viele Medikamente zu geben. Ich wüsste gar nicht, wie ich es ihm zuverlässig geben sollte.
Meine Frage ist nun, wie sich die Prognose mit und ohne Medikamente verhält (unter Berücksichtigung, dass er ein sehr grosser Hund mit 11.5 Jahren ist). Was ich vermeiden will, ihn regelrecht mit der Medikamentengabe zu qüälen um ev noch 2 Monate mehr herauszuholen.
Auch ist die Frage, wie schnell sich ein Lungenödem lebensbedrohlich entwickeln kann. Innert Stunden (also quasi nachts) oder würde einem dies durch erhöhte Atemfrequenz schon tagelang vorher auffallen? Atemfrequenz im liegen ist 16-20.

besten Dank
j.friederich
Beiträge: 193
Registriert: Di Jan 08, 2019 7:18 am

Re: Mitralendokardiose fortgeschrittenes Stadium

Beitrag von j.friederich »

Guten Tag,

es tut mir sehr leid, von der Erkrankung Ihres Hundes zu hören.
Bei der Mitralklappenendokardiose handelt es sich um eine degenerative Veränderung (Verdickung) der Klappe zwischen linker Kammer und linkem Vorhof. Folglich kommt es zu einem Rückstau des Blutes in den linken Vorhof und im weit vorangeschrittenen Stadium von dort in die Lunge mit der Ausbildung eines Lungenödems ("Wasser auf der Lunge"). In diesem Stadium ist eine Therapie mit entwässernden Medikamenten (Furosemid (Dimazon, Furotab) oder Torasemid (Upcard)) indiziert. Wird diese Entwässerungstherapie jedoch zu früh gestartet, wenn also noch kein Lungenödem vorliegt, kann dies zu einer Dehydratation führen, wodurch auch die Fressunlust verursacht werden kann. Außerdem kann es durch die Entwässerung zu einem Verlust von Elektrolyten (vorallem Kalium, Natrium und Chlorid) über die Niere kommen. Wenn eine Hypokaliämie (zu niedriger Kaliumgehalt im Blut) vorliegt, kann es auch zu einer Fressunlust kommen. Daher ist es sehr wichtig, bei einer Entwässerungstherapie regelmäßig die Nierenwerte und Elektrolyte im Blut zu überprüfen und gegebenenfalls Kalium zum Futter zu ergänzen.
Eine Therapie mit Pimobendan (Vetmedin) ist dann indiziert, wenn eine Vergrößerung der kardialen Dimensionen vorliegt, da dadurch das Voranschreiten deutlich verlangsamt werden kann.
Amiodaron ist ein sehr potentes Antiarrhythmikum, das auch einige Nebenwirkungen hat (erhöhte Leberwerte, Blutbildveränderungen usw.) und sollte nur gegeben werden, wenn sehr maligne Rhythmusstörungen vorliegen.
Daher bitte ich Sie die aktuelle Therapie mit dem behandelnden Tierarzt zu besprechen.

Um ein Lungenödem rechtzeitig zu erkenne, sollte täglich die Ruhe-Atemfrequenz. Diese sollte im Schlaf einen Wert von 30 Atemzügen/Minute nicht übersteigen. Ein permanenter Anstieg dieser kann ein Hinweis auf ein beginnendes Lungenödem sein. Jedoch sollte dabei beachtet werden, dass nicht während eines Traumes gezählt wird und auch andere Ursachen für eine Erhöhung der Ruhe-Atemfrequenz (wie beispielsweise Schmerzen) bedacht werden.
Da wir die Befunde Ihres Hundes nicht erhoben haben, ist es leider nicht möglich eine genaue Aussage über die Prognose Ihres Hundes zu treffen.

Wir wünschen Ihnen und Ihrem Hund weiterhin alles Gute!
Dr. Jana Friederich
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
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