13-jähriger Kater mit HCM und Lungenödem

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Moderator: j.schöbel

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Anna
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Registriert: Mo Aug 08, 2016 11:10 am

13-jähriger Kater mit HCM und Lungenödem

Beitrag von Anna »

Unser 13-jähriger Kater, den wir seit 11/2016 aus dem Tierheim haben, hat HCM und eine leichte CNI. Wir haben ihn geholt, als unser Kater vorher gestorben war (auch herzkrank, Lungenödem und CNI). Die CNI wird seit Ende 2016 nur mit SUC behandelt, die HKM seit 4/2018 mit 1/4 Atenolol 25mg 1 x täglich. Es sind regelmäßig Blut- und Ultraschalluntersuchungen durchgeführt worden. Atmung lag immer bei 22 bis 24, Puls Zuhause bei 120. SDMA 22, Rest in der Norm. Er fraß gut, spielte viel, ab und zu atmete er kurz mit offenem Maul.

Am 10.09. wurde ein Lungenödem beim Röntgen festgestellt. Puls mittlerweile in Ruhe bei 180-200.

Kann die Erhöhung des Pulses durch das Atenolol verursacht werden? Es soll ja grundsätzlich den Herzschlag senken, reduziert aber auch die Kontraktion des Herzens, die schlechter geworden ist. Ich könnte mir vorstellen, dass das Herz versucht das Defizit durch einen höheren Puls auszugleichen.

Er bekommt seit dem 10.09. 2 x täglich 1/2 Furotab 10mg und ist dadurch sehr ruhig geworden, frisst und trinkt schlecht, spielt nicht mehr und fühlt sich kühler an. Der TA meinte am 16.09. wir sollten alles so lassen und in 2 Wochen nochmal die Lunge röntgen. Er hatte ihn nur nochmal abgehört. Das war soweit okay.

Wir haben trotzdem seit dem 16.09. abends nur noch 1/4 Furotab 10mg gegeben und schon am nächsten Tag war er wie ausgewechselt, frisst aber immer noch nicht wie ohne Furotab.

Natürlich muss er das Furotab nehmen, aber macht es Sinn eine Katze auf medizinische Normwerte zu therapieren, wenn es ihm anscheinend mit weniger Furotab besser geht und vor der Behandlung sogar richtig gut?

Ich würde ihm auch gerne ein Weißdorn-Präparat für Katzen geben, habe aber gelesen, dass das bei HCM kontraindiziert ist. Der TA meint, das wäre kein Problem. Er hält aber auch nicht viel von pflanzlichen Mitteln.

Wie ist die Prognose? Noch ein paar Monate?

Vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen.
j.friederich
Beiträge: 193
Registriert: Di Jan 08, 2019 7:18 am

Re: 13-jähriger Kater mit HCM und Lungenödem

Beitrag von j.friederich »

Guten Tag,

es tut mir sehr leid von der Geschichte ihrer Katze zu hören.
Bei der Therapie mit Atenolol handelt es sich um einen Beta-Blocker, der bei einer obstruktiven hypertrophen Kardiomyopathie zum Einsatz kommt, um die Herzfrequenz zu senken und somit den Schweregrad der Obstruktion zu beeinflussen. Demzufolge kann die Erhöhung der Herzfrequenz nicht durch die Therapie mit Atenolol verursacht werden.
Eine Herzfrequenz von 180-200 Schlägen pro Minute stellt für eine Katze einen physiologischen (also normalen) Wert dar! Erst bei einer Herzfrequenz ab 240 Schlägen pro Minute spricht man von einer Tachykardie (= erhöhte Herzfrequenz).

Um ein Lungenödem adäquat zu diagnostizieren ist ein Röntgenbild des Brustkorbes auf jeden Fall sinnvoll. Jedoch sollte auch die Symptomatik des Patienten zu diesem Zeitpunkt berücksichtigt werden. Wenn die Ruhe-Atemfrequenz zu diesem Zeitpunkt unter 30 Atemzüge pro Minute beträgt und der Patient zu diesem Zeitpunkt keine Anzeichen einer Atemnot zeigt (wie beispielsweise Maulatmung oder starke Beteiligung des Bauches), ist das Vorliegen eines Lungenödems jedoch ziemlich unwahrscheinlich.
Sollte ein Lungenödem definitv vorliegen, ist eine Entwässerungstherapie (wie im Fall Ihrer Katze durch Furosemid) die Therapie der Wahl. Sollte jedoch kein definitives Lungenödem vorliegen und eine Therapie mit einem Entwässerungstherapie gestartet werden, kann dies zu einer Dehydratation führen, wodurch die Tiere folglich die Futtereinnahme einstellen.
Daher rate ich Ihnen, die adäquate Therapie Ihrer Katze nochmals mit dem behandelnden Tierarzt zu besprechen.

Da es sich bei Weißdorn um ein pflanzliches Präparat handelt und es keine adäquaten Studien dazu gibt, kann man daher keine genaue Empfehlung über den Einsatz von Weißdorn bei Herzerkrankungen der Katze aussprechen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und wünsche Ihnen und Ihrer Katze weiterhin alles Gute!

Mit freundlichen Grüßen,
Jana Friederich
Team Tierkardiologie
Dr. Jana Friederich
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
Anna
Beiträge: 4
Registriert: Mo Aug 08, 2016 11:10 am

Re: 13-jähriger Kater mit HCM und Lungenödem

Beitrag von Anna »

Guten Tag,

vielen Dank für Ihre Antwort.

Unser Kater sollte 2xtägl. 1/2 Furotab 10mg nehmen. Ihm ging es jedoch schlagartig nach Therapiebeginn schlechter (wenig Appetit und sehr ruhig, siehe 1. Eintrag). Bis dahin war er sehr aktiv.
Beim Kontrollbesuch wurde uns gesagt, wir sollen die Therapie nicht ändern. Wir sind das Risiko aber eingegangen und haben die Dosis halbiert. Damit wurde es sofort besser. Nach 1,5 Wochen haben wir unseren Kater erneut der TÄin vorgestellt. Die TÄin meinte zwar es gäbe keinen Zusammenhang zwischen seiner Verschlechterung, aber uns ist der Zufall doch etwas groß. Sie hat ihn dann auf 1xtägl. Isemid 1mg umgestellt und unserem Kater geht es sehr viel besser. Er ist wieder fast der alte.

Die TÄin wollte sich das Medikament eigentlich als Option für später lassen. Wie ich gesehen habe, ist es sehr neu auf dem Markt und soll auch bei CNI nicht angewendet werden. Welche Nachteile hat Isemid gegenüber Furotab.

Außerdem würde die TÄin gerne das Atenolol 25mg von 1/4auf 1/2 erhöhen, um den Puls (220) zu reduzieren. Senkt das nicht auch die Kontraktion herab und das Ödem verstärkt sich?

Vielen Dank.
J.Eberhard
Beiträge: 114
Registriert: Sa Jul 06, 2019 9:30 am

Re: 13-jähriger Kater mit HCM und Lungenödem

Beitrag von J.Eberhard »

Hallo!

Isemid enthält den Wirkstoff Torasemid, der aus der gleichen Wirkstoffgruppe (Schleifendiuretika) wie Furosemid (Furotab/Dimazon) stammt. Allerdings wirkt Torasemid ca. 20x stärker als Furosemid und hat eine längere Wirkdauer. Dies kann hilfreich sein bei Tieren, bei denen die Tabletteneingabe schwierig ist. Medikamente aus der Klasse der Schleifendiuretika können die Nierenfunktion beeinträchtigen. Deshalb ist insbesondere bei hohen Dosierungen oder bei Patienten mit Nierenerkrankungen Vorsicht geboten und ein Einsatz sollte wohl überlegt sein. Dennoch lässt sich der Einsatz dieser Medikamente nicht vermeiden, wenn es zu einem Lungenödem durch Herzversagen gekommen ist. In diesen Fällen sollten die Nierenwerte streng überwacht werden und die niedrigst mögliche Dosis an Entwässerung gewählt werden und individuell angepasst werden.
Außerdem sollte regelmäßig der Kaliumwert überwacht werden, da Kalium durch Furosemid und Torasemid ausgeschwemmt wird. Ein Kaliummangel kann zu Fressunlust und Apathie führen.
Ob eine höhere Dosierung an Atenolol bei Ihrer Katze nötig ist, lässt sich schwer einschätzen, ohne das Tier selbst untersucht zu haben. Wie bereits gesagt, ist eine Herzfrequenz von 220/min bei einer Katze in einer Tierarztpraxis als normal anzusehen. Eine Dosiserhöhung sollte sich demnach auch auf andere Faktoren stützen, unter anderem auch auf die Ergebnisse der Ultraschalluntersuchungen. Durch eine Ultraschalluntersuchung kann auch abgeklärt werden, ob die Kontraktionsfähigkeit des Herzens beeinträchtigt ist und ob der Einsatz von Atenolol Risiken birgt oder ein positiver Effekt zu erwarten ist. Wir empfehlen Ihnen, dies mit dem behandelnden Tierarzt zu besprechen.

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Katze alles Gute!
Anna
Beiträge: 4
Registriert: Mo Aug 08, 2016 11:10 am

Re: 13-jähriger Kater mit HCM und Lungenödem

Beitrag von Anna »

Unser 14jähriger Kater mit HCM und CNI wird bekam seit 4/18 1/4 Atenolol täglich und seit 4/20 1/4 Atenolol 2xtäglich, dazu seit 9/19 1mg Isemid 1xtäglich.

Im März 2020 hatte er bereits ein Phase, in der er sehr schlecht fraß, sich aber wieder erholt hatte. Die Nierenwerte aus April: Kreatinin u. Phosphat i.O., SDMA 14, Elektrolyte i.O Wir nehmen an, dass er unter Übelkeit litt, weil er immer mit der Pfote ans Maul ging, den Kopf schief hielt, fressen wollte, aber sich dann sehr schnell wieder nach den ersten Bissen vom Napf entfernte und auch viel kauerte. Das Mirtazapin wollten wir ihm aufgrund seiner CNI nicht geben bzw. als wir es vom TA bekamen, fraß er wieder gut.

Seit Mitte Juli frisst er erneut sehr schlecht und nimmt ständig ab, auch an Muskelmasse. Morgens vor der Tabletteneinnahme läuft er noch sehr munter herum und frisst mit Appetit, den Rest des Tages frisst er sehr schlecht, stößt oft auf und kauert häufig, trinkt viel. Nach Rücksprache mit dem TA haben wir die Medikamentendosis testweise halbiert, um die Nieren zu entlasten. Wir meinen, das bekommt ihm gut. Atmung und Puls weiter i.O.

Er nimmt ansonsten am Leben teil, muss eben nur wieder zunehmen. In dem Buch von Frau Dr. Glatzmeier habe ich gelesen, dass man im Stadium des Herzversagens gar kein Atenolol mehr geben sollte?

Kann man noch irgendetwas für ihn tun? Er hat jetzt nur noch eine Vitamin B-Spritze bekommen. Diverse Päppelfutter und Tonikum mag er nicht. Wie gesagt, er hat noch viel Lebenswillen. Wir wollen nichts unversucht lassen (neues Blutbild, Magensäureblocker?), ihn aber auch nicht unnötig dem TA vorstellen, um ihm Stress zu ersparen.

Vielen Dank!
J.Eberhard
Beiträge: 114
Registriert: Sa Jul 06, 2019 9:30 am

Re: 13-jähriger Kater mit HCM und Lungenödem

Beitrag von J.Eberhard »

Hallo,

befinden sich die Tiere in einem fortgeschrittenen Stadium einer Herzerkrankung, dann kommt es häufig zu Gewichtsabnahme und reduziertem Appetit, auch wenn Nierenwerte und Kaliumwerte in Ordnung sind. Eine optimale Therapie hierfür gibt es derzeit leider nicht: Eine Optimierung aller Umstände (Medikamentendosierung, evtl. Therapie von anderen Erkrankungen, Anpassung des Futters) kann bedingt helfen.
Wenn die Katzen ihr Futter nicht mehr mögen, darf auch gerne ein anderes Futtermittel versucht werden: letztendlich ist es besser, wenn die Katze überhaupt etwas frisst.
Unter welchen Umständen Atenolol bei Katzen mit HCM gegeben werden sollte, herrscht derzeit kein wissenschaftlicher Konsens. Manche Studien legen auch nahe, dass es zu keiner klinischen Verbesserung des Patienten führt und es gibt verschiedene Meinungen, in wie fern es die Lebenszeit verlängern kann. Atenolol sollte nicht gegeben werden, wenn die Katze im akuten Herzversagen (vorhandenes Lungenödem/Thoraxerguss) ist.

Wir wünschen Ihnen alles Gute!
Anna
Beiträge: 4
Registriert: Mo Aug 08, 2016 11:10 am

Re: 13-jähriger Kater mit HCM und Lungenödem

Beitrag von Anna »

Hallo,

vielen Dank für die Antwort.

Mein TA hat die Atenolol-Dosis schon mit Beginn des Lungenödems (9/2019) von 1/4 (25mg) täglich auf 2 mal täglich erhöhen wollen, um die Herzfrequenz zu senken und das Herz zu schonen. Seit März haben wir uns darauf eingelassen, weil die HF mittlerweile bis zu 300 betrug. Beim letzten TA-Besuch im April lag sie bei wieder bei 180 trotz Aufregung.
Unser TA hat vor drei Wochen - wenn auch widerwillig - einer Dosishalbierung zurück zu 1/4 täglich zugestimmt. Ganz absetzten möchte er es nicht. Und wir sollen vor allem die HF weiterhin überwachen. Im absoluten Ruhezustand liegt sie bei 140.

Welches Risiko gehen wir ein, wenn unser Kater das Atenolol weiter nimmt? Die kontroversen Aussagen verunsichern uns natürlich. Verstehe ich das richtig, dass das Risiko einer Thrombose bei einer höheren HF auch erhöht ist? Aber auf der anderen Seite eine geringe HF und evtl. auch eine schwächere Kontraktion zu einer Verschlimmerung des Lungenödems führen? Zumal wir die Nieren auch noch berücksichtigen müssen.

Vielen Dank und noch einen schönen Tag!
J.Eberhard
Beiträge: 114
Registriert: Sa Jul 06, 2019 9:30 am

Re: 13-jähriger Kater mit HCM und Lungenödem

Beitrag von J.Eberhard »

Hallo,

wie gesagt, ist die Studienlage bzgl. Atenolol sehr kontrovers. Es gibt unterschiedliche Resultate in Bezug auf einen möglichen positiven Effekt. In den meisten Studien wird allerdings kein negativer Effekt von Atenolol nachgewiesen. Sollte die Katze Atenolol gut vertragen, spricht zumindest aus der derzeitig wissenschaftlich belegbaren Sichtweise nichts gegen den Einsatz.
Der Einfluss von Atenolol auf die Funktion des linken Vorhofs ist derzeit ebenfalls Gegenstand fachlicher Diskussionen.
Das Risiko für eine Thrombembolie ist erhöht bei Katzen mit vergrößertem Vorhof, reduzierter Vorhoffunktion und dem Auftreten von spontanem Echokontrast. Ein Einfluss der Herzfrequenz ist nicht belegt.

Alles Gute!
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