Unerklärliche Ohnmacht

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Moderator: j.schöbel

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Macci
Beiträge: 2
Registriert: Mi Apr 21, 2021 2:03 pm

Unerklärliche Ohnmacht

Beitrag von Macci »

Guten Tag,
ich habe eine alte kleine Jack-Russel-Mix Dame, sie ist 16 Jahre alt, sehr rüstig und bewegungsfreudig.
In den letzten Wochen kommt es immer wieder zu Ohnmachten/Synkope bei Spaziergängen, sie ist noch ganz gut und schnell unterwegs. Sobald sie in die körperliche Anstrengung kommt beginnt sie zu Husten und fällt dann unmittelbar dabei um, manchmal geht Urin oder kleine Mengen Kot ab. Danach ist sie etwas verdutzt, nach einiger Zeit ist sie wieder ganz normal. Das ist jetzt schon einige Male passiert. Immer wenn die Leistung gefordert ist, versagt es. Auch bei starker Aufregung zum Beispiel Hundebegegnungen, auch schon direkt beim Tierarzt: Es sind folgende Untersuchungen gemacht worden: Herzultraschall, dabei ist sie vor Aufregung ohnmächtig geworden und das Herz ist kurz stillgestanden und hat dann wieder begonnen und relativ schnell in normalem Rhythmus weitergeschlagen. Sie hat leichte Herzgeräusche in der rechten Herzhälfte. Aber der Herzmuskel ist laut Tierarzt sehr kräftig und es sind kein Herzrhythmusstörungen zu erkennen. Es wurde ein Blutbild gemacht: Geriatrisches Blutbild sowie von den Herzentzündungswerten, darauf wurde eine leichte Anämie festgestellt, anschließend wurde noch ein differenziertes Anämieprofil gemacht. Hier wurde festgestellt, dass es kein Anzeichen für eine nicht regenerative Anämie gibt. Auch die Herzwerte blieben ohne Befund. Dazu wurde noch eine Röntgenaufnahme von Lunge Herz und Luftröhre gemacht, alles ohne Auffälligkeiten. Es wurde nun ein Antibiotikum gegeben, seit 4 Tagen um eine Entzündung auszuschießen, aber sie ist gestern wieder ohnmächtig beim Spaziergang geworden. Was kann ich noch tun? Ich bin da etwas Ratlos.
Vielen Dank schon jetzt im Voraus.
Viele Grüße Sandra
j.friederich
Beiträge: 193
Registriert: Di Jan 08, 2019 7:18 am

Re: Unerklärliche Ohnmacht

Beitrag von j.friederich »

Guten Tag,

es tut mir sehr leid von der Geschichte Ihrer Hündin zu hören.
Der Beschreibung nach klingt das wie eine sogenannte vasovagale Synkope. Hierbei kommt es bei Aufregung oder Stress zu einer Erhöhung der Herzfrequenz und des Blutdrucks. Um diesem entgegen zu wirken, wird der Nervus vagus im Körper aktiviert, welcher kompensatorisch den Blutdruck senkt. Ist dieser Nerv gereizt, wie beispielsweise durch chronischen Husten, kommt es zu einer Überstimulation und folglich fällt der Blutdruck so weit ab, dass eine Synkope daraus resultiert. Optimalerweise wird ein Langzeit-EKG während diesen Episoden durchgeführt, um die Diagnose zu verifizieren.
Therapeutisch sollten Medikamente gegeben werden, die eine Überstimulation dieses Reizes unterdrücken, wie beispielsweise Theophyllin. Dies bitte ich jedoch mit dem behandelnen Tierarzt genauer zu besprechen.
Alternativ können auch Rhythmusstörungen vorliegen, welche die Synkopen auslösen können. Hierbei sollte zwischen tachykarden (sehr schnellen) oder bradykarden (sehr langsamen, wie beispielsweise AV-Blöcke) Rhythmusstörungen unterschieden werden. Da diese Rhythmusstörungen auch intermittierend auftreten können, wird ebenfalls ein Langzeit-EKG empfohlen.

Wir wünschen Ihnen und Ihrer Hündin weiterhin alles Gute!
Dr. Jana Friederich
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
Macci
Beiträge: 2
Registriert: Mi Apr 21, 2021 2:03 pm

Re: Unerklärliche Ohnmacht

Beitrag von Macci »

Vielen Dank für die schnelle und sehr hilfreiche Antwort.
Mir wurde heute noch Karsivan gegeben. Das ich nach der Behandlung mit Kortison und Antibiotikum beginnen soll.
Ein Langzeit-EKG habe ich erfragt, die Tierärzte möchten das Intern erst noch abstimmen.
Nun stellt sich die Frage, soll ich das Karsivan geben?
Ich werde darauf drängen ein Langzeit-EKG durchzuführen.
j.friederich
Beiträge: 193
Registriert: Di Jan 08, 2019 7:18 am

Re: Unerklärliche Ohnmacht

Beitrag von j.friederich »

Guten Tag,

Karsivan kann unterstützend bei alten Patienten gegeben werden, da dadurch die Durchblutung gefördert wird.
Sollten Sie sich jedoch für eine Therapie der Synkopen mit Theophyllin entscheiden, wird von einer Kombination beider Medikamente abgeraten, da dies zu einem starken Blutdruckabfall führen kann. Daher wird bei Synkopen der alleinige Einsatz von Theophyllin empfohlen.
Dr. Jana Friederich
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
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