Vetmedin und DCM

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Moderator: j.schöbel

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katel
Beiträge: 11
Registriert: Sa Sep 27, 2008 7:46 pm

Vetmedin und DCM

Beitrag von katel »

Sehr geehrte Damen und Herren der Tierkardiologie,

bei dem Bruder meines 15 Monate alten Dobermann Rüden wurde DCM diagnostiziert.Die Besitzer gingen wegen eines Ohnmachtsanfalls zum Tierarzt.
Natürlich verstehen Sie nun meine Sorge um meinen Hund,denn er kann die Krankheit auch haben.
Sicherlich werde ich auch in den nächsten Wochen bei Ihnen vorstellig werden.
Nun aber meine Frage.
Ich habe vor 4 Jahren einen Dobermann an DCM verloren,er bekam damals Vetmedin und diverse andere Medikamente.
Haben Sie auch Hunde in Ihrer Studie die dieses Medikament nicht nehmen?
Ich habe gelesen das der Wirkstoff im Vetmedin beim Menschen schwere Herzrhytmusstörungen und plötzlichen Herztod verursachen kann und deswegen wird es nur Japan als Humanarznei zugelassen.
Ich als Laie verstehe nicht welchen Unterschied es zwischen Hundeherz und Menschenherz gibt zumal beide die selbe Aufgabe erfüllen müssen.
Ich hoffe Sie können mir meine Fragen beantworten.
Vielen Dank,mfg Katrin
J.Simak
Beiträge: 400
Registriert: Mo Okt 16, 2006 11:26 am

Re: Vetmedin und DCM

Beitrag von J.Simak »

Hallo,

nach einer ganz neuen Studie aus England (Protect-Studie) verlängert Pimobendan (Vetmedin) beim Dobermann mit systolischer Dysfunktion aufgrund von DCM (Pumpschwäche des Herzens) die Zeit bis zum kongestiven Herzversagen (bis sich das erste Mal Flüssigkeit in die Lunge, den Brustkorb oder den Bauch zurückstaut). Beim Hund gibt es keinen erwiesenen Zusammenhang zwischen Arrhythmien oder dem plötzlichen Herztod und Vetmedin. Medikamente werden von unterschiedlichen Spezies unterschiedlich vertragen. Z. B. bekommen Hunde und Katzen oft schwerwiegende Nebenwirkungen von beim Menschen gut verträglichen Schmerzmitteln und Entzündungshemmern (z. B. Ibuprofen, ...).

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Julia Simak
Team Tierkardiologie&&Medizinische Kleintierklinik&&Universit
Spitzenhund
Beiträge: 21
Registriert: Mi Dez 30, 2009 12:10 pm

Re: Vetmedin und DCM

Beitrag von Spitzenhund »

Guten Tag Frau Dr. Julia Simak,

"Beim Hund gibt es keinen erwiesenen Zusammenhang zwischen Arrhythmien oder dem plötzlichen Herztod und Vetmedin".

Wie ist Ihrer Ansicht nach folgende Aussage bezüglich "Pimobendan und plötzlicher Herztod" auf der Website von MSD-Tiergesundheit /Intervet (Hersteller von Dimazon) zu beurteilen? Gibt es denn mittlerweile Entwarnung, dass Hunde diesbezüglich definitiv anders reagieren als Menschen?

Herzerkrankungen beim Hund
"Pimobendan grenzt sich damit von den reinen Phosphodiesterase-Hemmern (z.B. Milirinon) ab, die eine Zunahme der intrazellulären Ca-Konzentration bewirken. Durch den Ca-Anstieg nimmt der Energiebedarf des Myokards zu, wodurch das Risiko eines plötzlichen Herztodes steigt (Poulsen Nautrup et al. 1998)."

http://www.msd-tiergesundheit.de/news/f ... rapie.aspx

(Anmerkung: Frau Prof. Dr. med. vet. Cordula Poulsen Nautrup ist Lehrstuhlinhaberin für Tieranatomie.)
Viele Gr
J.Simak
Beiträge: 400
Registriert: Mo Okt 16, 2006 11:26 am

Re: Vetmedin und DCM

Beitrag von J.Simak »

Hallo,

Frau Prof. Poulsen Nautrup ist mir natürlich bekannt.
Beim aufmerksamen Lesen dieses Beitrages bezieht sich die erhöhte intrazelluläre Ca-Kozentration vor allem auf die reinen PDE-Hemmer wie z. B. Milrinon und nicht auf Ca-Sensitizer wie z. B. Pimobendan. Mit Ihnen die genaue Pharmadynamik der einzelnen Herzmedikemante zu diskutieren führt zu weit, gerne können Sie sich an die Pimobendan produzierenden Pharmafirmen wenden um alle Informationen zu Pimobendan und alle Ergebnisse aller Studien zu besprechen.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Julia Simak
Team Tierkardiologie&&Medizinische Kleintierklinik&&Universit
Spitzenhund
Beiträge: 21
Registriert: Mi Dez 30, 2009 12:10 pm

Re: Vetmedin und DCM

Beitrag von Spitzenhund »

Hallo Frau Dr. Simak,

vielen Dank für Ihre Empfehlung, diesbezüglich die Pimobendan produzierende Pharmafirma zu befragen. Folgende Informationen bezüglich Vetmedin werden von Böhringer Ingelheim publiziert (Copyright 2012):

http://www.bi-vetmedica.com/content/dam ... _label.pdf

Tabelle 1 veranschaulicht die erhöhte Todesrate von DCM-Hunden unter Vetmedin (16 von 49 Probanden) im Vergleich zur Kontrollgruppe (10 von 50 Probanden) im Verlauf einer 56-Tages-Studie.

Tabelle 3 zeigt die negative Auswirkung von Vetmedin auf gesunde Versuchshunde (Beagles), bei denen innerhalb von 6 Monaten diverse Anzeichen für Herzerkrankungen auftraten.

Hieraus resultiert die Warnung des Herstellers, nur Hunde mit klinischen Anzeichen für Herzversagen mit Vetmedin zu behandeln.

Es ist verständlich, dass private Hundebesitzer, die bereits einen geliebten Hund im möglichen Zusammenhang mit einem Herzmedikament verloren haben, dankbar für umfangreiche Informationen sind, zumal man eine begonnene Herzmedikation kaum mehr absetzen kann.
Viele Gr
p.holler
Beiträge: 390
Registriert: Mo Aug 01, 2011 9:03 am

Re: Vetmedin und DCM

Beitrag von p.holler »

Hallo,
mannigfaltige Information ist zu begrüßen, jedoch sollten die Quellen auch kritisch bewertet werden. Falls Studien oder Fachinformationen diskutiert werden, muss auch auf die entsprechende Genauigkeit und den Hintergrund geachtet werden. Ansonsten können keine Schlüsse gezogen werden, bzw. ist dies nicht auf professionellem Niveau vertretbar.

Vetmedin zielt primär nicht auf eine Heilung ab (dies ist bisher leider nicht möglich bei einer Endokardiose oder DCM), sondern auf eine Verlängerung der Überlebenszeit (hierfür wurden bereits einige Studien zitiert im Rahmen der anderen Threads).

Bezugnehmend auf Ihre Beschreibung der ersten Tabelle - die Tiere sterben nicht am Medikament, sondern am Kongestiven Herzversagen (CHF). Dies liegt in der progressiven Natur der Erkrankungen. Dies steht auch nicht im Widerspruch zu anderen Studien die bestätigen, dass Vetmedin die Überlebenszeit verlängert, da es sich bei zeitliche Angaben bezüglich der Überlebenszeit zumeist um die mittlere Uberlebenszeit handelt. 

Und Tabelle 3 zeigt vor allem die Nebenwirkungen bei 3-5 facher Überdosierung des Medikaments, bzw. wird auch darauf hingewiesen, dass keiner dieser Hunde Anzeichen für Herzversagen entwickelte oder es Mortalität gab.

Dahingehend kann wiederum nur vor pauschalen Antworten gewarnt werden.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Peter Holler
[font=Verdana]Diplomate ACVIM Cardiology
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universit
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