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Die restriktive Kardiomyopathie (RCM) bei Katzen

Prof. Dr. Gerhard Wess

Dipl. ECVIM-CA (Innere Medizin), Dipl. ECVIM-CA (Kardiologie), Dipl ACVIM (Kardiologie)

Leiter der Abteilung für Tierkardiologie der Medizinischen Kleintierklinik der LMU München

Was ist eine restriktive Kardiomyopathie?

Kardiomyopathie bedeutet übersetzt Herzmuskelerkrankung. Die Restriktive Kardiomyopathie (HCM) ist eine Erkrankung, welche durch eine Versteifung des Herzmuskels gekennzeichnet ist. Da diese Erkrankung auf Englisch "restrictive cardiomyopathy" heißt, wird sie auch im Deutschen als RCM oder RKM bezeichnet. Da der gesamte Herzmuskel, oder aber auch nur Teilabschnitte versteift ist, kann sich das Herz nicht mehr ausreichend mit Blut füllen, worauf es zu einem Rückstau in die linke und rechte Vorkammern (Vorhöfe) und anschließend in den Lungenkreislauf oder die Körperhöhle (Bauchraum/Brusthöhle) kommt. Die Bildung von Lungenödemen (Flüssigkeit in der Lunge), Pleuralerguss (Flüssigkeit in der Brusthöhle) oder von Aszites (Flüssigkeit in der Bauchhöhle) ist die Folge.

 

Welche Katzen erkranken an restriktiver Kardiomyopathie?

Die RCM gehört zu den relativ häufig diagnostizierten erworbenen Herzerkrankung bei Katzen. Es sind jedoch keine Rasseprädispositionen bekannt. Auch viele nicht-Rassekatzen, wie die Hauskatze, sind von dieser Erkrankung betroffen.

 

Was sind die Ursachen für restriktive Kardiomyopathie?

Bei der restriktiven Kardiomyopathie kommt es zu Bindegewebseinlagerungen in den Herzmuskel, wodurch sich dieser versteift. Die genaue Ursache dafür ist unbekannt. Gelegentlich entwickeln Katzen mit einer hypertrophen Kardiomyopathie im Verlauf der Erkrankung ein restriktives Muster, oder wandeln sich zu einer RCM um.

 

Welche Krankheitsanzeichen kann man erkennen?

Die Erkrankung ist für den Besitzer im Anfangsstadium, wenn überhaupt, nur sehr schwierig zu erkennen. Katzen zeigen im Gegensatz zu Hunden selten typische Anzeichen einer Herzerkrankung, wie Husten oder Leistungsschwäche.

In fortgeschrittenen Stadien kommt es oft zu Atemnot, welche sich häufig durch Hecheln zeigt. Dies kann ein Warnsignal sein, welches immer durch einen Tierarzt abgeklärt werden sollte.

Weitere hinweisende Symptome für eine Herzerkrankung sind:

  • mangelnder Appetit
  • vermehrtes Schlaf- und Ruhebedürfnis
  • deutlich nachlassende Spielfreude und Belastbarkeit        
  • beschleunigte Atmung mit Bauchpresse
  • Atmen/Hecheln durch den offenen Fang nach Belastung
  • bläuliche Schleimhäute
  • tastbar/sichtbar beschleunigte Herzfrequenz         
  • unklare Umfangsvermehrung des Leibes durch Wasseransammlung

 

Nachhandlähmungen können für eine Thrombosierung sprechen, Husten gehört zu den eher seltenen Symptomen, während er bei Hunden und Menschen zu den Frühwarnzeichen der Herzinsuffizienz gehört.

 

Wie wird eine RCM diagnostiziert?

Die tierärztliche Untersuchung:

Der erste Schritt ist die tierärztliche Untersuchung. Die Untersuchung umfasst neben der klinischen Allgemeinuntersuchung, das Abhören von Herz und Lunge. Hinweise auf eine Herzerkrankung sind Herzgeräusche, von denen es allerdings harmlose und solche gibt, die durch eine hypertrophe Kardiomyopathie (und nur selten bei einer restriktiven Kardiomyopathie) entstehen. Leider lassen sich diese Herzgeräusche nur durch einen Herzultraschall voneinander unterscheiden, so dass das Vorliegen eines Herzgeräusches immer durch einen Herzultraschall weiter abgeklärt werden sollte. Viele Katzen mit RCM haben aber keine Herzgeräusche!!!

Zusätzlich können Katzen mit RCM auch Rhythmusstörungen haben, oder einen sogenannten Galopprhythmus entwickeln.

Das EKG:

Das EKG gibt nicht nur Aufschluss über die Höhe der Frequenz (>200 Herzschläge pro Minute sind verdächtig für eine Kardiomyopathie), sondern auch über Art und Häufigkeit von Herzrhythmusstörungen. Ein EKG sollte immer dann angefertigt werden, wenn beim Abhören der Katze Rhythmusstörungen, wie zusätzliche Herzschläge, Pausen oder ein Galopprhythmus entdeckt wurden.

 

Das Röntgen:

Röntgenbilder können eine Vergrößerung des Herzens, sowie evtl. bereits Anzeichen eines Stauungsergusses in den Brustkorb, oder Wasser auf der Lunge (Lungenödem) zeigen. Diese Veränderungen sind in der Regel nur im bereits fortgeschrittenen Krankheitsstadium zu erkennen.

Da bei der RCM nur eine Muskelversteifung auftritt, und die Herzkammern selbst normal groß sind, kann diese Vergrößerung im Röntgenbild oft nicht erkannt werden. Im Gegensatz dazu sind die beiden Vorhöfe oft stark vergrößert, was im Röntgenbild gelegentlich zu erkennen ist. Das Röntgenbild gibt jedoch wertvolle Hinweise zur Beurteilung des Lungenfeldes und für die Differenzialdiagnostik (Ursachenabgrenzung für das Symptom).

 

Diagnose durch Echokardiographie- Herzultraschall:

Die endgültige Diagnose kann nur mittels eines Herzultraschalls gestellt werden.

Typischerweise sind bei der RCM beide Ventrikel (Herzkammern) weder dilatiert, noch hypertrophiert, es liegen keine Klappeninsuffizienzen vor und dennoch sind beide Vorhöfe (oder seltener nur einer) stark dilatiert. Um eine korrekte Diagnose einer restriktiven Kardiomyopathie stellen zu können, sollte eine spezielle Ultraschalluntersuchung, die sogenannte Gewebedoppler Untersuchung durchgeführt werden. Dies ist bisher nur mit modernen Ultraschallgeräten möglich. Mit dieser Methode kann erkannt werden, ob sich das Herz in der Diastole normal, oder nur verzögert ausdehnt, also ein restriktives Muster hat.

 

Beispiel eines Gewebedoppler Herzultraschalles von einer Katze

Die beiden diastolische Wellen e' und a' sind deutlich verkleinert, was typisch ist für ein restiktives Gewebedoppler Muster

 

Deshalb ist die Echokardiographie, die Ultraschalluntersuchung des Herzens, die diagnostische Methode der Wahl. Mit Hilfe des ein- und zweidimensionalen Echokardiogramms kann der erfahrene Untersucher genaue Aussagen zu den kardialen Kammer- und Herzwanddimensionen sowie der Muskelkontraktilität und Auswurfleistung machen.

Die Dopplermethode ermöglicht darüber hinaus die Bestimmung der Blutflussrichtung und -geschwindigkeit und ist damit in der Diagnostik von Herzgeräuschen von unschätzbarem Wert.

Die Echokardiographie bietet zudem als einzige Methode die Möglichkeit, die prognostisch äußerst ungünstige Thrombenbildung in den Vorhöfen zu erkennen. Mit Hilfe der Echokardiographie können die felinen Kardiomyopatien, wie hypertrophische, dilatative und restriktive (intermediäre und nicht klassifizierte) Kardiomyopathien voneinander unterschieden werden.

 

Was ist eine Thromboembolie?

Ein gefürchtete Komplikation bei Katzen stellt die Bildung von Blutgerinnseln im linken Vorhof dar. Hierbei besteht die Gefahr, dass einzelne Teile des Gerinnsels abgeschwemmt und damit bestimmte Blutgefäße verstopft werden. Die am häufigsten beobachtete Lokalisation für diese sog. Thrombembolien stellen die Oberschenkelarterien dar.

Oftmals schreien die Katzen auf und können eines oder beide Hinterbeine nicht mehr bewegen. Thrombembolie äußert sich in einer schlaffen Lähmung einer oder beider Hintergliedmassen. Es handelt sich hierbei um einen extrem schmerzhaften, sowie prognostisch ungünstigen Prozess.

Wenn solche Symptome auftreten, ist schnellsten ein Tierarzt aufzusuchen, da durch eine frühzeitige Therapie diese Thromben aufgelöst werden können.

 

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Zunächst entscheidet Ihr Kardiologe anhand der gesammelten Befunde, ob eine Behandlung notwendig ist oder nicht. Ist eine Therapie unumgänglich, werden in der Regel im fortgeschritten Fall, wenn die Katze einen Pleuralerguss oder ein Lungenödem hat, mit Entwässerungsmedikamenten (Diuretika) und einem ACE-Hemmer behandelt. Daneben werden Herzfrequenz senkende Medikamente (in der Regel Beta-Blocker oder Kalzium-Kanal Blocker) verabreicht, wenn Herzrhythmusstörungen vorliegen. In einigen Fällen wird zudem Pimobendan verabreicht.

Um die gefürchteten Thromboembolien zu vermeiden, werden gelegentlich Aspirin, Warfarin u.a. Medikamente eingesetzt. Allerdings sind diese nicht sehr erfolgreich in der Vermeidung von Throboembolien. Das momentan beste Medikament ist ein „Clopidogrel“, welches in Tablettenform verabreicht werden kann.
Daneben gibt es das "Low-molecular-weight" Heparin, was aber täglich vom Besitzer gespritzt werden muss. Da die Injektionen mit einer Insulinspritze unter die Haut gegeben werden, ist dies für die Katze nicht schmerzhaft und kann deshalb vom Besitzer durchgeführt werden.

Bei Katzen gibt es keine Standardtherapie für RCM, sondern die Therapie wird auf das jeweilige Tier, das Stadium der Erkrankung, sowie speziellen Erwägungen zufolge auf den einzelnen Patienten hin zugeschnitten.

 

Wie ist die Prognose?

Die Prognose ist abhängig vom Schweregrad Erkrankung, auftretenden Komplikationen, sowie vom Ansprechen des Tieres auf die Medikamente. Gerade Katzen reagieren beim letztgenannten Punkt sehr individuell, was eine genaue Prognosestellung unmöglich macht. Das Auftreten von Thrombembolien ist ein prognostisch überaus ungünstiges Zeichen.