Befürchtete Wechselwirkungen ACE-H.+Diuretika

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Moderator: j.schöbel

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Lanova
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Registriert: So Aug 11, 2013 8:10 pm

Befürchtete Wechselwirkungen ACE-H.+Diuretika

Beitrag von Lanova »

Unserer 10jährigen Dogge sind neben Vetmedin auch  Dimazon, Vasotop und Prilactone zur täglichen Einnahme verordnet worden. Die 3 Letzteren Mittel gibt es auch mit gleichem Wirkstoff (nur unter anderen Namen) in der Human-Medizin.
Nun habe ich die Beipackzettel Vet. / Humanmed. miteinander verglichen. Dabei fiel mir auf, daß in allen Humanmed.-Beipackzetteln die gleichzeitige Applikation von Diuretika mit ACE-Hemmern sehr kritisch gesehen, ja sogar quasi gewarnt wird vor allerlei großen Risiken bis zum plötzlichen Nierenversagen.
Auf den Beipackzetteln der wirkstoffgleichen Vet.-Medizin sind solch massive Warnungen so gut wie nicht vorhanden.
Meine Frage an die Experten ist nun, ob es so gravierende Unterschiede in der Mensch- / Tieranwendung gibt, oder geht es mehr um juristische Absicherungs-Hintergründe?
Selbst wenn Letzteres der Fall ist, sollte man da nicht besser auch beim Hund eine Nutzen-/Risiko-Abwägung vornehmen, ehe man alles zusammen (auch noch hoch dosiert) anwendet?
Dann hätte ich noch die Frage, ob ACE-Hemmer durch die Blutdrucksenkung die Nierenfunktion eher reduzieren, also die Diuretika-Auswirkungen teilweise kompensieren?
Unser Hund hat akut keine Ödeme, auch keinen Husten, und die Atemfrequenz liegt im Schlaf bei 20/min.
Sollte man da wirklich zusammen zur gleichen Zeit 2 Diuretika und 1 ACE-Hemmer anwenden? Ich habe die Sorge, daß da mittel- bis langfristig mehr Schaden als Nutzen entsteht.
Vielen Dank im voraus für Rat und Unterstützung!!!
Lanova
Beiträge: 16
Registriert: So Aug 11, 2013 8:10 pm

Re: Befürchtete Wechselwirkungen ACE-H.+Diuretika

Beitrag von Lanova »

Noch eine Zusatzfrage hat sich ergeben:
Kann eine Wasser-Retention nur alleine im Rahmen einer US-Doppler-Untersuchung festgestellt werden, auch wenn kein Ödem vorhanden ist. Kein Husten und niedrige Atemfrequenz liegen vor.
Es wurde in diesem Fall trotzdem eine Tagesdosis von insgesamt 320mg(!) Dimazon empfohlen.
p.holler
Beiträge: 390
Registriert: Mo Aug 01, 2011 9:03 am

Re: Befürchtete Wechselwirkungen ACE-H.+Diuretika

Beitrag von p.holler »

Hallo,

bitte haben Sie Verständnis, dass aus der Ferne ohne die genauen Befunde vorliegen und das Tier selbst untersucht zu haben, keine Empfehlung über die optimale Medikation gegeben werden kann.

Ob sog. kongestives Herzversagen vorliegt oder nicht, wird bei einem Rückstau in die Lunge mittels Röntgenbild festgestellt. Manchmal kann sich jedoch auch freie Flüssigkeit im Brustkorb oder im Bauchraum ansammeln, was wiederum auch mittels Ultraschall detektiert werden kann.
Unter Umständen hat hier Tierarzt auch eine bereits so weit fortgeschrittene Erkrankung festgestellt, die vermuten lässt, dass die symptomatische Phase unmittelbar bevorsteht und eben deshalb mit der Medikation begonnen.

Generell ist es so, dass keine Studien vorhanden sind, die besagen, dass eine prophylaktische Gabe eines ACE-Inhibitors und eines entwässernden Medikamentes (Diuretikum) zu einer Verlangsamung der Erkrankungsprogression führt. Dahingehend wird diese Medikation zumeist erst nach Auftreten der ersten Anzeichen für Dekompensation verabreicht. Es gibt jedoch auch Ausnahme wie eingangs erwähnt, wenn die symptomatische Phase unmittelbar bevorsteht.

Seit kurzem gibt es Erkenntnisse (zumindest beim Dobermann - Protect Studie, 2012), dass die Gabe von Vetmedin (Wirkstoff Pimobendan) bereits in der okkulten (also klinisch unauffälligen) Phase bei einer Dilatativen Kardiomyopathie zu einer Verlangsamung der Progression führt. Basierend auf dieser Studie vermutet man auch Doggen ähnliches.
Ab dem Auftreten von klinischen Symptomen wird eine mittlere Überlebenszeit von ca 6-9 Monaten beschrieben.

Bezüglich der Verwendung von humanmedizinischen Präparaten ist es für Tierärzte verboten diese zu verschreiben, wenn veterinärmedizinische Präparate vorhanden sind, da sich Studien eben auf diese beziehen. Außerdem handelt es sich bei den humanmedizinischen Präparaten oft um Kombinationspräparaten, bzw. haben andere Trägerstoffe, was die Wirkung unvorhersehbarer macht.

Bei Tieren ist die blutdrucksenkende Wirkung eines ACE-Inhibitors sehr gering - hierdurch versucht man eher chronische Kompensationsmechanismen zu reduzieren und auch das Herz zu entlasten und damit einen verbesserten Herzauswurf und letztlich auch Versorgung des Körpers zu gewährleisten. Natürlich muss die Gabe engmaschig durch die Kontrolle der Nierenwerte und der Elektrolyte überwacht werden, gerade  in Kombination mit entwässernden Medikamenten.
Ein nicht zu vernachlässigender Faktor ist auch der Unterschied zwischen der Dauer der Medikation bei Mensch und Tier - oftmals werden ACE-Inhibitoren bei Menschen über Jahre Verabreicht, diese Dauer stellt sich bei Tieren deutlich kürzer dar.
Natürlich kann jedes Medikament unerwünschte Nebenwirkungen haben, diese können aber durch die enge Zusammenarbeit mit dem Tierarzt so gering als möglich gehalten und auch frühzeitig erkannt werden.

Bei etwaigen Fragen kann Ihnen Ihr Tierarzt sicher gerne weiterhelfen - dieser hat alle Daten vorliegen und kann Ihnen den Grund für Entscheidungen optimal darlegen. Nur so kann man eine optimale Versorgung gewährleisten.

Mit freundlichen Grüßen und nur das Beste für Ihre Dogge  :)

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Peter Holler
[font=Verdana]Diplomate ACVIM Cardiology
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universit
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