Nebenwirkungen von Herzmedikamenten

[Fido]

Vor 3 Monaten wurde bei meinem Kater Pauli eine Hyperthyreose und eine HCM diagnostiziert. Gegen die Hyperthyreose wurde er in Gießen einer Radiojodtherapie unterzogen. Der T4-Wert liegt jetzt, nach der ersten Kontrolluntersuchung, bei 1,2 (vorher 5,5). Auch alle anderen Werte lagen im Normbereich. Der nächste Kontroll-Herzultraschall soll Anfang Juni erfolgen. An Medikamenten erhält er pro Tag 1/4 Atenolol 25 mg, 3/4 Ramipril 125 mg und 1/4 Plavix 75 mg.

Seit ca. 2 Wochen beobachte ich bei ihm fast manische Leckattacken, mit der Folge, dass er sehr viel Haarballen erbricht. Jetzt am Wochenende wurde es ganz extrem. Von Freitag nachmittag an hat er sich ständig übergeben, so dass ich am Sonntag notfallmäßig mit ihm in eine hiesige Tierklinik fahren musste. Es wurde eine Gastritis  diagnosiziert und er erhielt MCP als Injektion (worauf er mt heftigen Nebenwirkungen wie Aggression, Unruhe, Koordinationsstörungen etc. reagierte). Nachdem sich die Magenproblematik am gestrigen Montag gebessert hatte und er auch wieder seine Medikamente und Futter vertragen hat, erbricht er seit heute nachmittag wieder permanent. An Tabletteneingabe bzw. Futter ist wieder nicht zu denken.

Meine Frage: Können die Leckattacken (und in deren Folge das Erbrechen) in Zusammenhang mit beispielsweise dem Plavix stehen? Da Pauli sich in erster Linie an den Beinen und Pfoten leckt und in die Ballen beißt, äußerte die Notfalltierärztin, die nach eigenem Bekunden aber keine Erfahrung mit Plavix hat, die Vermutung. Auch meine Haustierärztin kennt sich damit nicht aus. 

Oder könnte es eine allergische Reaktion auf eines der anderen Medikamente sein? Ich weiß mir keinen Rat.

Danke für Ihre Einschätzung .

Mit freundlichen Grüßen
Fido

[Kienhoefer]

Hallo,

Wir setzten regelmäßig Clopidogrel ( Wirkstoff von Plavix), Atenolol und Ramipril ein und wir hatten noch keine Katze die auf diese Medikamente deratrig reagiert hat.
In der Humanmedizin ist Juckreiz als Nebenwirkung von Clopidogrel beschrieben, aber dies bedeutet nicht, dass dies auf Katzen übertragbar ist.
Leckatacken können bei Katzen auch sehr viele verschiedne Ursachen haben.
Da ich annehme, dass sie die Medikamente seit 3 Monaten geben und diese Lecksttacken erst seit ca. 2 Wochen auftreten ist ein Zusammenhang mit den Medikamenten eher unwahrscheinlich.

Mit freundlichen Grüßen
Juliane Kienhöfer

[Fido]

Zunächst herzlichen Dank für Ihre Antwort. Die Diagnose und damit auch die Medikamentenverordnungen erfolgten nicht von einen Tag auf den anderen. Der erste Verdacht auf eine Herzerkrankung und evtl. Wasser auf der Lunge ergab sich am 11. Januar aus einem Röntgenbild meiner Haustierärztin, das ich neben  einem großen Blutbild anlässlich einer Zahnsanierung erbeten hatte, weil ich einfach ein "ungutes" Gefühl hatte. Daraufhin erfolgte die Verordnung von Ramipril. Im Anschluss  daran wurde Pauli am 06.02. kardiologisch mit Herzultraschall untersucht. Der Anfangsverdacht wurde bestätigt und zusätzlich Atenolol verordnet. Am 18.02. bestätigte sich nach einer Kontrollblutuntersuchung der Verdacht auf Hyperthyreose. Der stationäre Klinikaufenthalt mit Radiojodtherapie, wo natürlich auch kardiologische Untersuchungen durchgeführt wurden, erfolgte Ende Februar bis zum 06. März. Das Plavix war das letzte Medikament, was zu den anfänglichen Medikamenten, die er gut vertragen hat, hinzu kam.

Natürlich zeigte Pauli nach dem langen Krankenhausaufenthalt mit Isolationshaft zunächst verändertes Verhalten. Auch Lecken, was wir aber zunächst auf Stress bzw. seinen veränderten Hormonhaushalt zurückgeführt haben. (Es war ja auch so, das ich seine Ausscheidungen noch 14 Tage nach der Entlassung separat entsorgen musste...).  Das anfängliche Lecken habe ich wie gesagt noch auf Stress und die zurückliegende Schilddrüsenbehandlung zurückgeführt. Und irgendwie ist man in dieser neuen Situation als Katzenmutter nur noch darauf fixiert, die Pillen in  den Kater zu bekommen. Dass sein Lecken manisch wurde, habe ich, aber leider auch die Tierärzte, zu spät realisiert.

Ich bin mir bewusst, dass allergische Reaktionen viele Ursachen haben können, mag sein, dass Plavix nicht die Ursache ist. Aber es ist das Medikament, was erst vor kurzem hinzugekommen ist.

Pauli scheint ein Sensibelchen zu sein. Im letzten Jahr hat er auf ein Zecken- Spot-On ganz extrem reagiert, und am Wochenende noch auf dies MCP. Ich versuche ja nur, den "Übeltäter" für seinen jetzigen ganz armseligen Zustand einzugrenzen und vielleicht  eine Alternative zu finden. Denn inzwischen hat er sich überall blutig gekratzt und kotzt ohne Ende...

Immer noch hilflos und traurig

Fido

[P.Renz]

Hallo Fido,

Wie meine Kollegin Schon angesprochen hat, halten wir den Juckrreiz von Pauli als Nebenwirkung des Clopidogrels  für unwahrscheinlich. Wir würden Ihnen empfehlen Pauli vielleicht mal von einem Dermatologen anschauen zu lassen. Es ist gut möglich, dass Pauli noch eine andere Erkrankung hat, die vielleicht den Juckreiz erklären würde.

Alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen
Patricia Renz
Tierärztin
Abteilung für Kardiologie

[Fido]

Danke für Ihre guten Wünsche und Ihre Anregung, Pauli beim Dermatologen vorzustellen. Natürlich habe ich daran auch schon gedacht.

Von der Uni Gießen, die ich ebenfalls angeschrieben hatte, habe ich inzwischen folgende Antwort erhalten: "Ich habe mich mit den Kollegen aus der Kardiologie besprochen. Bis zum jetztigen Zeitpunkt haben wir noch keine Parästhesien (Kribbeln) bei unseren Hunde- und Katzenpatienten, die wir mit Plavix behandeln, beobachten können. Da dies jedoch eine seltene Nebenwirkung bei einigen Menschen ist, raten wir dazu Plavix abzusetzen und Pauli auf Aspirin 100 mg umzustellen. Hiervon sollte er in Zukunft 2 x wöchentlich 1/4 Tablette bekommen. "

Pauli hat gestern noch eine Kortisonspritze bekommen, die das Lecken/Kratzen und damit auch das Erbrechen schlagartig zum Stillstand gebracht hat. Das verschafft uns gottlob ersteinmal etwas Ruhe. Ab morgen werde ich mit Aspirin beginnen. So werden wir wahrscheinlich im Laufe der nächsten Woche, wenn das Kortison-Depot erschöpft ist, schnell feststellen, ob auch unter dem Asprin die  Leckerei wieder losgeht. Und dann weitersehen.

Natürlich bin ich erstmal froh, dass der Pauli durch das Kortison jetzt sichlich zur Ruhe kommt, aber meine Unsicherheit ist durch die unterschiedliche Beurteilung von LMU und Gießen nicht gerade kleiner geworden. Aber da müssen wir durch, der Pauli und ich....

Wenn ich darf, würde ich gerne berichten, wie Geschichte sich weiter entwickelt.

Herzlich grüßen

Fido und Pauli

[Kienhoefer]

Hallo,

die Beurteilung von LMU und Gießen geht genau gesehen nicht so weit auseinander.
Beschrieben sind deratige Nebenwirkungen in der Humanmedizin und natürlich kann man nie mit 100% Sicherheit sagen ob diese Nebenwirckungen bei einem einzelnen Tier nicht doch auch auftreten könnten, aber es ist sicher nichts Häufiges.

Wir sind auch sehr gespant wie es mit Pauli weitergeht und freuen uns wenn sie uns über den weitern Verlauf informieren.

Noch eine kleine Anmerkung nebenbei. Durch die Gabe von Kortison kann es vermerhrt zu Wassereinlagerungen kommen, daher sollte vor allem bei Katzen mit hochgradig fortgeschrittenen Herzerkrankungen nur so viel wie eben nötig gegeben werden und in der Zeit vermehrt auf Zeichen von Dekompensation wie eine schneller Atemfrequenz geachtet werden.

Wir drücken die Daumen, dass sich damit Paulis Leckattacken erledigt haben.

Mit freundlichen Grüßen
Juliane Kienhöfer

[Fido]

Sehr geehrte Frau Kienhöfer,

Sie haben Recht, dass die Einschätzungen der LMU und Gießen nicht weit auseinanderliegen. Beiden sind eine allergische Reaktion von Katzen auf Plavix nicht bekannt. Der Unterschied liegt m.E. im Vorschlag, wie wir weiter vorgehen könnten. Die LMU regt einen Besuch beim Dermatologen an, Gießen rät zum Absetzen von Plavix. Da steht man als Katzenbesitzerin, die einfach nur möchte, dass das Leid so schnell wie möglich beseitigt wird, einfach nur rat- und ziemlich hilflos da. Wie dem auch sei. Ich habe Plavix abgesetzt.

Heute ist nun der 5. Tag nach der Kortisonspritze. Pauli kratzt und leckt sich seither nicht mehr wie manisch (er putzt sich normal), er hat nicht ein einziges Mal seither erbrochen, er ist ruhig, entspannt, frisst mit Appetit. Das ist ersteinmal wunderbar!

Das Aspirin hat er erstmalig am Freitag und heute morgen wieder bekommen. Nebenwirkungen habe ich keine bemerkt.

Ich habe natürlich auch noch einmal in meinem Gedächtnis gekramt. Nachdem ich Pauli Anfang März nach der Radiojodtherapie nachhause geholt habe, ist mir sehr bald seine häufige Leckerei aufgefallen. Anfangs habe ich es auf den Stress zurückgeführt, den er mit Sicherheit in der Klinik hatte. Ich habe auch meine TÄ darauf angesprochen, die  nicht ausschließen wollte, dass er sich noch Radiojodrückstände "weglecken" wollte. Wer weiß schon, wie Katze sich nach einer solchen Behandlung fühlt? Richtig Angst bekommen habe ich erst, als es so exzessiv wurde. 

Pauli war in seinen bisher fast 12 Jahren noch nie krank. TA-Besuche kannte er nur von seinen Impfungen und ab und zu einer Zahnsanierung. Dementsprechend gering sind meine Erfahrungen mit einem kranken Tier. Nun  sitzte ich wie Kaninchen vor der Schlange und warte, ob der Erfolg anhält und Plavix tatsächlich der Übertäter war, oder ob das Drama wieder losgeht. Ich wünsche mir so sehr, dass es Plavix war, auch wenn Pauli dann die erste Katze ist, die als Plavixallergiker in die Annalen eingeht .

Herzlich grüßen

Fido und Pauli

[Fido]

Hallo,

wir stehen nun am 9. Tag nach Absetzen von Plavix und Kortisongabe.

Weder die manische Leckerei noch das Erbrechen sind seither wieder aufgetreten. Damit wird m.E. der Verdacht, dass der Auslöser Plavix war, von Tag zu Tag konkreter.

Nach Auskunft der TÄ baut sich das Kortison nach 5 Tagen langsam wieder und wirkt bis zu 14 Tagen nach.

Auffällig ist, das der anfänglich große Appetit nach der Kortisonspritze deutlich nachgelassen hat. Pauli frisst seit gestern sehr, sehr wenig. Gibt sich das wieder, oder muss ich "gegensteuern"? Und wenn ja, wie? Denn ohne Fressen bekomme ich die Medikamente nicht in den Kater.

Für eine Antwort wäre ich dankbar.

Freundlich grüßen

Fido und Pauli

[Fido]

Guten Tag,

das für unwahrscheinlich gehaltene, nämlich dass Pauli allergisch gegen Plavix/Clopidogrel reagiert, dürfte jetzt, an Tag 14 nach Absetzen von Plavix und Abbau des Kortisons erwiesen sein. Er ist wie umgewandelt, verträgt auch das Aspirin offenbar gut. Es gab keine einzige Leck- und Kratzattacke mehr, so dass auch eine anderweitige Allergie ausgeschlossen werden kann.

Ich wünsche allen HCM-Leidensgenossen alles, alles Gute und hoffe, dass ich dazu beitragen konnte, auf Nebenwirkungen aufmerksam zu machen, auch wenn sie in der Praxis als noch so "unwahrscheinlich" gelten mögen.

Freundlich grüßen

Fido und Pauli

[Kienhoefer]

Hallo,
Vielen Dank, dass sie diese Erfahrung mit uns geteilt haben.
In Zuckunft werden wir im Hinterkopf behalten, dass bei Plavix an derartige Nebenwirckungen zu denken ist.

Liebe Grüße und noch alles Gute für Pauli!

Juliane Kienhöfer