Tierkardiologie LMU

Hallo liebes Ärzteteam,

bei unserem 8-jährigen Kater Kallie wurde vor drei Wochen HCM im fortgeschrittenen Stadium festgestellt. Gleichzeitig wurden schlechte Nierenwerte diagnostiziert, was laut TA eine effektive Behandlung schwer macht, da das, was für das Herz gut ist, für die Niere schlecht ist und umgekehrt. Er bekam dann folgende Medikamente:
- Fortekor Flavour 5, 1xtägl. 1/4 Tablette
- Atenolol 25, 1xtägl. 1/4 Tablette
- Rocaltrol 0,50 mcg 1 Kapsel in 10 ml Olivenöl - davon 1xtägl.  0,4 ml oral
- ASS 100, montags 1 Tablette und donnerstags 1/2 Tablette.
Der TA hat uns mitgeteilt, daß die Prognose für Kallie ganz schlecht ist und er Weihnachten wahrscheinlich nicht mehr erlebt. Und er hat gesagt, daß die Gefahr einer Thrombose sehr groß ist.
Wie haben ihm die Medikamente dann wie verordnet gegeben, aber Kallie ging es eigentlich wie immer. Eher besser, denn wir sind eigentlich wegen erbrechen und nicht mehr Fressen zum TA gefahren - dabei wurde dann HCM festgestellt (durch Röntgen und Herzultraschall).
Eine knappe Woche später bekam Kallie dann tatsächlich eine Thrombose, zum Glück nur eine leichte Form. Er war draußen und da "nur" die linke Vorderpfote betroffen war, konnte er noch humpelnd nach Hause kommen - Pfote war nicht komplett gelähmt.
Wir sind dann sofort mit Ihm in die Tierklinik gefahren. Sie haben ihn stationär aufgenommen und ihm dann dort folgende Medikamente gegeben:
- Metacam inj.
- Dexametason inj
- Dimazon inj.
- Infusion Ringer-Lactat
Am nächsten Tag haben wir ihn abends besucht und da er dort so einen erbärmlichen Eindruck gemacht hat, haben wir ihn mit dem Einverständnis der behandelnden TA mit nach Hause genommen. Sie meinte, wir sollten uns zu Hause einen Eindruck von ihm verschaffen und bedenken, daß Lebensqualität vor Lebenslänge geht.
Er bekam dann folgende Medikamente:
- Fortekor, Atenolol und Rocaltrol wie oben
- ASS 100 1xtägl. 1 Tablette

Da Kallie nebenher bei einer Tierheilpraktikerin in Behandlung ist, haben wir ihm zunächst crataegus 3x5 Globuli und eine Bachblütenmischung gegen Stress und Angst 3x5 Globuli gegeben. Ein paar Tage später haben wir dann zu Crataegus-logoplex gewechselt.
Am Anfang ging es ihm richtig schlecht und er hat sehr sehr schwer und schnell geatmet - Bauchatmung - z.T. auch unregelmäßig.
Er ist nur zum Wasser lassen aufgestanden und hat sonst nur gelegen. Nichts gefressen und nicht getrunken.
Es ging ihm dann von Tag zu Tag besser. Es waren kleine Schritte, aber wir haben deutlich gesehen, daß er noch leben will!!!
Bei einer Kontrolluntersuchung hat der TA dann immer noch Herzrhythmusstörungen festgestellt und gemeint, wir bewegen uns nach wie vor auf sehr dünnem Eis.
Wir haben ihn auf die Problematik von ASS angesprochen - soll für Katzen ja auch schädlich sein - ob es ein anderes Medikament zur Blutverdünnung gibt. Er meinte nein. Hm.
Hat dann aber die Dosierung runtergesetzt auf jeden 2. Tag 1 Tablette. Und 10 Tage später sollen wir dann auf jeden 3. Tag eine Tablette gehen.
Zusätzlich bekommt er noch Cimetidin 200 - 2xtäglich 1/6 Tablette.

Halten Sie diese Medikation für sinnvoll? Besonders bezüglich des ASS? Gibt es Alternativen?

Außerdem haben wir jetzt das Problem, daß Kallie wieder raus möchte - aber er ist sehr kurzatmig und wir haben Angst, daß er weiter wegläuft - und dann möglicherweise eine Thrombose bekommt und es nicht mehr nach Hause schafft.
Gibt es Anzeichen für eine Thrombose? Kann man das irgendworan vorher erkennen? Oder kommen sie plötzlich ohne "Vorankündigung".
Schon mal vielen Dank für Ihre Hilfe.
Viele Grüße
Anke

Hallo,

zur Thromboseprophylaxe kommt ASS bei uns nicht mehr zum Einsatz. Wir verwenden Clopidogrel (Plavix), das auch oral gegeben werden kann.

Wenn eine Kardiomyopathie soweit fortgeschritten ist, dass die Katze im Herzversagen ist, muss ein entwässerndes Medikament gegeben werden, lebenslang. Die Dosis kann zwar evtl. etwas reduziert werden, allerdings sind Atemnot, Bauchatmung und eine Atemfrequenz von > 45/min in Ruhe (im Schlaf)  ein Anzeichen für ein erneutes Lungenödem.

Das Risiko einer Thrombose ist bei einem vergrößerten Vorhof erhöht. Wann ein Thrombus entsteht, kann nicht vorausgesagt werden.

Wie Ihr Tierarzt bereits anmerkte, liegt bei der Behandlung eines Herzversagens und einer Niereninsuffizienz ein therapeutisches Dilemma vor.
Auch Infusionen und Kortison sind im Zweifelsfall kontraproduktiv, da ein erhöhtes Flüssigkeitsvolumen ein erneutes Herzversagen verursachen kann.

Die Behandlung einer schweren Aortenthrombose, bei der die Hintergliedmaßen gelähmt sind, ist schwierig. Es müssen dann thrombolytische Medikamte gegeben werden. Dies führt leider nicht immer zum erwünschten Erfolg und die Komplikationsrate ist hoch.

Da für uns die Lebensqualität der Tiere das wichtigste ist, empfehlen wir, Ihre Katze machen zu lassen, wozu sie Lust hat, dazu gehört bei Ihrer Katze offensichtlich auch der Freigang.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Verena Butz

Hallo liebes Ärzteteam,
vielen Dank für die schnelle Antwort.

Ich habe noch ein paar kurze Fragen:

-  Kallies Atmung hat sich seit der Thrombose drastisch verschlechtert. Vorher hat er relativ normal geatmet - ist zwar auch schnell aus der Puste gewesen, aber es ging noch. Aber seit der Thrombose ist der Schalter wie rumgelegt und er hat eine sehr hohe Atemfrequenz, obwohl seine Lungen frei sind wurde von Tierheilpraktikerin mit Stethoskop abgehört). Kann das evt. als eine Nebenwirkung von einem der Medikamente so gekommen sein? Oder ist so eine drastische Verschlechterung normal für den Krankheitsverlauf?

-  Wir lassen ihn jetzt auch wieder raus und er gibt wieder alles und verjagt andere Katzen - kann so eine kurzfristige Belastung für ihn gefährlich werden?

-  Frage zu Plavix: Wo liegt der Vorteil gegenüber dem ASS in der Behandlung?
Wenn er Plavix bekommt, kann man dann den H2-Hemmer weglassen?
Gibt es hier andere Nebenwirkungen?

Herzlichen Dank für Ihre Hilfe!!!
Viele Grüße
Anke

Guten Tag,

- Um ein Lungenödem (Wasser auf der Lunge) oder einen Thoraxerguss ausschließen zu können, ist die Anfertigung eines Lungenröntgens sinnvoll, insbesondere aufgrund der von Kallie gezeigten erhöhten Atemfrequenz. Eine Auskultation ist oft nicht ausreichend zur Beurteilung ob die Lunge/ Brustkorb frei von Flüssigkeit ist.  

- Tiere regulieren ihre Aktivität in der Regel selbst. Ob die kurzfristige Belastung für sie gefährlich werden kann, kann ich leider nicht beurteilen.

- Plavix (Clopidogrel) hat im Vergleich zu ASS weniger gastrointestinale Nebenwirkungen. ASS wird von Katzen nur schlecht verstoffwechselt und muss daher sehr vorsichtig dosiert werden.
Wir verwenden Plavix ohne zusätzliche Gabe von Cimetidin. Ob Cimetidin bei ihrer Katze erfoderlich ist sollte der behandelnde Tierarzt beurteilen.

Mit freundlichen Grüßen,
Anja Roos

Guten Abend,
vielen Dank für Ihre Antwort.

Wir haben mit Kallies Ärztin wegen Plavix statt ASS gesprochen. Sie hat sich erkundigt bezüglich der Preise.
Die Preisunterschiede sind ja groß - von Plavix im Original 85 € für 28 Tage bis zu Produkten mit gleichem Wirkstoff für 25 €.  Ist Ihrer Meinung nach das teure Medikament auch das Beste? Oder kommt es in der Hauptsache auf den Wirkstoff Clopidogrel an?

Verwenden Sie Plavix schon lange? Oder befindet sich das Medikament noch in der Testphase?
Ist Heparin auch eine Alternative?

Vielen Dank für Ihre Hilfe und viele Grüße
Anke

Hallo,

es kommt natürlich auf den Wirkstoff an, daher kann ein Generikum genauso gut gegeben werden.
Clopidogrel wird schon seit längerem in der Tiermedizin verwendet. Studien zum Vergleich mit Fragmin laufen noch.
Heparin/Fragmin muss 3 mal täglich subkutan gespritzt werden, dies ist für die meisten Besitzer ohne medizinische Ausbildung eher schwer realisierbar.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Verena Butz

Hallo liebes Ärzteteam,
ganz herzlichen Dank für Ihre Hilfe in unserem Fall.

Wir haben jetzt ASS abgesetzt und geben Kallie seit einigen Tagen Clopidogrel HCS Filmtabletten 75 mg von der Firma TEVA Deutschland. Weil die Tablette etwas größer ist, teilen wir sie in 3-4 Teile und geben Sie ihm  - eingewickelt in was Leckeres. Wenn er aber mit der Tablette direkt in Kontakt kommt, dann schäumt er aus dem Maul und hat extremen Speichelfluß. Bzw. haben wir die Tablette kleingemörsert und in Wasser aufgelöst und ihm ins Maul gespritzt - da hat er auch geschäumt und extremen Speichelfluß gehabt.
Ist Ihnen ein anderer Hersteller bekannt, von dem wir die Tablette besser "reinbekommen"? Die auch in Wasser aufgelöst werden kann?
Von welchem Hersteller verschreiben Sie das Medikament? Oder haben Sie eine gute Idee, wie wir die Tablette noch verabreichen können?

Ab welcher Zeitverschiebung wird es für Kallie problematisch, wenn er die Tablette mal später bekommt? Oder wir sie an einem Tag mal gar nicht verabreichen können - weil er sie nicht schluckt?

Kann Clopidogrel gleichzeitig mit Atenolol und Fortekor gegeben werden? Oder sollte eine gewisse Zeit dazwischen liegen? Wenn ja, wieviel etwa?

Wie wirkt Clopidogrel? Verhindert es die Bildung von Thromben oder kann es auch bereits bestehende Thromben auflösen?

Schon mal vielen Dank für Ihre Hilfe!!!!!!
Herzliche Grüße!
Anke

Hallo,
Clopidogrel reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass Thromben entstehen.
Zu der galenischen Zusammensetzung der verschiedenen Clopidogrel-Präparate kann ich Ihnen keine Angaben machen. Diese Erscheinung ist uns bis jetzt auch nicht bekannt gewesen. Evtl. ist das Schäumen auf einen Zusatzstoff zurückzuführen. Man sollte dafür sorgen, dass die Tablette sofort geschluckt wird, z. B. mit etwas Futter oder indem man die Tablette tief ins Maul (Rachen) eingibt.
Clopidogrel kann gleichzeitig mit Atenolol und Fortekor verabreicht werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Verena Butz

Hallo Frau Dr. Butz,

der Kater bekommt einmal täglich eine ganze Tablette Clopidogrel, so habe ich es jedenfalls verstanden. Das ist doch viel zu viel, ebenso wie einmal täglich eine ASS. Clopidogrel ist meines Wissens die richtige Dosis 1xtägl. 18.75mg und bei Aspirin jeden dritten Tag 25mg. Das sollte man doch so super niedrig dosieren da die Katzen es schlecht verstoffwechseln können.
Oder sehen Sie das anders? Gibt es dazu neue Erkenntnisse?

VG Anja Auerbach

Hallo,

die korrekte Dosierung für Clopidogrel beträgt 18,75 mg/Katze 1 x täglich (1/4 Tablette 75 mg). Aspirin wird auch in einiger niedrigen Dosis (5 mg/Katze alle 72 h) als wirksam beschrieben.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Julia Simak