Vetmedin

Hier beantworten wir Fragen zu Herzerkrankungen

Moderator: j.schöbel

p.holler
Posts: 390
Joined: Mon Aug 01, 2011 9:03 am

Re: Vetmedin

Post by p.holler »

Hallo,

eine Studie, welche die Kombination von Pimobendan, ACE-Inhibitor und Furosemid im Vergleich zu "nur" Pimobendan und Furosemid im kongestiven Herzversagen untersucht, ist bisher nicht publiziert. Es gibt jedoch wissenschaftlich publizierte Evidenz, dass Tiere, die einen ACE-Inhibitor und Furosemid im kongestiven Herzversagen bekommen, länger leben - daraus wird bisher die Medikationsempfehlung im Abstimmung auf den individuellen Patienten und dessen medizinische Probleme abgeleitet.

Eine Studie, die behandelte Tiere mit unbehandelten im kongestiven Herzversagen vergleicht ist aus ethischen Gründen nicht durchführbar.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Peter Holler
[font=Verdana]Diplomate ACVIM Cardiology
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universit
Spitzenhund
Posts: 21
Joined: Wed Dec 30, 2009 12:10 pm

Re: Vetmedin

Post by Spitzenhund »

Hallo Herr Dr. Holler,

vielen Dank für Ihre prompte Antwort!

Selbstverständlich haben Sie völlig Recht, was die "ethischen Gründe" anbelangt.
Leider hab ich mich ziemlich ungeschickt ausgedrückt, denn mit "unbehandelt" meinte ich im Vergleich zu lebenslänglicher Behandlung. Es geht aus dieser Quest-Studie nicht eindeutig hervor, inwieweit bei klinischer Symptomverbesserung bis zum "finalen Ende" weiterbehandelt wurde.

(Unsere frühere Hündin befand sich beispielsweise im Alter von 4 Jahren mehrere Wochen lang im Herzversagen mit Schleimwürgen und Husten aufgrund eines Lungenödems. Erst nach einem Arztwechsel wurde die Erkrankung diagnostiert und drei Tage mit Dimazon und Lanitop behandelt, danach war die Herzinsuffizienz kompensiert und sie wurde "unbehandelt" fast 13 Jahre alt.)

Würden Sie "herzklappeninsuffizienten" Hunden im kompensierten Zustand überhaupt eine Medikation empfehlen?

Wie sieht es bei Herzbasistumor aus? Lieg ich mit meiner Vermutung richtig, dass dies im Fall von ACE-Hemmern bzw. Pimobendan bezüglich einer evtl. Lebensverlängerung noch nicht überprüft worden ist?
Viele Gr
p.holler
Posts: 390
Joined: Mon Aug 01, 2011 9:03 am

Re: Vetmedin

Post by p.holler »

Guten Morgen,
zu Ihren Fragen:
Unsere frühere Hündin befand sich beispielsweise im Alter von 4 Jahren mehrere Wochen lang im Herzversagen mit Schleimwürgen und Husten aufgrund eines Lungenödems. Erst nach einem Arztwechsel wurde die Erkrankung diagnostiert und drei Tage mit Dimazon und Lanitop behandelt, danach war die Herzinsuffizienz kompensiert und sie wurde "unbehandelt" fast 13 Jahre alt.)

Im Nachhinein ist es schwer hier eine dezidierte Aussage zu treffen. Unter Umständen hat es sich um ein nicht-kardiales Lungenödem gehandelt, und die Mitralklappenendokardiose war lediglich ein Zusatzbefund. Eine weitere Möglichkeit wäre eine Herzmuskelentzündung, welche solche Symptome ausgelöst hat - und letztlich wieder ausgeheilt ist. Es könnte schließlich auch eine Pneumonie gewesen sein, die sich röntgenologisch ähnlich darstellt. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Dass eine Endokardiose ohne äußeren Einfluß dekompensiert und dann keine chronische Therapie erfordert ist äußerst selten.

Würden Sie "herzklappeninsuffizienten" Hunden im kompensierten Zustand überhaupt eine Medikation empfehlen?

Bezugnehmend auf meinen vorherigen Beitrag, hängt dies immer von der zugrundeliegenden Erkrankung ab - vom klinischen Eindruck, ob eine systolisch/diastolische Dysfunktion vorliegt; in welchem Ausmaß die einzelnen Kammern des Herzens bereits verändert sind,... Eine "Herzklappeninsuffizienz" ist nur ein Befund und keine Diagnose.

Wie sieht es bei Herzbasistumor aus? Lieg ich mit meiner Vermutung richtig, dass dies im Fall von ACE-Hemmern bzw. Pimobendan bezüglich einer evtl. Lebensverlängerung noch nicht überprüft worden ist?

Für den Herzbasistumor an sich gibt es keine "Herzmedikamente". Falls eine weitere Herzerkrankung vorliegt, wie zB eine Klappenendokardiose kann man diese entsprechend medikamentell therapieren.
Herzbasistumore (zB. Chemodektome, ektopes Schilddrüsengewebe,...) gehören eher zu den gutartigeren Tumoren, die meist expansiv und nicht infiltrativ wachsen. Oftmals stellen diese Tumore auch Zufallsbefunde dar. Falls ein Pericarderguß vorliegt, ist durch eine Pericardektomie eine Überlebenszeit von bis zu 732 Tagen beschrieben. Wobei auch hier die Prognose von der genauen Lokalisation, von der hämodynamischen Beeinflußung und noch weiteren Parametern abhängt. Letztlich lässt sich der genaue Tumortyp ohne Biopsie nicht bestimmen und man orientiert sich bezüglich der Prognose auch am klinischen Verlauf.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Peter Holler
[font=Verdana]Diplomate ACVIM Cardiology
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universit
Spitzenhund
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Joined: Wed Dec 30, 2009 12:10 pm

Re: Vetmedin

Post by Spitzenhund »

Hallo Herr Dr. Holler,

vielen herzlichen Dank für Ihr Engagement in diesem Forum und die Geduld, die Sie für die Beantwortung von Fragen aufbringen, die Besitzern herzkranker Hunde auf den Nägeln brennen...

Im Fall unserer letzten Hündin (Lungenödem und Mitralklappenendokardiose) vermute ich ebenfalls, dass noch "irgendetwas" anderes als auslösendes Moment hinzugekommen war, was sich im Nachhinein nicht mehr klären lässt. Jedoch gab es auch bei Folgeuntersuchungen (Herzgeräusch beim Abhören mit dem Stethoskop im Rahmen von Impfungen) kaum Zweifel an der Endokardiose, die im Lauf der Jahre zugenommen hatte.

Bei unserer jetzigen Hündin (Herztumor) konnten wir feststellen, dass fast immer eine Darmgrippe (Appetitmangel, überreichliche Trinkmengen) einer kardialen Dekompensation vorausgegangen war. Inzwischen vermute ich Elektrolytemangel (insbesondere Natrium, Kalium) dahinter.

Halten Sie dies als Auslösefaktor für eine Überwässerung mit Stauungsproblematik prinzipiell für möglich? Falls ja, gilt dies möglicherweise auch für andere Hunde mit kongestiver Herzerkrankung?

Immerhin raten Ernährungswissenschaftler neuerdings von einer betont natriumrestriktiven Ernährung ab, insbesondere im frühen und mittleren Stadium.

RC schreibt in der Diätfibel für "kardiovaskuläre Erkrankungen": "Basierend auf der Pathogenese der Natriumretention empfahlen Autoren in den 1960er Jahren die Reduzierung des Natriumgehaltes des Futters, sobald ein Herzgeräusch zu auskultieren war und noch bevor der Hund klinische Symtome zeigte. Erst kürzlich ist der Nutzen dieser Maßnahme in Frage und mögliche Nachteile in den Raum gestellt worden. Einer der frühesten und wichtigsten Kompensationsmechanismen der Herzkrankheit ist die Aktivierung des RAAS. Genau dieser Mechanismus wird bei Natriumrestriktion aktiviert."

"Die Wirkung der natriumreduzierten Diät auf die Überlebenszeiten wurde nicht untersucht."


Warum gibt es hierzu keine Studien? Gibt es keine Sponsoren oder woran liegt das?

Inwieweit machen lebenslange herzmedikamentöse Behandlungen Sinn, insofern nicht geklärt ist, ob es sich möglicherweise um ein zusätzliches Ernährungsproblem (empfohlene Natriumrestriktion) handelt?
Viele Gr
p.holler
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Joined: Mon Aug 01, 2011 9:03 am

Re: Vetmedin

Post by p.holler »

Guten Morgen,

es wird folgendes empfohlen entsprechend der Isachc Klassifikation (International Small Animal Cardiac Health Council) und der Natriumaufnahme:

Klasse Ia: <100mg/100kcal
Klasse Ib: 80mg/100kcal
Klasse 2: 50-80mg/100kcal
Klasse 3: <50mg/100kcal

Wenn keine zusätzlichen Erkrankungen eine Proteineinschränkung erfordern, sollte eine hochqualitative Proteinquelle gefüttert werden (beim Hund ca 5,1g/100kcal).

Für weitere Fragen darf ich Sie an unsere Ernährungsspezialistin verweisen: Frau PD Dr. Kölle (http://www.med.vetmed.uni-muenchen.de/e ... /team/ober aerzte/koelle/index.html). Diese kann Sie umfassend beraten bezüglich der bestmöglichen Rationsgestaltung.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Peter Holler
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Team Tierkardiologie
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Ludwig-Maximilians-Universit
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