Herzfehler - AV-Block

Hier beantworten wir Fragen zu Herzerkrankungen

Moderator: j.schöbel

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cpunkt
Posts: 2
Joined: Thu Feb 28, 2013 6:33 pm

Herzfehler - AV-Block

Post by cpunkt »

Hallo zusammen!

Unsere Sue (Sibirian Husky, Hündin, geboren 5.6.11, kastriert, 16 Kilo) hat, wie nun endlich diagnostiziert wurde einen angeborenen Herzfehler: AV-Block 1.
Bis zur Diagnose haben wir doch entliche Untersuchungen und Tierärzt gebraucht, eine Bradykardie wurde zwar immer schnell festgestellt nur die Ursache ist erst jetzt gefunden worden.
Selbst ein Kardiologe bei dem Herzultraschall und EKG (am Gerät mitgelaufen) gemacht worden sind, hat den AV-Block nicht erkannt. Wie kann das sein? Die Ärztin/Klink bei der wir waren hat das EKG separat abgeleitet, sich die "Kästchen" beguckt, gezählt und hatte die Diagnose.
Kann es sein, dass man es mal erkennt und dann mal wieder nicht?
Sue bekommt jetzt Itrop, nächste Woche ist ein Termin zum Kontrol-EKG zur Dosisanpassung.
In der Tierklinik wurden wir schon drauf hingewiesen, dass das Medikament früher oder später nicht mehr wirken wird, man noch auf ein anderes Präperat ausweichen kann, zum Schluss aber nur noch der Herzschrittmacher als Therapie zur Verfügung steht.
Meine Frage ist nun, ob es möglich ist zu sagen, wie lange das Medikament wahrscheinlich oder in den meisten Fällen wirkt und ab wann wir damit rechnen müssen, die Medis umzustellen.
Woran wir merken, dass das Medikament nicht mehr wirkt, ist uns klar. Es wird wieder zu "Leistungseinbrüchen" kommen und sie wird nicht mehr mit den anderen mithalten können.
Gibt es Nebenwirkungen beim Itrop?
Und dann wüßte ich natürlich gerne, wie und wo ich mich über eine Herzschrittmacher-OP für einen Hund informieren kann.
Ich freue mich über Antworten auf meine Fragen und natürlich auch über einen Erfahrungsaustausch.

Vielen Dank!

Claudia
p.holler
Posts: 390
Joined: Mon Aug 01, 2011 9:03 am

Re: Herzfehler - AV-Block

Post by p.holler »

Hallo,

ein AV-Block I. Grades ist zumeist keine primäre Herzerkrankung, sondern eher funktional - das heißt, dass dieser z.B. bei sehr trainierten Tieren (ähnlich wie bei trainierten Menschen) auftritt, bei erhöhtem Vagotonus (dies kann beispielsweise im Zuge von Durchfallerkrankungen sein, aber auch physiologisch sein), medikamenteninduziert oder auch bei bestimmten Verschiebungen im Blutbild sein. Natürlich können auch andere Ursachen eine solche Überleitungsverlängerungen bedingen, dies würde aber den Rahmen dieses Forums sprengen.

Ein AV-Block I. Grades tritt meistens nur bei langsamen Herzfrequenzen auf und verschwindet bei höheren Herzfrequenzen - dies könnte die Erklärung sein, dass die entsprechende Veränderung nicht immer im EKG darzustellen war und auch keine Befundung von Ihrem Kardiologen erfolgte.

Wenn Sue bei entsprechender Anstrengung fähig ist, die Herzfrequenz selbstständig zu steigern und keine anderen Herzrhyhtmusstörungen vorhanden sind, dann ist keine Therapie nötig.

ITROP (Wirkstoff Ipratropiumbromid) ist ein Parasympatholytikum - wirkt also einem zu hohen Vagotonus (wie eingangs erwähnt) entgegen und führt damit zu einer Erhöhung der Herzfrequenz. Die Nebenwirkungen können vielseitig sein. Oft handelt es sich um gastrointestinale Nebenwirkungen wie Erbrechen oder Obstipation. Bei Dauermedikation dieses Medikamentes kann sich der Körper, wie auch schon von Ihrem Tierarzt erwähnt, an das Medikament gewöhnen und es verliert damit seine Wirkung.
Eine Medikation mit ITROP oder ein Herzschrittmacher bei einem AV-Block I. Grades, der sich bei höherer Herzfrequenz löst - bzw. wenn der Hund selbstständig seine Herzfrequenz steigern kann, ist in den seltensten Fällen indiziert.

Natürlich kann ohne das Tier untersucht zu haben und die Gesamtheit der Befunde zu kennen, keine Einschätzung aus der Ferne abgegeben werden. Zum Ausschluß anderer Herzrhythmusstörungen könnte auch ein 24-h-Holter-EKG erwogen werden.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Peter Holler
[font=Verdana]Diplomate ACVIM Cardiology
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universit
cpunkt
Posts: 2
Joined: Thu Feb 28, 2013 6:33 pm

Re: Herzfehler - AV-Block

Post by cpunkt »

Sehr geehrter Herr Holler,

vielen Dank für Ihre Antwort.

Als einer von 12 Schlittenhunden ist Sue aktiv mit im Schlittenhundesport. Uns geht es dabei nicht primär um die Geschwindigkeit sondern eher um ein moderates Tempo auf längeren Touren.
Sue zeigt immer wieder "Leistungseinbrüche" sowohl bei lägeren Spaziergängen (7-10 Kilometer) als auch beim Training. Sie bremst dann beim Training das gesamte Gespannt aus, stemmt sich dagegen, ist aber nach recht kurzer Pause wieder mit Eifer dabei. Bis zum nächsten "Stop".
Wir merken Sue an, mit welcher Begeisterung sie dabei ist, sie schafft es aber einfach nicht, mit den anderen mitzuhalten.
Wenn Sue ihre Herzfrequenz steigern könnte, dann dürfte sie doch beim Training nicht "schlapp" machen, oder habe ich das jetzt falsch verstanden?

Bei TA war immer wieder die Bradykardie festzustellen.
Beim Kardiologen, der auch das Herzultraschall gemacht hat, steht im Befund:
"...Herzultraschall: morphologisch ist das Herz ohne Veränderung. Das SonoEKG: Bradykardie mit max HF von 110 trotz gehampel und gewackel und gewinsel."

Aus Ihrer Sicht ist eine Gabe von Itrop nicht nötig?
Seit Gabe des Medikaments konnte sie im Training aber 13 Kilometer unter recht schwierigen Schneeverhältnissen mitlaufen, ohne zusätzliche Pausen einlegen zu wollen/zu müssen.

Es könnte sein, dass Sue einen erhöhten Vagustonus hat, der bei ihr "normal" ist, was aber dazu führt, dass ihr Herz nicht schnell genug schlagen kann und somit nicht in der Lage ist, Sport zu treiben?
Habe ich das so richtig verstanden?

Wie gesagt wissen wir, dass Sue Freude daran hat, mit zu trainieren, das wollen wir ihr auch nicht nehmen, wenn es irgendwie geht.
Was aber nicht bedeutet, dass jeder Hund bei uns mittrainieren "muss". Uns liegt das Wohl eines jeden Hundes sehr am Herzen.

Was wäre Ihre nächste Vorgehensweise bei Sue?

Viele Grüße

Claudia Hesse
p.holler
Posts: 390
Joined: Mon Aug 01, 2011 9:03 am

Re: Herzfehler - AV-Block

Post by p.holler »

Guten Morgen,
wie bereits eingangs erwähnt, kann leider keine Gesamteinschätzung gegeben werden ohne das Tier gesehen zu haben.
Empfehlenswert wäre ein Ausschluß anderer systemischer Ursachen, die eine Bradykardie bzw. Leistungsintoleranz allgemein bedingen können, bzw. ob nicht eine andere Ursache für dieses Verhalten in Frage kommt - dahingehend sollte eine genaue internistische Untersuchung durchgeführt werden.
Auch könnte das bereits angesprochene 24-h-Holter-EKG evaluiert werden - besonders unter der von Ihnen beschriebenen Trainingsphase wäre dies interessant.
Ob und welche Therapie indiziert ist kann Ihr behandelnder Tierarzt bzw. Kardiologe, der ein umfassendes Bild über Sues Fall hat, am besten evaluieren und Sie dahingehend beraten.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Peter Holler
[font=Verdana]Diplomate ACVIM Cardiology
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universit
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