Katze mit Hyperthyreose und Atemnot

Hier beantworten wir Fragen zu Herzerkrankungen

Moderator: j.schöbel

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Katze511
Posts: 4
Joined: Mon Dec 05, 2011 10:48 am

Katze mit Hyperthyreose und Atemnot

Post by Katze511 »

Sehr geehrtes Experten-Team,

bei meiner 16 jährigen Hauskatze wurden im August 2011 eine Hyperthyreose und eine erhöhte Herzfrequenz festgestellt. Man konnte an ihrer Brustwand den Herzschlag bereits sehen. Sie bekommt seit dieser Zeit 2 mal täglich 5 mg Carbimazol und hat auch gut darauf angesprochen. Herzschlag normalisierte sich, sie hatte wieder zugenommen.
Im Dezember 2011 hat sie sehr oft geniest, worauf sie 10 Tage lang alle 2 Tage ein AB s.c. bekommen hat. Das Niesen wurde besser. Im Jahr 2012 zeigte sie gelegentlich Husten/Röchelanfälle mit leichter Bauchatmung, hatte aber im Ruhezustand immer eine Atemfrequenz unter 20. Der Tierarzt stellte fest, dass die vergrößerte Schilddrüse auf die Luftröhre drückt und diese reizt. Manchmal kam es dazu,dass sie eine schleimige Flüssigkeit erbrach.
Seit Anfang 2013 nun hat sie wieder trotz guter Schilddrüsenwerte stetig an Gewicht verloren und frisst auch teilweise nur mäkelig. Außerdem konnte man nun auch wieder das Herz an der Brustwand schlagen sehen. Der Tierarzt fand dies aber nicht behandlungswürdig. Seit Beginn des warmen Wetters hat sie jetzt allerdings zusehends mit Atemproblemen zu kämpfen. Sie atmet mit deutlicher Bauchpresse bei einer Atemfrequenz um die 40. Mehrmals am Tag hat sie verstärkt diese Husten/Röchelanfälle und schluckt mehrmals dabei ab. Manchmal spuckt sie  weiß-gelblichen Schleim aus. Man hört es beim Husten auch Glucksen.
Die Untersuchung beim Tierarzt ergab eine zu hohe Herzfrequenz (über 200) mit unregelmäßigem Herzrhythmus und eine zu hohe Atemfrequenz mit Bauchpresse. Fieber hat sie nicht. Laut Tierarzt ergab die Auskultation der Lunge, dass sie " frei wäre". Beim Versuch ein Lungenröntgen durchzuführen, begann die Katze so stark zu hecheln, dass er abgebrochen hat. Sie hat sich sehr stark zur Wehr gesetzt. Er vermutet allerdings einen Thoraxerguss und daher die Atemnot, die von einem Herzproblem kommen soll. Wir sollen nun erstmal vorsorglich 2 mal täglich 5 mg Dimazon geben (KG 3,5 kg) und bei besserer Atmung zusätzlich 1 mal am Tag Vasotop einschleichend dosierend dazugeben. Außerdem sollen wir sie entwurmen, damit man einen Befall mit Lungenwürmern ausschließen könnte, obwohl sie eine Hauskatze ist. Da wir aber noch Freigänger Katzen haben, könnten wir sehr wohl die Katze durch unsere Hose/Schuhe infizieren (?).
Wenn sie sich von der Atmung her stabilisiert hätte, sollen wir zu einem Kardiologen zum Herzultraschall gehen.

Meine Frage nun: Kann es ihr schaden, wenn wir ihr auf gut Glück Dimazon und Vasotop geben, auch wenn sie keine Herzerkrankung hat?  Und die Entwurmung durchführen?
Ein Telefonat mit dem Kardiologen einer Klinik ergab, dass wir sie tatsächlich erst vorstellen soll, wenn sie besser atmet. Er meinte, die Medikamente würden nicht schaden. Er fand allerdings, dass Husten-/Röchelanfälle nicht typisch sind bei herzkranken Katzen. Ich finde aber, dass man beim Röcheln ein deutliches Blubbern/Glucksen hört (als wenn Wasser/Schleim in der Luftröhre hoch und runter läuft).
Gestern Abend hat sie nun die erste Dosis Dimazon 5 mg bekommen. Über Nacht hat sie mehrmals gehustet und Schleim ausgespuckt. Heute Morgen zeigte sie wieder eine deutliche Bauchatmung, hat aber endlich mal wieder gut gefressen.
Ich habe etwas Angst, dass wir sie falsch behandeln und wir sie doch bereits jetzt beim Kardiologen vorstellen sollten. Allerdings haben wir 1,5 Stunden Anfahrt und bei diesen Temperaturen ist das Risiko vielleicht wirklich zu hoch.
Wie lange dauert es ca., bis sie sich unter Dimazon/Vasotop stabilisiert, wenn ihre Atemprobleme der Husten wirklich vom Herz kommen?
Welche Therapie führen sie bei Patienten durch, bei denen kein Herzultraschall durchgeführt werden kann? Sollte die hohe unregelmäßige Herzfrequenz durch einen Betablocker zusätzlich behandelt werden?
Sie merken, ich bin sehr verunsichert und möchte alles tun, damit sich meine Katze nicht noch weiter verschlechtert.
Über eine Einschätzung von Ihnen würde ich mich sehr freuen. Herzlichen Dank im Voraus.
Mariposa3103
Posts: 53
Joined: Tue Jul 31, 2012 9:14 am

Re: Katze mit Hyperthyreose und Atemnot

Post by Mariposa3103 »

Hallo,

ohne Ihre Katze untersucht zu haben, ist eine Diagnose natürlich nicht möglich und nur spekulativ und die Einschätzung der Lage sehr schwer.
Bezüglich der hohen und unregelmäßigen Herzfrequenz wäre ein EKG sinnvoll, um die Arrhythmie weiter abzuklären. Abhängig von der jeweiligen Rhythmusstörung  muss diese evtl. therapieren werden, dazu ist aber eine genaue Klassifikation nötig.
Husten ist in der Tat ein sehr untypisches Symptom für eine Herzerkrankung bei der Katze und könnte eher für andere Erkrankungen der Lunge oder der Luftröhre sprechen. Um dies weiter abzuklären und das Vorliegen eines Lungenödems/Thoraxergusses auszuschließen, ist ein Röntgenbild der Lunge/der oberen Atemwege unumgänglich.
Um abzuklären, ob Lungenwürmer vorliegen, könnte zunächst auch eine Kotuntersuchung eingeleitet werden, Ihr behandelnder Tierarzt kann mit Ihnen hierzu sicher Genaueres besprechen.
Welche Therapie für Ihre Katze die beste ist und ob eine kardiale Therapie dauerhaft nötig ist, kann nur von einem Tierarzt nach Einleitung weiterer diagnostischer Schritte (wie schon erwähnt: Röntgen, EKG, Herzultraschall etc.) entschieden werden. Sollte sich das Allgemeinbefinden Ihrer Katze nicht umgehend verbessern, raten wir in jedem Fall dringend dazu, einen Tierarzt/Kardiologen aufzusuchen.

Wir wünschen Ihnen und Ihrer Katze alles Gute,
herzliche Grüße

Maria Seckerdieck
Maria Seckerdieck
Tier
Katze511
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Joined: Mon Dec 05, 2011 10:48 am

Re: Katze mit Hyperthyreose und Atemnot

Post by Katze511 »

Vielen Dank für ihre Antwort. Meiner Katze geht es sehr viel besser. Es wurde eine hochgradige HOCM/RCM diagnostiziert.
Sie soll nun zur Senkung der Herzfrequenz einen Betablocker erhalten und zuätzlich den ACE-Hemmer Vasotop. Da ich im Bereich der Humanmedizin tätig bin, sind mir Betablocker bei dieser Erkrankung nur als kontraindiziert bekannt. Können sie mir sagen, warum der ACE Hemmer bei Katzen trotzdem eingesetzt wird und welche Erfahrungen sie damit haben?
Nochmals vielen Dank.
Mariposa3103
Posts: 53
Joined: Tue Jul 31, 2012 9:14 am

Re: Katze mit Hyperthyreose und Atemnot

Post by Mariposa3103 »

Hallo nochmal,
es freut mich zu hören, dass es Ihrer Katze besser geht.
Im Zuge der HCM kann es durch die Verdickung des Herzmuskels dazu kommen, dass sich auch der Ansatzpunkt für die Haltefäden der Mitralklappe verändert und ein Teil der Klappe somit in den Ausflusstrakt des linken Herzens hineingezogen wird, es entsteht eine „dynamische Obstruktion“ des Ausflusstraktes. Dies führt dazu, dass das Herz mehr Arbeit leisten muss als normal und noch zusätzlich zur HCM „in Mitleidenschaft“ gezogen wird. Mit einem beta-Blocker versucht man dem entgegen zu wirken, da dieser die Herzfrequenz senkt und außerdem für eine verbesserte Sauerstoff-Versorgung des Muskels sorgt. Er ist also eine sinnvolle Methode, um die Herzfunktion zu unterstützen und wird in der Tiermedizin bei diesen Fällen routinemäßig und mit guten Erfolgen eingesetzt. (Die Erkrankung kann dadurch natürlich trotzdem nicht geheilt werden.)
Auch ACE-Hemmer werden regelmäßig zur Therapie der HCM eingesetzt, meist um bei bereits dekompensierten Patienten zusätzlich zur entwässernden Therapie die Stauungsinsuffizienz (Pleuralerguss oder Lungenödem) über spezifische Mechanismen zu lindern. Auch werden ACE-Hemmern antitrophische Wirkungen nachgesagt, d.h. sie sollen das Weiterwachsen des Herzmuskels verhindern oder sogar rückgängig machen, beweisende Studien fehlen bis dato aber noch.

Ich hoffe, dass Ihre Katze mit den Medikamenten auch weiterhin so stabil bleibt, Ziel einer jeden kardialen Therapie ist immer eine gute Lebensqualität für die Patienten zu schaffen. Ich wünschen Ihnen und Ihrer Katze alles Gute,

herzliche Grüße
Maria Seckerdieck
Maria Seckerdieck
Tier
Katze511
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Joined: Mon Dec 05, 2011 10:48 am

Re: Katze mit Hyperthyreose und Atemnot

Post by Katze511 »

Liebe Frau Seckerdieck,

vielen Dank für ihre Hilfe. Eine Frage hätte ich noch: :)
Da meine Katze weiterhin hustet und auch teilweise gelblichen Schleim ausspuckt, soll sie nun ein Antibiotikum bekommen. Der Tierarzt favorisiert Veraflox Suspension oder Tabletten, oder eben Azithromycin aus der Humanmedizin. Nun ist mir aber bei beiden Wirkstoffklassen bekannt, dass sie bei Herzpatienten mit Vorsicht zu verabreichen sind, da sie Herzrhythmusstörungen auslösen können. Haben sie bereits Erfahrungen mit diesen Antibiotika bei herzkranken Tieren?
Nochmals herzlichen Dank für ihre Hilfe.
Mariposa3103
Posts: 53
Joined: Tue Jul 31, 2012 9:14 am

Re: Katze mit Hyperthyreose und Atemnot

Post by Mariposa3103 »

Guten Morgen,

uns liegen keine Daten vor, aus welchen hervorgeht, dass Azithromycin beim Tier Herzrhythmusstörungen verursacht.
Als Nebenwirkungen sind v.a. gastro-intestinale Symptome wie Erbrechen oder Durchfall beschrieben, wobei individuelle Reaktionen natürlich immer auftreten können und nicht vorhersagbar sind.
Interaktionen mit Azithromycin sind mit dem Antiarrhythmikum Digoxin (Digitalis) beschrieben. Hierbei kann es bei gleichzeitiger Anwendung zu einer Erhöhung des Digoxin-Spiegels im Blut kommen. (Digoxin wird nur bei Vorhofflimmern und bei Katzen ohnehin sehr vorsichtig eingesetzt.)

Ich hoffe ich konnte Ihnen weiterhelfen,

herzliche Grüße

Maria Seckerdieck
Maria Seckerdieck
Tier
Katze511
Posts: 4
Joined: Mon Dec 05, 2011 10:48 am

Re: Katze mit Hyperthyreose und Atemnot

Post by Katze511 »

Liebe Frau Seckerdieck,

zuerst möchte ich mich nochmals für ihre Hilfe in der letzten Zeit bedanken. Sie haben mir wirklich weitergeholfen. Meine Katze hat Veraflox Tabletten bekommen und hustet nun gar nicht mehr. Aufgrund einer verlängerten Ausatmungsphase und verstärkter bronchialer Zeichnung soll sie nun aber zur Regeneration der Bronchien Prednisolon bekommen.Ist das nicht kontraindiziert? Mein Tierarzt und der Kardiologe meinten, dass es bei einer Dosierung bis zu 1mg /kg oral keinerlei Risiken gäbe. Meine Katze soll 0,5 mg/kg KG morgens bekommen.

Es wäre toll, wenn sie mir mit ihrer Erfahrung weiterhelfen könnten.

Vielen Dank.
alexandraseuss
Posts: 66
Joined: Tue Apr 16, 2013 9:31 am

Re: Katze mit Hyperthyreose und Atemnot

Post by alexandraseuss »

Hallo!

Tatsächlich kann eine Therapie mit Cortison – insbesondere über einen längeren Zeitraum – ein mögliches Herzversagen unter Umständen begünstigen.

Jedoch kann eine Cortisontherapie unter Anbetracht ihres möglichen Nutzens im Einzelfall erwogen werden – natürlich unter Berücksichtigung aller vorliegenden Befunde (v. a. auch der Größe des linken und/oder rechten Vorhofs), des Allgemeinzustandes der Katze und unter kontinuierlicher Atemfrequenzkontrolle. Darüber kann nur Ihr behandelnder Tierarzt/Kardiologe entscheiden, der Ihre Katze und alle ihre Untersuchungsbefunde kennt.

Mit freundlichen Grüßen,
Alexandra Seuß
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universit
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