Einseitige Herzvergrößerung bei 5-jähriger Katze

Hier beantworten wir Fragen zu Herzerkrankungen

Moderator: j.schöbel

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erikz
Posts: 3
Joined: Tue Jan 28, 2014 2:11 pm

Einseitige Herzvergrößerung bei 5-jähriger Katze

Post by erikz »

Hallo liebes Tierkardio-Team!

Kurze Vorgeschichte:
Im September 2013 ist mir aufgefallen, dass Sie sehr schnell durch die Nase atmete und Atemgeräusche machte / stöhnte. Daraufhin sofort zum Tierarzt. Diagnose damals: Bronchitis, da keine auffälligen Herzgeräusche usw. gefunden wurden. Im Dezember 2013 dann häufiges Niesen, wässeriger Auswurf beim Niesen, wässriger Augenausfluss, weitgehende Futterverweigerung. Diagnose: Infektion. Antibiotika wirkte (wenn überhaupt) erst nach Tagen. Situation verbesserte sich aber dennoch nach einer Woche.

Aktuell:
Heute ist meine Katze fast symptomfrei. Niest aber noch gelegentlich.
Vor einigen Wochen wurde durch eine Röntgendiagnostik (ein Röntgenbild von oben) eine einseitige Herzmuskelvergrößerung festgestellt. Das Herz sei "vergrößert" und "ausgeleiert". Außerdem sei "Wasser in der Lunge" und die Lunge sei "mit Bindegewebe durchzogen".

Auf die Nachfrage, ob es sich um eine HCM handle, wurde mir geantwortet: "es gibt verschiedene Kardiomyopathien". Kurzum: keine exakte Diagnose. Auch mehrmaliges Nachfragen nach einem Echokardiogramm wurde verneint. Da dies laut TA nicht notwendig sei. Das Röntgenbild sei ausreichend. Verordnet wurde Prilium.

Da ich mich in der Zwischenzeit etwas in das Thema einarbeiten konnte, stellt sich für mich nun die Frage, ob bei einer so ungenauen Diagnose und ohne Echokardiogramm überhaupt eine gezielte Therapie eingeleitet werden kann.

Vielen Dank für Ihre Hilfe!
alexandraseuss
Posts: 66
Joined: Tue Apr 16, 2013 9:31 am

Re: Einseitige Herzvergrößerung bei 5-jähriger Katze

Post by alexandraseuss »

Hallo!

Die von Ihnen beschriebenen Symptome, die Ihre Katze im letzten Jahr zeigte, sind nicht typisch für eine kardiale Ursache. Wässriger Augenausfluss und Niesen beispielsweise sprechen eher dafür, dass z. B. eine Infektion vorgelegen hat. Auch wäre die Symptomatik nicht von selbst oder auf Antibiose hin besser geworden, wenn eine Herzerkrankung die Ursache dafür gewesen wäre.

Unabhängig davon kann es bei jeder Katze natürlich immer möglich sein, dass eine Herzerkrankung im asymptomatischen Stadium vorliegt. Ein Röntgenbild kann manchmal  einen Hinweis auf eine solche Kardiomyopathie geben, wenn die Herzform oder –größe verändert ist oder einzelne Kammern auf dem Röntgenbild verändert erscheinen.

Dennoch raten wir immer zur Durchführung eines Herzultraschalls, wenn bei einer Katze der Verdacht auf eine Kardiomyopathie besteht. Der Herzultraschall ist sensitiver und spezifischer als das Röntgen, d. h. eine mögliche Erkrankung kann viel sicherer bestätigt oder ausgeschlossen werden. Außerdem können die Dimensionen der einzelnen Herzkammern viel besser ermittelt werden. So kann z. B. eine Vergrößerung eines oder beider Vorhöfe im Ultraschall dargestellt werden und auf dieser Grundlage entschieden werden, ob eine antithrombotische Therapie mit Clopidogrel eingeleitet werden sollte (zur Prophylaxe einer Aortenthrombose). Anhand der Größe der Vorhöfe kann oftmals auch abgeschätzt werden, ob ein Herzversagen in absehbarer Zeit droht. Herzversagen bedeutet, dass sich ein Lungenödem (Wasser auf der Lunge) und/oder Thoraxerguss (freie Flüssigkeit im Brustkorb) und/oder Aszites (Bauchwasser) anbildet. Wenn eine Herzerkrankung einmal soweit vorangeschritten ist, dann müssen dringend lebenslang Diuretika verabreicht werden.

Wenn ein Tier eine (fortgeschrittene) Herzerkrankung hat, raten wir seinen Besitzern immer dazu, regelmäßig die Ruheatemfrequenz bei diesem Tier zu zählen. Die Ruheatemfrequenz (also Anzahl der Atemzüge beim schlafenden Tier) kann ein guter Indikator dafür sein, ob bereits ein Lungenödem oder Thoraxerguss vorliegt: bei einer Ruheatemfrequenz von unter 45 Atemzügen in der Minute ist ein Lungenödem/Thoraxerguss relativ unwahrscheinlich. Bitte achten Sie auch auf den Atemtyp: bei manchen Tieren steigt im Herzversagen gar nicht so sehr die Atemfrequenz, sondern sie atmen sehr angestrengt aus dem Bauch heraus (Bauchatmung/abdominaler Atemtyp).

Ein EKG kann zusätzlich geschrieben werden, falls Hinweise auf eine Arrhythmie bestehen (unregelmäßiger Herzschlag bei der Auskultation oder während des Herzultraschalls), ist meist aber nicht routinemäßig nötig.

Ein Herzgeräusch muss übrigens bei einer Kardiomyopathie nicht vorhanden sein, d. h. auch eine gute Auskultation gibt häufig keine Hinweise auf eine Herzerkrankung.

Natürlich können wir aus der Entfernung keine Diagnosen stellen oder gezielte Therapieempfehlungen abgeben. Dies kann letztlich nur Ihr Tierarzt machen, der das Tier untersucht hat und alle seine Befunde kennt.

Mit freundlichen Grüßen,

Alexandra Seuß
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universit
erikz
Posts: 3
Joined: Tue Jan 28, 2014 2:11 pm

Re: Einseitige Herzvergrößerung bei 5-jähriger Katze

Post by erikz »

Vielen Dank für die Antwort!

Ich habe glücklicherweise eine gute Tierärztin in unserer Umgebung (nicht ganz so einfach im ländlichen Raum, hier: im Erzgebirge) gefunden, die die Courage besitzt, Expertenhilfe anzunehmen und mir so einen zeitnahen Termin mit einer Kardiologin in der Praxis der Tierärztin vermittelt hat.

Die TA hat mir offen gegenüber zugegeben, dass man als allgemeiner TA nicht ohne Weiteres über die nötige Erfahrung verfügen kann, eine solch sensible Untersuchung wie ein Echokardiogramm durchzuführen.

Jetzt weiß ich auch, wieso meine andere (noch) Haustierärztin ein Echokardiogramm für überflüssig hielt.

Nächte Woche Freitag weiß ich dann mehr und werde an dieser Stelle davon berichten, um meinen Fall auch für die "Nachwelt" zu dokumentieren.

Beste Grüße bis dahin!
Erik
erikz
Posts: 3
Joined: Tue Jan 28, 2014 2:11 pm

Re: Einseitige Herzvergrößerung bei 5-jähriger Katze

Post by erikz »

Hier der versprochene Nachtrag:

Ich bin gerade wieder mit meiner Katze zusammen vom Kardiologen-Termin zurück. Diagnose nach Herzultraschall: Herz sieht super aus, ist gesund und arbeitet perfekt.

Ich möchte diese Gelegenheit noch einmal dazu nutzen, jedem Tierbesitzer, bei dessen Tier eine Herzdiagnose nach einem Röntgenbild gestellt wurde, dringendst ans Herz zu legen, sein Tier bei einem Spezialisten, also bei einem Kardiologen vorzustellen und ein Herzultraschall machen zu lassen. Ein Herzultraschall ist die einzige zuverlässige Möglichkeit eine Aussage über das Herz eines Tiers zu machen. Das Röntgenbild ist - in Herzsachen - für die Tonne.
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