Mitralklappeninsuffizienz Tablettenumstellung

Hier bieten wir momentan Hilfe bei Ihren kardiologischen Fällen an

Moderator: j.schöbel

Dackeldame
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Joined: Tue Oct 29, 2013 6:42 am

Mitralklappeninsuffizienz Tablettenumstellung

Post by Dackeldame »

Mein Dackelmix (fast 14 Jahre, 7,8kg) leidet an einer Mitralklappeninsuffizienz. Sie bekam Vetmedin am Tag verteilt (5 mg früh 1,25, mittags 1, abends 1,25), Dimazon (früh und abends 10 mg), Prilactone frühs eine halbe Tablette. In letzter Zeit hatte sie starkes Herzrasen, atmetet wahnsinnig schnell und wurde 2mal ohnmächtig.

Wir haben dann eine Zweitmeinung eingeholt. Der TA änderte die Tabletten. Frühs Enalsapril 5mg, Prilactone wie gehabt, Dimazon früh und abends 10mg und Lasitop mite 0,05mg früh und abends eine 1/4 Tablette.

Meine größte Angst ist das ihr Herz komplett versagt. Ich fühle mich absolut hilflos und weiß nicht wie ich sie beruhigen kann. die Lunge wäre frei.

Nun hatte ich gestern Abend angefangen mit Lasitop, in der Nacht hatte sie Husten und kam nicht zur Ruhe, weil das Herz raste. Ich gab ihr dann Enalapril, auch 3 stunden später kommt sie immer noch nicht zu Ruhe.

Sind das normale Nebenwirkungen? Sollte ich einfach abwarten?
alexandraseuss
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Re: Mitralklappeninsuffizienz Tablettenumstellung

Post by alexandraseuss »

Hallo!

Mitralklappeninsuffizienz aufgrund einer Mitralklappenendokardiose ist die häufigste Herzerkrankung bei kleinen, älteren Hunden. Mit Fortschreiten der Erkrankung kann es zu Herzversagen kommen. Dies ist durch die Anbildung eines Lungenödems gekennzeichnet.

Um ein Lungenödem – und damit ein Herzversagen –  diagnostizieren zu können, ist eine Röntgenaufnahme der Lunge unumgänglich, da sich die Lunge bei der Auskultation trotz Lungenödem auch häufig „normal“ anhören kann.

Klinische Anzeichen für ein Lungenödem können eine hohe Atemfrequenz, Atemnot, vermehrte Bauchatmung, Ruhelosigkeit und Husten sein. Der einfachste Weg um Hinweise darüber zu bekommen, ob ein Lungenödem vorliegt, ist die Zählung der Ruheatemfrequenz daheim. Dabei zählen Sie einfach, wie oft sich der Brustkorb Ihres Hundes hebt und senkt, wenn Ihr Hund tief und fest schläft. Einmal Heben und Senken wird dabei als ein Atemzug gezählt. Diese Ruheatemfrequenz sollte unter 45 Atemzügen pro Minute liegen. Falls die Ruheatemfrequenz bei über 45 Atemzügen pro Minute liegt, oder Ihr Hund vermehrt Symptome aufweist wie Bauchatmung oder Husten, so besteht die Möglichkeit, dass sich ein Lungenödem gebildet hat. Dies kann trotz der Entwässerung mit Dimazon passieren, wenn die Dosis des Entwässerungsmedikaments nicht mehr ausreicht. Da ein Lungenödem eine potenziell lebensbedrohliche Situation darstellt, sollten Sie in diesem Fall umgehend einen Tierarzt aufsuchen, da mit einer Erhöhung der Dimazondosis meist eine unmittelbare Besserung erfolgt. Dimazon kann man bis zu einer Dosierung von 3-4 mg/kg Körpergewicht bis zu dreimal täglich erhöhen, falls dies nötig ist.

Weitere Medikamente, die bei einer Mitralklappenendokardiose mit gutem Erfolg eingesetzt werden, sind ACE-Hemmer (wie z. B. Enalapril) und Pimobendan (Wirkstoff: Vetmedin). Diese sollen das Herz in seiner Funktion unterstützen und eine Verbesserung der Überlebenszeit erwirken. Gegen ein Lungenödem hilft jedoch nur eine adäquate Versorgung mit Entwässerungsmitteln (wie z. B. Dimazon).

Lanitop wird in der Regel eingesetzt, wenn zusätzlich Vorhofflimmern vorliegt. Diese Rhythmusstörung geht meist mit einer starken Erhöhung der Herzfrequenz einher, sollte aber durch ein EKG bestätigt werden. Lanitop kann meist sehr erfolgreich die Herzfrequenz senken, hat jedoch leider eine enge therapeutische Breite. Daher muss der Wirkspiegel im Blut regelmäßig (das erste Mal 10 Tage nach Beginn der Therapie) kontrolliert werden. Optimal ist es, wenn man zur Kontrolle des Therapieerfolges ein 24-Stunden-EKG anfertigt, um sehen zu können, wie erfolgreich die Herzfrequenz gesenkt werden konnte. Gelegentlich gibt es auch andere Rhythmusstörungen, die Herzrasen hervorrufen können. Auch hierfür bietet sich die Abklärung mittels 24-Stunden-EKG an.

Eine starke Steigerung der Herzfrequenz (Herzrasen) kann übrigens auch erfolgen, wenn ein Hund im Herzversagen ist und sich ein Lungenödem heranbildet/herangebildet hat. Wir empfehlen daher dringend, dass Sie die Ruheatemfrequenz bei Ihrem Hund zählen und bei einem Tierarzt vorstellig werden, falls diese bei über 45 Atemzügen pro Minute liegt.

Die Synkopen (Ohnmachtsanfälle), die Ihr Hund gezeigt hat, können vielfältige Ursachen haben. Sie können mit einem Herzproblem zusammenhängen (z. B. Rhythmusstörungen), vasovagal bedingt sein (v.a. wenn sie z. B. in Zusammenhang mit dem Husten auftreten), Ausdruck eines Lungen- oder Luftröhrenproblems (z. B. Trachealkollaps) sein oder eine neurologische Ursache haben. In jedem Fall sollten diese Synkopen bei der Abklärung ihres Hundes mit berücksichtigt werden, da sie ggf. weitergehende Diagnostik erfordern.

Ihnen und Ihrem Hund alles Gute,

Mit freundlichen Grüßen,

Alexandra Seuß
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universit
Dackeldame
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Joined: Tue Oct 29, 2013 6:42 am

Re: Mitralklappeninsuffizienz Tablettenumstellung

Post by Dackeldame »

Sehr geehrte Frau Seuß,

vielen Dank für ihre kompetente und schnelle Antwort.

Heute waren wir wieder in unserer Tierklinik. Der Arzt meinte, es war völlig falsch Vetmedin abzusetzen und Lanitop zu nehmen. Lanitop wäre auch falsch dosiert.

Es hat sich viel Wasser angesammelt, dadurch auch die rasante Atmung (in der Ruhe 60 Atemzüge und das den ganzen Tag)

NUn hat sie wieder ihr Vetmedin und wir wollen das Enalapil beibehalten.

Mittlerweile ist sie fast wieder die "Alte". Sie ist mobil und ihre augen strahlen vor Lebensfreude.

LG
Dackeldame
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Joined: Tue Oct 29, 2013 6:42 am

Re: Mitralklappeninsuffizienz Tablettenumstellung

Post by Dackeldame »

Unserer Hündin geht es zwar nun etwas besser, jedoch schafft sie nur noch kurze Strecken. Dann beginnt sie wieder zu taumeln, bevor sie wieder umkippt warte ich bis es ihr besser geht und trage sie dann meist nach Hause.

Sie ist noch voller Lebensenergie und ihr geht es gut. Bis vor ca. 2 Wochen konnten wir noch ca. 20 Minuten spazieren gehen, aber aktuell ist es nicht mehr möglich.

Ist es besser sie gar nicht mehr zu belasten, also sie nur noch im Garten toben lassen oder immer wieder kleine Spaziergänge zu probieren?
alexandraseuss
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Re: Mitralklappeninsuffizienz Tablettenumstellung

Post by alexandraseuss »

Hallo!

Die Frage danach inwieweit man einen herzkranken Hund noch belasten darf ist immer nicht ganz einfach zu beantworten. Die meisten Tiere zeigen den Besitzern von selbst die Grenzen ihrer Belastbarkeit auf und danach sollte man sich einfach richten. Da diese Grenzen aber von Fall zu Fall sehr unterschiedlich gesteckt sind, kann es leider keine pauschalen Regeln geben, die wir den Besitzern an die Hand geben können. Wenn Ihre Hündin aber Interesse an kleinen Spaziergängen zeigt, kann man es schon versuchen – natürlich ohne dabei etwas erzwingen zu wollen.

Mit freundlichen Grüßen,

Alexandra Seuß
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universit
Dackeldame
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Joined: Tue Oct 29, 2013 6:42 am

Re: Mitralklappeninsuffizienz Tablettenumstellung

Post by Dackeldame »

Guten Morgen,

vielen Dank für Ihre Antwort.

Ich denke es naht ein Abschied. Die Dimazon-Tabeltten sind bereits überdosiert (45mg Hund wiegt 7,9 kg) und trotzdem hustet sie weiter. tierarzt will zwar immer dosis reduzieren, aber das wird nichts. Das Wasser nimmt immer mehr zu.

Zu Hause rennt sie schon noch rum, ist aber dann gleich kaputt.

Ich hoffe uns bleibt noch eine beschwerdefreie Zeit.
alexandraseuss
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Joined: Tue Apr 16, 2013 9:31 am

Re: Mitralklappeninsuffizienz Tablettenumstellung

Post by alexandraseuss »

Hallo!

Wenn das Dimazon bereits ausdosiert ist, so besteht die Möglichkeit, ein weiteres Entwässerungsmedikament dazuzugeben. Das äußerst potente Hydrochlorotiazid kann – zusätzlich zum Furosemid verabreicht – häufig eine gute Wirkung erzielen in Fällen, in denen das Furosemid nicht mehr ausreicht oder bereits ein Gewöhnungseffekt des Körpers eingetreten ist, da Hydrochlorothiazid an einer etwas anderen Stelle in der Niere angreift als Furosemid. Idealerweise wird es ca. eine Stunde vor der Furosemid-Gabe verabreicht um seine volle Wirkung entfalten zu können. Eine weitere Möglichkeit wäre, noch zusätzlich Spironolacton zu verabreichen. Dieses Medikament wirkt nicht so stark entwässernd, kann aber einen zusätzlichen Effekt haben, wenn die anderen Medikamente nicht mehr ausreichen.

Jedoch sollte man sich dazu sicher sein, dass die Verschlechterung wirklich an der Zunahme von Flüssigkeit in der Lunge liegt – es gibt nämlich selbstverständlich eine Reihe von anderen Ursachen weswegen ein älterer Hund hustet (Trachealkollaps, Infektion, Tumor,…). Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, die Ruheatemfrequenz zu zählen. Liegt diese bei weit unter 45 Atemzügen pro Minute und zeigt der Hund beim Schlafen keine Atemnot/Bauchatmung, so ist es eher unwahrscheinlich, dass ein Lungenödem vorliegt und es sollten andere Ursachen für den Husten in Betracht gezogen werden. Liegt die Ruheatemfrequenz über 45 Atemzügen pro Minute, so ist entweder die Entwässerung unzureichend und sollte um ein weiteres Entwässerungsmittel ergänzt werden oder es liegt eine andere Ursache zu Grunde. Dies entscheiden kann jedoch nur der Tierarzt der Ihren Hund aktuell kennt und behandelt.

Falls zusätzlich zur Mitralklappeninsuffizienz auch noch Rhythmusstörungen aufgetreten sind, so sollten selbstverständlich auch diese behandelt werden.

Bei einem Hund, der stark entwässert wird, sollten unbedingt auch regelmäßig die Nieren- und Elektrolytwerte (v. a. Kalium) im Blut überprüft werden. Eine Entgleisung dieser Werte kann auch zu einer massiven Verschlechterung des Zustands führen und Kalium lässt sich sehr einfach über die Nahrung substituieren, falls ein Mangel im Blut festgestellt wird.

Ich wünsche Ihrem Hund noch eine möglichst lange beschwerdefreie Zeit.

Mit freundlichen Grüßen,

Alexandra Seuß
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universit
Dackeldame
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Joined: Tue Oct 29, 2013 6:42 am

Re: Mitralklappeninsuffizienz Tablettenumstellung

Post by Dackeldame »

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Mittlerweile geht es ihr relativ gut, was sicherlich auch an den kalten Temperaturen liegt.

Ich habe im Internet etwas gegoogelt und bin auf das Medikament Strophantin gekommen. Haben sie Erfahrungen mit diesen Medikamenten?
alexandraseuss
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Joined: Tue Apr 16, 2013 9:31 am

Re: Mitralklappeninsuffizienz Tablettenumstellung

Post by alexandraseuss »

Hallo!

Mit Strophanthin selbst haben wir keine Erfahrung, wir setzen das Medikament auch nicht ein. Strophanthin (auch Ouabain genannt) gehört zur Medikamentenklasse der Herzglykoside. Ein anderes Medikament aus dieser Wirkstoffklasse haben Sie bereits kennengelernt: Lanitop (Wirkstoff: Digoxin). Die Wirkweisen von Strophanthin und Lanitop sind identisch, womit auch Einsatzgebiete und Nebenwirkungen nahezu gleich sind. Jedoch sollte Strophanthin intravenös verabreicht werden, da aufgrund der Moleküleigenschaften bei oraler Verabreichung nur ein sehr geringer Anteil überhaupt aus dem Darm in den Körper aufgenommen wird und die Resorption auch noch Schwankungen unterliegt, wodurch der Wirkspiegel im Blut schlecht steuerbar wird. Herzglykoside wurden früher gerne eingesetzt bei Herzschwäche, da sie einen positiv inotropen Effekt besitzen, d. h. sie wirken pumpkraftsteigernd. Heutzutage spielt dieser Effekt von Herzglykosiden keine Rolle mehr, da es in der Tiermedizin Vetmedin (Wirkstoff: Pimobendan) gibt, das die Pumpkraft viel effektiver steigert, aber viel weniger Nebenwirkungen und eine größere therapeutische Breite hat als Herzglykoside. Herzglykoside (und hier konkret Lanitop) werden heutzutage in der Regel nur noch eingesetzt zur Senkung der Herzfrequenz bei schnellem Vorhofflimmern. In Bezug auf diese Rhythmusstörung ist Lanitop tatsächlich nach wie vor das „wirksamste“ Medikament, so dass man es bei Vorhofflimmern immer noch als Medikament der ersten Wahl einsetzt, sofern keine anderen Rhythmusstörungen zusätzlich zum Vorhofflimmern bestehen. Aufgrund seiner engen therapeutischen Breite (d. h. der Gefahr, in einen toxischen Bereich zu kommen selbst bei richtiger Dosierung), muss der Wirkspiegel im Blut jedoch engmaschig kontrolliert werden und man muss sich der möglichen Nebenwirkungen bewusst sein (Nebenwirkungen auf Magen-Darm-Trakt, zentrales Nervensystem und am Herzen z. B. ventrikuläre Tachyarrhythmien oder AV-Blöcke).

Mit freundlichen Grüßen,

Alexandra Seuß
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universit
Dackeldame
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Re: Mitralklappeninsuffizienz Tablettenumstellung

Post by Dackeldame »

Unserer Dackelhündin geht es soweit gut. Sie bekommt Vetmedin, Enalapril, Tempora, Dimazon und Esidrix.

Heute ist sie nach langer Zeit wieder zusammen geklappt. Sie hat sich wahnsinnig gefreut, als ich nach Hause kam. Sie klappte zusammen, streckte den Kopf über und jaulte fürchterlich.

Wie schreitet diese Mitralklappeninsuffizienz voran? Wann kann man das Endstadium erkennen? Die Entwässerungstabletten haben schon die höchste Dosierung.

Frühs hat sie starken Husten, aber dann tagsüber geht es ihr sehr gut.
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