Sotalol und allgemein Antiarrhythmika

Hier beantworten wir Fragen zu Herzerkrankungen

Moderator: j.schöbel

Brutus
Beiträge: 6
Registriert: Do Jan 28, 2016 10:26 am

Re: Sotalol und allgemein Antiarrhythmika

Beitrag von Brutus »

Hallo,

ich musste mich wegen der Forum-Umstellung neu registrieren, bin aber die gleiche Person, welche dieses Forum-Thema ursprünglich eröffnet hat.

Brutus befindet sich weiterhin im okkulten Stadium, hat also nach außen keine sichtbaren Symptome und ist immer noch voller Energie. Ich habe nun neue Kontroll-Untersuchungen erstellen lassen. Die Werte im Herzultraschall haben sich nur minimal verschlechtert, sind also insgesamt eigentlich stabil geblieben.

Nun wurden aber erstmals überhaupt auch Herzmarker im Blut analysiert. Dabei wurde bei Brutus ein sehr hoher pro-BNP-Wert von 2.336 pmol/l festgestellt. Troponin I ist mit 0,38ng/ml ebenfalls erhöht.

Ist dieser hohe pro-BNP-Wert aus Ihrer Sicht ein Zeichen dafür, dass die klinische Phase (also der Beginn von Symptomen oder gar der plötzliche Herztod) kurzfristig bevorstehen könnte? Und sollte man auf so einen Wert in irgendeiner Weise besonders reagieren (weitere Untersuchungen, andere Medikamente, etc.)?

Eine weitere Frage habe ich noch: Heute habe ich hier im Forum die Frage eines Nutzers bezüglich einer neuartigen Stammzellen-Therapie bei DCM gelesen. Die Frage ist vor 2 Monaten gestellt worden. Haben Sie dazu schon Informationen?

Vielen Dank und viele Grüße,
Michael
mtorti
Beiträge: 95
Registriert: Mo Mär 30, 2015 4:53 pm

Re: Sotalol und allgemein Antiarrhythmika

Beitrag von mtorti »

Hallo!

Es freut uns, dass Brutus weiterhin stabil ist. Bei Hunden die eine Herzerkrankung haben, ist es zu erwarten, dass es zur Erhöhung von kardialen Biomarker (kardiales Troponin I – cTnI und B-typ Natriuretisches Peptid – NT-proBNP) im Blut kommt. Laut derzeitigen Interpretationskriterien für Cardiopet proBNP (IDEXX Laboratories) ist bei Werten >1800 pmol/L die Wahrscheinlichkeit, dass die klinischen Symptome (wie z. B. Husten) durch eine Herzinsuffizienz bedingt sind, sehr hoch. Des Weiteren gibt es auch nicht-kardialen Ursachen für NT-proBNP Erhöhung wie z. B. systemische arterielle Hypertension (Bluthochdruck) oder chronische Niereninsuffizienz. Leider ist noch nicht bekannt, welche Grenzwerte für Doggen ein Hinweis auf ein kommendes Herzversagen sind (wie z. B. die PREDICT-Studie, die gezeigt hat, dass eine NT-proBNP Wert über 1500 pmol/L bei Hunden mit Mitralklappenendokardiose ein Hinweis auf ein bevorstehendes Herzversagen ist).
Wir empfehlen Ihnen das weitere Vorgehen (wie z. B. Ruheatemfrequenzkontrolle, frühere kardiologische Kontrollen) mit Ihrem behandelnden Tierarzt zu besprechen, da dieser Brutus kennt und ein Gesamtbild hat. Denn es ist sehr schwierig aus der Ferne eine Aussage bezüglich des weiteren Krankheitsverlaufs zu treffen.
Bezüglich Ihrer Frage über Stammzellen-Therapie bei DCM gibt es bis jetzt keine neue Informationen oder Studien.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Marin Torti
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
Brutus
Beiträge: 6
Registriert: Do Jan 28, 2016 10:26 am

Re: Sotalol und allgemein Antiarrhythmika

Beitrag von Brutus »

Hallo,

vielen Dank für Ihre bisherigen hilfreichen Hinweise.

Ich hatte den Beitrag im letzten Sommer wegen der Therapie-Empfehlung zum Sotalol eröffnet, mich letztendlich aber damals noch gegen das Medikament entschieden. Vor 3 Wochen habe ich jetzt aber doch damit angefangen, da sich die Arrhythmien in einem neuen 24-Std.EKG verschlechert haben (ca. 4.500 VES in 24 Stunden). Das Sotalol ist noch in einer sehr geringen Dosis und ich soll es jetzt erhöhen.

Brutus hat eigentlich weiterhin keine (außerhalb der Untersuchungen) merkbaren Symptome.

Seit ca. 2 Wochen hechelt Brutus aber verstärkt und dieses Hecheln hört sich auch etwas komisch an, so wie man sich bei Kurzatmigkeit anhört. Das Hecheln tritt nur bei Aufregung oder bei Spaziergängen auf, dann aber schon direkt zu Beginn des Spazierganges oder sogar schon im Auto. Sein Verhalten ist dabei aber völlig unverändert. Er ist voller Energie, lebhaft, spielt mit seinen Hunden-Freunde und auch lange Spaziergänge (heute 2,5 Stunden) sind trotz der Krankheit und seines hohen Alters weiterhin kein Problem. Im Gegenteil hat man den Eindruck, dass er sogar noch länger gehen könnte.

Ich würde mich über die Beantwortung folgender Fragen freuen:

Brutus hat eine Ruhe-Atemfrequenz von lediglich 11-12. Könnte das Hecheln dennoch ein Zeichen von (beginnender) Wasseransammlung in der Lunge sein? Oder dürfte sein Allgemeinzustand dann nicht mehr so gut sein und dies ist wenig wahrscheinlich? Ist eine Wasseransammlung eigentlich in einem Herzultraschall zu sehen?

Kann das vermehrte Hecheln möglicherweise auch eine Nebenwirkung des Sotalol darstellen? Ich habe zum einen im Beipackzettel gelesen, dass Atemnot eine "häufige" Nebenwirkung ist. Zudem habe ich gehört, dass sich eine vorhandene Pumpschwäche durch das Sotalol weiter verschlechtern kann?

Viele Grüße und vielen Dank für Ihre Auskünfte,
Michael
s.hertzsch
Beiträge: 192
Registriert: So Aug 02, 2015 10:47 am

Re: Sotalol und allgemein Antiarrhythmika

Beitrag von s.hertzsch »

Hallo,

wie bereits in vorherigen Beiträgen erörtert, hat sich Sotalol bei Hunden bisher als sicheres und effektives Antiarrhythmikum erwiesen. Die beschriebenen Nebenwirkungen betreffen zumeist den Magen-Darm-Trakt. Da Brutus das Sotalol bisher gut vertragen hat, ist es eher unwahrscheinlich, dass die von Ihnen beschriebenen Symptome als Folge des Medikamentes anzusehen sind. Ausschließen können wir es jedoch, ohne Brutus selbst untersucht zu haben, nicht. Denn grundsätzlich kann Hecheln viele Ursachen haben – zum Beispiel verschiedene Stoffwechselerkrankungen, Stress oder schmerzhafte Zustände. Auch eine verminderte Leistungsfähigkeit aufgrund einer Herzerkrankung kann zu Hecheln führen. Bei einer Ruheatemfrequenz von <30Atemzüge/Minute ist es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass es sich bei dem Hecheln von Brutus um ein mögliches Lungenödem handelt. Prinzipiell kann man im Herzultraschall zwar Hinweise auf den Rückstau von Blut in die Lunge finden, das tatsächliche Vorhandensein eines Lungenödems ist jedoch nur im Rahmen einer Röntgenaufnahmen vom Brustkorb eindeutig zu diagnostizieren. Wir empfehlen Ihnen daher eine weitere diagnostische Abklärung des Hechelns.

Sotalol weist Eigenschaften mehrerer antiarrhythmischer Klassen auf, darunter auch eine Beta-Rezeptor-blockierende Wirkung. Dies kann die Pumpkraft des Herzens in geringem Maße negativ beeinträchtigen. Aus diesem Grund wird Sotalol bei Patienten mit reduzierter Pumpkraft zumeist eingeschlichen, um diesen Effekt zu minimieren. Ich bin mir sicher, dass ihr Tierarzt unter Berücksichtigung aller vorhandenen Befunde mit Ihnen zusammen die sinnvollste Therapie für Brutus finden wird.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Hertzsch
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
Brutus
Beiträge: 6
Registriert: Do Jan 28, 2016 10:26 am

Re: Sotalol und allgemein Antiarrhythmika

Beitrag von Brutus »

Hallo,

Brutus ist inzwischen 10,5 Jahre alt und lebt nun schon seit Frühjahr 2014 mit der Diagnose DCM. Während es bisher aber keinerlei (außerhalb der Untersuchungen) sichtbaren Symptome gegeben hat, hat sich dies nun leider in den vergangenen Wochen geändert. Er ist vor 6 Wochen und nochmal vor einer Woche bewusstlos geworden. Außerdem hechelt er sehr schnell bei Aufregung (z.B. schon vor dem Spaziergang, wenn er nur mitbekommt, dass wir jetzt gleich gehen), ist oft schnellatmig (vor allem Nachts) und hat seine vorher immer reichlich vorhandene Energie zu einem großen Teil verloren. Pausen schon nach kurzer Zeit auf Spaziergängen und überhaupt nur sehr kurze Spaziergänge sind jetzt leider die Normalität. Wobei ich in dieser Beziehung seinen Zustand nur schwer einschätzen kann, da wir in Südspanien leben und es zu dieser Jahreszeit immer über 25 Grad ist, auch nachts. Das bekommt ihm aufgrund seiner Krankheit und seines Alters natürlich überhaupt nicht. Vielleicht (hoffentlich) bessert sich dies, wenn es ab Mitte September langsam etwas kühler wird. Lebensfreude, Appetit, Lust zu spielen, usw. ist alles trotzdem noch voll vorhanden.

Sorge machen mir vor allem die beiden Ohnmachtsanfälle, da so etwas ja sicherlich auch zum plötzlichen Herztod führen kann. Diesbezüglich habe ich daher eine Frage an Sie. Beim Menschen werden Defibrillatoren implantiert. Ist so etwas auch beim Hund möglich und sinnvoll? Und abgesehen davon, würde es nicht Sinn machen sich für den Notfall einen mobilen Defibrillator zuzulegen, welcher ja schon recht günstig erhätlich ist.

Vielen Dank und viele Grüße,
Michael
mtorti
Beiträge: 95
Registriert: Mo Mär 30, 2015 4:53 pm

Re: Sotalol und allgemein Antiarrhythmika

Beitrag von mtorti »

Guten Tag,

es tut uns sehr leid, dass es Brutus inzwischen nicht mehr so gut geht. Aufgrund der Ohnmachtsanfälle empfehlen wir, dass ein 24-Stunden-EKG durchgeführt wird, um die Rhythmusstörungen genauer einschätzen zu können. Neben Sotalol gibt es andere Antiarrhythmika, die möglicherweise für seine jetztigen Rhythmusstörungen besser helfen.
Grundsätzlich können Ohnmachtsanfälle, die durch Rhythmusstörungen ausgelöst sind, zu einem plötzlichen Herztod führen. Ein implantierbarer Defibrillator ist beim Hund grundsätzlich möglich, jedoch muss dieser sehr genau eingestellt werden. Ob dies bei Ihnen in der Nähe möglich ist, müssten Sie mit Ihrem Haustierarzt besprechen.
Externe Defibrillatoren gibt es in verschiedenen Ausfertigungen. Um einen externen Defibrillator im Notfall einsetzen zu können, müssen Sie sich mit dem jeweiligen Modell vertraut machen. Die Defibrillatoren benötigen zusätzlich ein EKG, welches eine ausreichende Qualität aufweisen muss. Es ist sehr schwierig, mit einem externen Defibrillator einen Sekundentod zu unterbrechen. Des weiteren muss beachtet werden, dass Hunde nicht nur tagsüber während Aktivitätsphasen einen Sekundentod erleiden können, sondern ebenfalls in Ruhephasen oder beim Schlafen. Da es nicht möglich ist, einen Hund rund um die Uhr unter Aufsicht zu haben, ist ein externer Defibrillator als einzige Lösung nicht sicher. Insgesamt ist der Nutzen eines externen Defibrillators als fraglich anzusehen.
Bezüglich des Hechelns und der Leistungsinsuffizienz von Brutus können verschiedene Ursachen zugrunde liegen. Zum einen können aus kardialer Sicht Rhythmusstörungen zu einem verringerten Herzauswurf und in der Folge zu einer Leistungsinsuffizienz führen, zum anderen kann eine reduzierte Pumpkraft ebenfalls die Blutversorgung des Körpers reduzieren und auch zu einem Rückstau von Flüssigkeit in die Lunge führen. Durch einen Rückstau von Flüssigkeit kann es zu einer Atemnot mit Hecheln und Leistungsinsuffizienz sowie häufig auch Husten kommen. Jedoch gibt es auch viele nicht kardiale Ursachen für Hecheln oder eine Leistungsinsuffizienz, wie zum Beispiel Schmerzen. Daher empfehlen wir eine weitere Abklärung der möglichen Ursachen, wenn es bisher nicht diagnostisch aufgearbeitet wurde.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Marin Torti
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
Brutus
Beiträge: 6
Registriert: Do Jan 28, 2016 10:26 am

Re: Sotalol und allgemein Antiarrhythmika

Beitrag von Brutus »

Hallo,

Brutus scheint es im Moment etwas besser zu gehen, was unter anderem sicherlich daran liegt, dass es auch hier in Spanien endlich etwas kühler ist. Ich habe noch eine allgemeine Frage zu dem Sotalol:

1) Sotalol senkt die Kontraktionskraft des Herzens (und wird bei anderen Krankheiten wie PS sogar extra dafür verwendet). Nun liegt aber bei DCM ja gerade eine Kontraktionsschwäche vor. Kann die Gabe von Sotalol dann nicht, trotzt weniger Arrythmien, zu einer Verschlechterung des Krankheitsbildes und/oder einer Beschleunigung der Krankheits-Entwicklung führen?

2) Gibt es Studien (event. auch aus der Humanmedizin), welche die Vorteile einer gleichzeitigen Sotalol-Therapie und eine längere Überlebenszeit belegen? Für die anderen Medikamente (Vetmedin, ACE-Hemmer) ist es mir gelungen, solche Studien zu finden. Für Sotalol aber leider nicht.

Ich würde mich wieder sehr über eine Antwort freuen und bedanke mich im vorraus.

Mit freundlichen Grüßen,
Michael
mtorti
Beiträge: 95
Registriert: Mo Mär 30, 2015 4:53 pm

Re: Sotalol und allgemein Antiarrhythmika

Beitrag von mtorti »

Guten Tag,

es freut uns, dass es Brutus momentan besser geht. Bezüglich Ihrer Fragen:

(1) Sotalol hat einen milden Effekt auf die Kontraktionskraft, diese ist jedoch nicht stark ausgeprägt. Wie meine Kollegin bereits am 13. März beschrieben hat, wird bei Tieren mit reduzierter Pumpkraft Sotalol mit niedriger Dosis gestartet und über längere Zeit langsam gesteigert. Dadurch kann der Effekt auf die Kontraktionskraft reduziert werden.

(2) Es gibt viele Studien, die den Einfluss von Antiarrhythmika untersucht haben. Bei Dobermännern wurde der Einfluss von Antiarrhythmika allgemein untersucht und ein Hinauszögern des Sekundentodes, aber keine Verhinderung des Sekundentodes festgestellt. Bei Boxern und Schäferhunden wurde in verschiedenen Studien direkt die Wirkung von Sotalol untersucht und Sotalol stellte sich als sicher und wirksam dar. Bei Doggen gibt es keine Studien zu Sotalol, jedoch kann aufgrund der guten Wirkung bei anderen Hunderassen auch von einer Wirksamkeit bei Doggen ausgegangen werden. Die Überlebenszeit von Hunden mit Sotalol oder ohne Sotalol wurde nicht direkt untersucht. Ob Sotalol bei dem einzelnen Hund effektiv die Rhythmusstörungen reduziert, muss im Einzelfall überprüft werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Marin Torti
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
Brutus
Beiträge: 6
Registriert: Do Jan 28, 2016 10:26 am

Re: Sotalol und allgemein Antiarrhythmika

Beitrag von Brutus »

Sehr geehrter Herr Dr. Torti,

bitte entschuldigen Sie meine vielen Fragen. Es ist keineswegs so, dass ich an der Therapie zweifle. Aber ich möchte, auch als Nicht-Fachmann, den Sinn, Nutzen, Vor- und Nachteile der einzelnen Medikamente verstehen. Schließlich ist es eine tödliche Krankheit und in manchen Bereichen, gibt es durchaus unterschiedliche Ansichten zwischen verschiedenen Kardiologen. Nicht immer erhalte ich von den behandelnden Ärzten zufriedenstellende Antworten.

Sie haben mir mit Ihrer Antwort aber erneut sehr geholfen!

Vielen Dank und viele Grüße,
Michael
mtorti
Beiträge: 95
Registriert: Mo Mär 30, 2015 4:53 pm

Re: Sotalol und allgemein Antiarrhythmika

Beitrag von mtorti »

Hallo,

natürlich bemühen wir uns immer, Fragen zur Erkrankungen und Therapieoptionen so gut wie möglich zu beantworten. Es ist verständlich, dass man als Besitzer auch die Entscheidungsgrundlagen nachvollziehen möchte.

Wir freuen uns, dass wir Ihnen helfen konnten!

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Marin Torti
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintieklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
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