Mitralklappeninsuffizienz und Niereninsuffizienz bei Hund

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Moderator: j.schöbel

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Lisa
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Mitralklappeninsuffizienz und Niereninsuffizienz bei Hund

Beitrag von Lisa »

Bei unserem Hund (fast 13 Jahre) wurde vor 1 1/2 Jahren per Zufallsbefund eine Mitralklappeninsuffizienz festgestellt. Sie sollte dann ein Herz-Kreislaufmittel nehmen (Wirkstoff Pimobendan). Da ich sehr abwäge was Tabletteneinnahme betrifft, habe ich über 1 Jahr bei unserem Hund die Tabletteneinnahme herausgezögert. Dann im August 2016 kam es zu ersten offensichtlichen Symptomen. Herzhusten und erhöhte Atemfrequenz. Hierauf bin ich dann zum Tierarzt, der gleich ein Arsenal an Medikamenten auspackte. Herzkreislaufmittel Cardisure (Pimobendan), ACE Hemmer Benefortin (Benazeprilhydrochlorid) und Schleifendiuretikum Dimazon (Forosemid) 2-3x 40mg am Tag - unser Hund wog zu diesem Zeitpunkt grade mal 12kg! Darauf wurde der Husten und auch die Atmung besser. Allgemeinbefinden war nach wie vor sehr gut, außer dass sie sehr viel Wasser zu trinken begann, was ich auf die Entwässerung zurückführte. Blutbild war vor der Einnahme top! Nierenwerte, Leber alles super! Jetzt im November Blutbildkontrolle und katastrophale Nierenwerte. Ich habe sofort den ACE-Hemmer abgesetzt um die Nieren nicht weiter mit Medikamenten zu belasten. Erneute Kontrolle jetzt im Januar, der Tierarzt hat uns keinerlei Hoffnung mehr gegeben und von einem Wunder gesprochen, dass unser Hund so top fit sei!
Niere: Harnstoff-N   174                  mg/dl       9      - 29       
Kreatinin            5,3                  mg/dl       0      - 1.4      
SDMA (EIA)           45                   ug/dl       0      - 14   

Sie isst sehr gut, lange Spaziergänge sind kein Problem, sie fühlt sich offensichtlich gut! Das einzige was in der letzten Woche auffiel, war, dass ihre hinteren Beine im Stehen wegrutschten und sie 2x schon komplett umgefallen ist (nur Abends oder nachts)  und sie auf Abend zu starkes Muskelzittern hat, was der Tierarzt schon als erste Anzeichen für Elektrolytverschiebung hält. Allerdings hatte sie immer mal wieder im Winter Probleme mit Kälte und dem Bewegungsapparat. Sie hatte nach dem Umfallen dann starken Hunger und wenn sie gefressen hat geht es sichtlich besser. Könnte das auch auf Diabetes hinweisen? 

Ich gebe ihr seit ein paar Tagen von der Firma Heel SUC (Solidago comp., Ubichinon comp. und Coenzyme comp.) zur Unterstützung der Nieren.

Da ich mehrfach bei den Katzen meiner Eltern Niereninsuffizienz im Endstadium  mitbekommen habe, meine ich, dass das bei unserem Hund noch nicht der Fall ist. 


Meine Frage wäre jetzt, was ich noch machen kann. Ich hatte jetzt gelesen, das der Wirkstoff des Diuretikum welches sie bekommt (Furosemid) eine immunologische Reaktion auf die Nieren haben kann und Torasemid (was nur für Menschen zugelassen ist) zum entwässern eine bessere Alternative für die Nieren sei. Denn ich denke die Entwässerung kann man nicht weglassen wegen ihrem Herzen. Oder ist das nur ein Austausch von ein und dem selben? Kann die Niereninsuffizienz auf das hochdosierte Diuretikum gekommen sein?


Kann ich noch Zeit gewinnen wenn ich die Nieren komplett entlaste (oder braucht auch die Niere mit diesen Werten jetzt auch ein Diuretikum?) und alle Medikamente absetzte oder zumindest weniger gebe? Oder nur das Herzmittel?

Könnte ich Alternativen geben für Herzkreislauf und Entwässerung?

Wie schon oben erwähnt, meinem Hund geht es noch sehr gut und ich möchte nicht tatenlos zusehen, wie ich sie mit Medikamenten noch weiter vergifte und die Nieren vollends versagen.

Ich danke Ihnen schon im Voraus für ihre Bemühungen!

Mit freundlichen Grüßen
Lisa K.
s.hertzsch
Beiträge: 192
Registriert: So Aug 02, 2015 10:47 am

Re: Mitralklappeninsuffizienz und Niereninsuffizienz bei Hund

Beitrag von s.hertzsch »

Guten Tag,

bis vor wenigen Jahren erfolgte die medikamentöse Behandlung der Mitralklappenendokardiose erst, wenn die Patienten bereits klinische Symptome aufwiesen. Eine aktuelle Studie konnte jedoch zeigen, dass bei Hunden mit einer noch asymptomatischen Mitralklappenendokardiose, welche bereits eine Herzvergrößerung aufwiesen, durch der Einsatz von Pimobendan der Zeitpunkt bis zum Herzversagen um durchschnittlich 15 Monate hinausgezögert werden kann. Dies ist wahrscheinlich der Grund gewesen, weshalb Ihr Tierarzt bei der Diagnosestellung Pimobendan verschrieben hat.

Als Ihr Hund im August letzten Jahres ins Herzversagen gekommen ist, hat die Therapie mit Cardisure, Benefortin und Dimazon anscheinend gut angeschlagen, da sich seine Atmung unter Therapie deutlich verbesserte. Ohne die entwässernde Therapie hätte das Fortschreiten des Herzversagens innerhalb weniger Stunden bis Tage zum Erstickungstod geführt. Eine weitere Therapie mit entwässernden Medikamenten ist also unbedingt notwendig. Ob hierbei Furosemid oder Torasemid (als UpCard auch für den Hund zugelassen) gewählt wird, ist prinzipiell egal. Torasemid ist stärker wirksam, weshalb bei manchen Patienten eine einmal tägliche Gabe ausreicht. In der Fachliteratur ist eine immunogene Wirkung von Furosemid nicht beschrieben. Jedoch kann es durch die Entwässerung zu einem Anstieg der Nierenwerte sowie zu Veränderungen der Elektrolyte kommen. Daher sind regelmäßige Blutwertkontrolle notwendig um entsprechend frühzeitig therapeutisch einschreiten zu können. Generell sollte die Entwässerung auf die niedrigste wirksame Dosis reduziert werden. Diese ist von Patient zu Patient verschieden und erfolgt unter strenger Atemfrequenzkontrolle in enger Absprache mit dem behandelnden Tierarzt. Ist ein Patient bereits einmal im Herzversagen gewesen, ist eine lebenslängliche Entwässerung notwendig, auch wenn hierfür eine entsprechende Beeinträchtigung der Niere bei einigen Patienten mit in Kauf genommen werden muss. Denn ohne Entwässerungsmedikamente kommt es innerhalb kürzester Zeit zu einem erneuten Herzversagen.

Eine normale Reaktion des Körpers auf die Entwässerung und das Herzversagen ist die Aktivierung des sogenannten RAAS-Systems. Diesen Feedback-Mechanismus hofft man durch die Gabe von ACE-Hemmern wie beispielsweise Benefortin zu hemmen, damit das Herz weiter entlastet wird. Ob hierdurch wirklich eine Lebenszeitverlängerung erreicht wird bei Patienten mit einer Mitralklappenendokardiose ist Gegenstand aktueller Studien. ACE-Hemmer werden jedoch auch bei der Therapie der chronischen Niereninsuffizienz eingesetzt.

Bitte besprechend Sie jede Therapieanpassung mit Ihrem behandelnden Tierarzt.

Mit freundlichen Grüßen,

Sabine Hertzsch

Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
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