Allgemeine Verständnisfrage

Hier beantworten wir Fragen zu Herzerkrankungen

Moderator: j.schöbel

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Chi-Halter
Beiträge: 4
Registriert: Mi Nov 02, 2016 10:18 am

Allgemeine Verständnisfrage

Beitrag von Chi-Halter »

Guten Tag,

da ich mich in letzter Zeit sehr viel zum Thema Herzinsuffizienz beim Hund, Prognosen u. Erfahrungswerte von Besitzern belesen habe, hätte ich eine allgemeine Verständnisfrage:

Viele berichten, dass unter der Gabe von Vetmedin, Lanitop, Dimazon usw. (Je nach individuellem Krankheitsbild) relativ rasch eine Verbesserung des Allgemeinbefindens des Tieres eintrat. Dies war/ist auch bei meinem Hund so gewesen. Er geht weiterhin gern Gassi, frisst gut und 'bettelt' des Öfteren nach Nachschlag, schmust usw.
Viele berichten auch, dass der Herzhusten trotz Medikamentengabe nie ganz weg gegangen ist. So drückt das vergrößerte Herz ja auch auf die Bronchien etc. Das ist bei meinem Hund auch so (nehme ich an), da er gut auf die Entwässerung respondiert u. recht fit ist. Er hat auch nie Husten beim Gassi gehen etc., hustet aber dennoch nach wie vor öfter am Tag mal (keine Anfälle, eher 2-3 Huster am Stück).

Nun frage ich mich: Ist es realistisch anzunehmen, dass sich über die Zeit eine Reduktion der Herzvergrößerung einstellt, da die Medikamente den Organismus ja entlasten und unterstützen? Oder wird lediglich das weitere Voranschreiten etwas gebremst? Gibt es dazu Erfahrungswerte? Wie lange dauert es beispielsweise, bis sich eine Reduktion der Vergrößerung einstellen würde. Im Humanbereich spricht man ja von mehreren Monaten ab Zeitpunkt der Medi-Gabe...

Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen! :-)
s.hertzsch
Beiträge: 192
Registriert: So Aug 02, 2015 10:47 am

Re: Allgemeine Verständnisfrage

Beitrag von s.hertzsch »

Guten Tag,

unter Herzinsuffizienz versteht man die durch eine Erkrankung hervorgerufene Unfähigkeit des Herzens seine Aufgabe, nämlich die Versorgung des Körpers mit ausreichend Blut bzw. die Aufnahme von ausreichend Blut aus dem Körper, wahrzunehmen. Die Ursachen hierfür können vielfältig sein, weshalb hier keine allgemeingültige Antwort geben werden kann.

Erworbene strukturelle Herzerkrankungen, die bei Hunden am Häufigsten auftreten, sind die Mitralklappenendokardiose und die Dilatative Kardiomyopathie. Beide Erkrankungen führen in ihrem Verlauf zu einer Vergrößerung des Herzens (Volumenüberladung) und im Fall einer Dekompensation zum Rückstau von Blut über den linken Vorhof in die Lunge sowie im Fall der Dilatativen Kardiomyopathie teilweise auch zum Rückstau von Blut über den rechten Vorhof in den Bauchraum, was letztendlich zur Wasseransammlung in der Lungen (sog. Lungenödem) bzw. im Bauchraum (sog. Aszites) führt.

Je nach Stadium der Erkrankung und möglichen zusätzlichen Befunden erfolgt der Einsatz verschiedenster Medikamente. Hierzu zählen unter anderem das pumpkraftsteigernde Medikament Vetmedin mit dem Wirkstoff Pimobendan. Sowohl bei der Dilatativen Kardiomyopathie als auch bei der Mitralklappenendokardiose kann unter der Therapie innerhalb kürzester Zeit eine vorrübergehende Verkleinerung der kardialen Dimensionen beobachtet werden. Im Falle der Dilatativen Kardiomyopathie ist bei manchen Patienten sogar eine vorrübergehende vollständige Normalisierung der Herzdimensionen zu beobachten. Jedoch muss hierbei berücksichtigt werden, dass durch die Gabe der Medikamente keine Heilung der Erkrankung, sondern lediglich eine Verlangsamung des Voranschreitens und somit eine nur vorrübergehende Verkleinerung bewirkt wird.

Befindet sich ein Patient im Herzversagen, d.h. ist es zu einem Rückstau von Blut in die Lunge bzw. des Bauchraums mit einer entsprechender Wasseransammlung gekommen, erfolgt der Einsatz eines Entwässerungsmedikamentes wie z.B. Dimazon mit dem Wirkstoff Furosemid. Bei einer für den individuellen Patienten adäquater Therapie kann in der Regel innerhalb von wenigen Stunden eine Besserung der klinischen Symptome beobachtet werden.

Eine Herzerkrankung führt dann zu Husten, wenn es durch die Erkrankung zu einem Lungenödem gekommen ist, oder, wenn dass Herz infolge seiner Größe die Luftwege reizt. Husten ausgelöst durch ersteres sollte bei adäquater Entwässerungstherapie zeitnah verschwinden. Der Husten, welcher infolge einer Herzvergrößerung aufritt, bleibt häufig trotz adäquater Therapie bestehen. Zusätzlich sollte hierbei berücksichtigt werden, dass es viele nicht kardiale Ursachen für Husten gibt und jeder leider das Recht auf mehr als eine Erkrankung hat. Vor allem viele mittelalte bis ältere Patienten kleiner Hunderassen habe neben ihrer Herzerkrankung noch eine Erkrankung der Atemwege.

Mit freundlichen Grüßen,

Sabine Hertzsch

Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
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