HCM Medikamente zeigen keine Wirkung bei Katze ehe eine Verschlechterung

Hier beantworten wir Fragen zu Herzerkrankungen

Moderator: j.schöbel

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Milena
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Registriert: Mi Nov 16, 2016 12:16 pm

HCM Medikamente zeigen keine Wirkung bei Katze ehe eine Verschlechterung

Beitrag von Milena »

Hallo,

meine Katze Mia (Maine Coon) ist 5 Jahre alt und wiegt ca. 6 kg. Letzten Monat hat Mia gehumpelt. Mia hat freien Zugang zum unseren Garten und wurde wegen möglicher Verletzung mit Antibiotika Clavaseptin und Schmerzmittel Melosus behandelt. In 2 Tagen bei der Kontrolle der „Verletzungsbehandlung“ (Lahmheit) hat der Hausarzt schnelle Atmung festgestellt. Die Röntgenbilder haben Lungenödem, Arthritis an der Wirbelsäule gezeigt, aber keine Herzvergrößerung. Der Hausarzt hat ihr eine Entwässerungsspritze gegeben. Die Blutuntersuchung ergab am nächsten Tag erhöhte Werte von LDH - 310 + U/l, Lymphozyten bei dem Differential-Blutbild - 6220 + /ul und NT-proBNT Ergänzungstest > 1500 pmol/l. Unter HCM-Verdacht wurden wir in der Tierklinik überwiesen und sofort einen Termin bekommen. Dort wurde HCM nach dem Herzultraschal festgestellt. Das Humpeln wurde als Thrombose im Hinterbein angenommen. Mia blieb für 24 h in der Tierklinik zur Entwässerung unter Beobachtung.

Der Befund:
Lungenödem (im ganzen Brustkorb ist Körperflüssigkeit auf den Röntgenbilder zu sehen), Massive Thrombosebildung im Herz (beim Herzultraschal ist ein dicker Schneesturm zu sehen), das Herzmuskel ist enorm verdickt (die behandelnde Ärztin sieht „so eine Vergrößerung bei einer lebenden Katze zum ersten Mal“). Die Lebenserwartung von Mia wird von der Ärztin bis zu einem Jahr geschätzt.

Die Behandlung:
Dimazon, 10 mg. – Früh und Abend 1,5 Tabletten, Mittag 0,5 Tablette (Eine Woche nach der Feststellung der Krankheit, danach ohne die Mittagstablette). Die Herzfrequenz ist in der ersten Woche nach Dimazon Einnahme von 36-40 auf 20-24 (5-6 Atmungen in 15 Sek.) zurückgegangen. Ohne die Mittagstablette habe ich eine Erhöhung auf 7-8 Atmungen in 15 Sek. (28-32) gemessen.
Fortekor, 5 mg. – 0,5 Tablette am Abend.
Clopidogrel, 75 mg. – ¼ Tablette am Abend.
Kalium-Glukonat – 2,5 Löffel am Tag.
Mia hustet nicht, benimmt sich ganz normal. Beim Hochheben gibt die ein stumpfes Geräusch von sich und manchmal kurzen Miau.
Das Humpeln ist einige Tage nach der Medikamenteneinnahme weggegangen.
In der ersten Woche nach dem Anfang von Medikamenteneinnahme hat Mia das Essen verweigert. Am dritten Tag, ohne Futtereinnahme habe ich Katzenfutter unterschiedlicher Hersteller gekauft. Das Einzige, was Mia gefressen hat, war Maine Coon Trockenfutter von Royal Canin. Jetzt frisst sie wieder Nassfutter.
Die Medikamente gebe ich ihr mit ca. 1,5-2 Stunden Abstand, sodass es möglich wenige Wechselwirkungen gibt und zum Schutz der Nieren.

Die Kontrolle nach einem Monat:
Verschlechterung – Immer noch Körperflüssigkeit im Brustkorb, massiver Schneesturm im Herz, Herzmuskel ist dicker geworden. Untertemperatur.
Die Blutwerte sind OK. Die Nierenwerte sind OK.
Zusätzliche Medikamente nach der Kontrolle:
Die Mittagsdosis von 0,5 Tablette Dimazon.
ASS-CT, 50 mg. – 1/8 Tablette je 3 Tage.
Zusätzlich hat Mia Arthritis an den 5,6,7 Wirbelsäulengliedern und leidet unter Verstopfung. Dazu gebe ich Ihr nach Bedarf Microlax.

Meine Fragen sind:
Gibt es andere Medikamente, die eine bessere Wirkung erzielen können?
Haben Sie Erfahrung mit homöopathischen Medikamenten?
Zu der ASS habe ich mein Bedenken, da zu vielen negativen Nebenwirkungen – Magenblutung, Nierenangriff etc. Wenn die Krankheit so fortgeschritten ist, muss die Katze noch stärkeren Medikamenten bekommen, welche größeren Schäden und weiteres Leiden verursachen können?

Mia ist aktiv. Sie geht tagsüber in Garten, fängt ab und zu eine Maus, beobachtet die Vögel und Igeln. Sie frisst wieder normal und humpelt nicht. Sie frisst brav ihre Medikamente. Wenn man nicht weißt, wird man nicht glauben, dass sie so krank ist.

Die behandelnde Ärztin hat mich bei der Kontrolluntersuchung gefragt, ob die Mia bereits umgefallen ist und ihr Bewusstsein verloren hat. Ich war schockiert. Kommt so was jetzt? Was erwartet uns noch? Warum helfen die Medikamenten nicht? Gibt es andere Behandlungsmethoden, bessere Medikamente? Muss ich Ihr weitere aggressive Medikamente, wie ASS geben?

Für Ihre Antwort bedanke ich mich im Voraus.

Beste Grüße aus Mittelfranken,
Milena
Kardio
Beiträge: 162
Registriert: Di Jul 02, 2013 9:00 am

Re: HCM Medikamente zeigen keine Wirkung bei Katze ehe eine Verschlechterung

Beitrag von Kardio »

Hallo!

Ihren Beschreibungen kann man entnehmen, dass Ihre Katze Mia leider in einem fortgeschrittenen Stadium ihrer Herzerkrankung ist.
Tiere und insbesondere Katzen können die Symptome einer Herzerkrankung sehr oft über einen langen Zeitraum verstecken, sodass man als Besitzer die Erkrankung sehr lange nicht bemerkt.

Bei den Herzmuskelerkrankungen (Kardiomyopathien) der Katze handelt es sich leider um unheilbare Erkrankungen. Jedoch kann man durch eine geeignete und individuelle Therapie das Leben der Patienten verlängern und die Lebensqualität verbessern. Wie lange die Tiere mit dieser Erkrankung leben können ist bei Katzen sehr individuell.

Die Therapie stützt sich hierbei auf mehrere Pfeiler:
Entwässerungsmedikamente wie z.B. Furosemid (Dimazon) sind essentiell, wenn die Tiere dekompensiert sind, d.h. Wasser auf der Lunge (Lungenödem) oder im Brustkorb (Thoraxerguss) gebildet haben. Diese Medikamente müssen im Rahmen einer dynamischen Therapie immer wieder angepasst werden. Dabei ist - wie Sie es bereits machen - das Zählen der Ruheatemfrequenz der wichtigste Marker. Die Ruheatemfrequenz sollte unter 30 Atemzüge pro Minute liegen. Eine erhöhte Atemfrequenz weist darauf hin, dass sich wieder Wasser in der Lunge bildet. Zudem sollte man auch auf den Atemtyp achten, also ob die Katze bei der Atmung verstärkt mit dem Bauch presst. Sollte dies der Fall sein, sollte ein Röntgenbild vom Brustkorb angefertigt werden und geprüft werden, ob erneut Thoraxerguss oder ein Lungenödem vorliegt.
In manchen Fällen ist die alleinige Gabe von Furosemid jedoch nicht ausreichend und es kann notwendig werden, ein weiteres Entwässerungsmedikament zu verabreichen. Ob die zusätzliche Gabe eines weiteren Entwässerungsmedikamentes bei Mia sinnvoll ist, sollten Sie mit ihrem behandelnden Tierarzt besprechen, da nur er alle Untersuchungsbefunde kennt. Solange es ihr jedoch gut geht und die Ruheatemfrequenz stabil ist, scheint sie gut mit dem Furosemd eingestellt zu sein.
Da Furosemid zum vermehrten Ausschwemmen von Kalium führen kann, empfehlen wir regelmäßig Mias Elektrolyte zu kontrollieren. Manchmal muss, wie in Mias Fall, durch das Zufüttern von Kaliumgluconat Kalium supplementiert werden. Zudem sollten regelmäßig die Nierenwerte kontrolliert werden.

Da bei Ihrer Katze zudem der Verdacht auf eine Thrombose und ein erhöhtes Thromboserisiko vorliegen, ist es ratsam, die Thromboseprophylaxe mittels Clopidogrel fortzuführen. Hierbei sollte man wissen, dass man durch dieses Medikament nur das Risiko für eine Gerinnselbildung senken kann, jedoch nie sicher das erneute Bilden eines Gerinnsels ausschließen kann. Die FATCAT –Studie hat gezeigt, dass Clopidogrel das Risiko einer Thrombembolie besser senkt als Acetylsalicylsäure (ASS/Aspirin). Man kann Clopidogrel jedoch auch mit Acetylsalicylsäure kombinieren. Dabei sollte dann regelmäßig die Blutgerinnung überprüft werden und auf das Allgemeinbefinden geachtet werden. Ob diese Kombination oder das Spritzen von Heparin zusätzlich zur Gabe von Clopidogrel bei Mia sinnvoll ist, sollten Sie am besten mit Ihrem Tierarzt besprechen, da es bei jedem Patienten eine individuelle Entscheidung ist und Ihr Tierarzt/Kardiologe Ihre Katze am besten kennt.

Bei manchen Katzen mit fortgeschrittener Herzmuskelerkrankung kann es zu Ohnmachtsanfällen, sog. Synkopen kommen. Sollte es dazu kommen, raten wir dazu ein EKG anfertigen zu lassen, ob möglicherweise relevante Rhythmusstörungen vorhanden sind.

Über homöopathische Mittel gibt es keine Studien, die einen Nutzen beweisen können. Wir raten davon ab, die derzeit verabreichte Therapie durch Homöopathie zu ersetzen. Man kann jedoch versuchen, Homöopathika zusätzlich zu den bereits vorhandenen Medikamenten zu geben.

Da Mia derzeit aktiv ist und keine Symptome zeigt, scheint die derzeitige Therapie gut zu helfen.
Wir hoffen, dass Mia unter Therapie noch lange stabil bleibt und ihre Ausflüge in den Garten genießen kann.
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
Milena
Beiträge: 3
Registriert: Mi Nov 16, 2016 12:16 pm

Re: HCM Medikamente zeigen keine Wirkung bei Katze ehe eine Verschlechterung

Beitrag von Milena »

Besten Dank, Frau Dr. Klüser für Ihre ausführliche Antwort.

Heute habe ich die Ergebnisse von den Untersuchungen bekommen. Trotz Medikamente ist keine Verbesserung zu sehen. Ganz im Gegenteil. Die echokardiographische Messungen zeigen Erhöhung aller Werte. Da ist normal zu fragen, ob anderen Tabletten mit besserer Wirkung gibt?

Bei den ersten Untersuchung wurde Mitlaufendes EKG: HF 180/min, Sinusrhythmus gemessen. Nach einem Monat Behandlung wurde Mitlaufendes EKG: HF 190/min, Sinusrhythmus gemessen.

Warum bremsen die Medikamente die Krankheit nicht?

Ich gebe Mia kein ASS (Aspirin). In vielen Literaturquellen habe ich gelesen, dass Aspirin für Katzen ein Giftmittel darstellt. Bereits bei 1/4 Tablette Organschaden entstehen können. In häuslichen Bedingungen kann ich die Verantwortung nicht übernehmen, dass ich 1/8 von der ASS-Tablette richtig dosieren kann. Ich möchte eben die Katze nicht selbst vergiften…

Kann Heparin als Ersatz von ASS gegeben werden?

Mia verweigert die Einnahme von Kalium-Glukonat. Gibt es andere Präparate, welche die Elektrolyten im Blut wiederherstellen können?

In einigen Literaturquellen habe ich über die Unterschiede bei Röntgen Thorax von Hunderassen gelesen. Dabei gilt VHS als normaler Wert von 8 bis ca. 10, abhängig von der Hunderasse. Gibt es so eine Rassenabhängigkeit auch bei Katzen? Im Vergleich zu einer Europäischen Kurzhaar Katze sieht Mia - Maine Coon so aus, wie Boxer neben Jagdterrier …

Mir ist bewusst, dass Mia schwer krank ist und im besten Fall einfach umfallen wird. Das passiert irgendwann… Bis dieser Moment kommt, möchte ihr ein würdiges Katzenleben ermöglichen.
Heute hat sie den von der Luft gewirbelten Blättern im Garten nachgerannt.

Herzlichen Dank für Ihre Antwort im Voraus.

Beste Grüße aus Mittelfranken,
Milena
mtorti
Beiträge: 95
Registriert: Mo Mär 30, 2015 4:53 pm

Re: HCM Medikamente zeigen keine Wirkung bei Katze ehe eine Verschlechterung

Beitrag von mtorti »

Hallo!

Die Hypertrophe Kardiomyopathie der Katze ist leider eine Erkrankung, die progressiv ist, d.h. es gibt leider keine Medikamente, die ein Fortschreiten verhindern. Die Medikamente dienen dazu, die klinische Symptomatik zu verbessern und den Tieren ein möglichst normales Leben zu bieten. Außerdem soll etwa das Risiko für Komplikationen wie eine Bildung von Blutgerinnseln verhindert werden.
Ob die Messungen in der Ultraschalluntersuchung ein weiteres Fortschreiten zeigen, kann Ihr Kardiologe am besten erkennen, da er die Untersuchungen miteinander vergleichen kann.

Bei Katzen ist ein Sinusrhythmus von 180 bis 190 Schlägen pro Minute während eines Tierarztbesuches als Normalbefund zu werten. Da Katzen beim Tierarzt sehr aufgeregt sein können, können auch Werte von bis zu 220 Schlägen pro Minute erreicht werden. Dies ist nicht besorgniserregend.
Acetylsalicylsäure kann bei Katzen negative Effekte haben, wenn es nicht in der richtigen Dosierung verabreicht wird. Deshalb ist es richtig, vorsichtig mit diesem Medikament umzugehen. Dennoch kann es bei gegebener Indikation und bei verantwortungsvollem Gebrauch und engmaschigem Monitoring eingesetzt werden.

Falls Befürchtungen bezüglich der richtigen Dosierung bestehen, können Apotheken den Wirkstoff präzise dosiert in Kapseln abfüllen.
Möchte man zusätzlich zu Clopidogrel einen weiteren Gerinnungshemmer geben, kann man auch niedermolekulares Heparin nehmen. Dieses Medikament muss täglich subcutan (unter die Haut) gespritzt werden. Ob dies eine Alternative für Sie ist, sollten Sie am besten mit Ihrem Tierarzt besprechen.
Wenn Ihre Katze in den Blutwertkontrollen einen niedrigen Kaliumwert hat, muss Kalium supplementiert werden.

Bei der Katze ist die Beurteilung der Herzgröße anhand eines Röntgenbildes schwierig. Der VHS (Vertebral Heart Score) ist bei der Katze nicht sehr aussagekräftig. Insbesondere bei der Hypertrophen Kardiomyopathie kann sich das Herz im Röntgen noch normal darstellen, jedoch im Ultraschall deutliche Veränderungen zeigen. Deshalb sollte zur Kontrolle der Veränderungen am Herzen die echokardiographische Untersuchung favorisiert werden. Röntgenbilder des Brustkorbs sind jedoch nach wie vor der Goldstandard um ein Lungenödem zu diagnostizieren. Hierbei ist es für die Interpretation unerheblich, zu welcher Rasse die Katze gehört.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Marin Torti
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
Milena
Beiträge: 3
Registriert: Mi Nov 16, 2016 12:16 pm

Re: HCM Medikamente zeigen keine Wirkung bei Katze ehe eine Verschlechterung

Beitrag von Milena »

Herzlichen Dank für Ihre Antworten!!!

Leider ist Mia am 20.11.2016 infolge Lungenödem von uns gegangen.

Herzlichen Dank für Ihre Zeit.

Beste Grüße aus Mittelfranken
Milena
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