Frage(n) zu Herzinsuffizienz - Medikation - Prognose

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Moderator: j.schöbel

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Chi-Halter
Beiträge: 4
Registriert: Mi Nov 02, 2016 10:18 am

Frage(n) zu Herzinsuffizienz - Medikation - Prognose

Beitrag von Chi-Halter »

Hallo,

erstmal vorab: Ich finde es toll, dass es dieses Forum zwecks Erfahrungsaustausch bzw. Einholung von Infos gibt! Und ich hoffe natürlich auch in meinem "Fall" auf Infos etc. ... ;-)

Ich habe einen knapp 11 Jahre alten, kastrierten Chihuahua-Rüden. Bei ihm wurde vor knapp 6 Jahren eine Mitralklappeninsuffizienz diagnostiziert. Anfänglich wurde mit Prilenal 1mg behandelt. Zunächst bekam er 1/2 Tablette tgl., dann 1 Tablette tgl. u. in den letzten 4 Jahren bekam er Fortekor 5mg, jeweils 1 Tablette tgl.

Er war den ganzen Sommer über noch recht fit. Man merkte nur, dass er etwas langsamer gelaufen ist und der "Herzhusten" etwas häufiger auftrat. In den letzten 2-3 Wochen kam es zu einer stetigen Verschlechterung (Unruhe, erhöhte Atemfrequenz, Rasselgeräusche -> Lungenödem). Bei der Ultraschalluntersuchung nun der "Schock" für mich: Die linke Kammer ist mittlerweile 3x so groß wie normal, wobei sich die Wassereinlagerungen durch die Gabe von Dimazon 10mg/ 2x tgl. bereits gebessert hatten.

Nun bekam er das volle Programm angesetzt. Soll heißen, dass ich nun auf:

Cardalis 2,5/20 1x/tgl. 1/2 Tablette
Vetmedin 1,25 2x/tgl. 1 Tablette
Lanitop mite 0,05 1x/tgl. 1 Tablette
Dimazon 10mg 2-3x/tgl 1 Tablette

umstellen soll/werde.

Mein Hund frisst gut, seit der Gabe der Entwässerungstabletten ist der "Herzhusten" seltener geworden (im Schnitt 2-3x/Tag, ganz kurz, keine Anfälle, Tabletten erst seit ca. 1 Woche), er geht gern Gassi und wirkt relativ fit. Natürlich ruht/schläft er viel und ich will ihn nicht überfordern. Ziel meiner TA ist es, "das Herzchen wieder zu 'verkleineren'". Sie meinte, dass ich nun das volle Programm zur Stabilisierung und Entlastunge geben solle und wir in 6 Monaten nochmal ein Ultraschall machen werden. Sie meinte, dass ich ca. 3-4 Wochen nach der Umstellung eine deutliche Verbesserung spüren sollte.

Was sind die Erfahrungen mit diesen Medikamenten und deren Kombination? Wie sieht die Prognose aus? Ist das alles "tierwürdig"?

Mir ist klar, dass der Kleine wahrscheinlich keine 5 Jahre mehr lebt. Aber muss ich mich bereits jetzt mit dem Unvermeidbaren auseinandersetzen, da es recht schnell kommen wird? Gibt es Erfahrungswerte/Richtwerte?
Irgendwie ist dass je nach Tagesform für mich eine erlebte Mischung aus Stadium 2 und 3, der objektive Befund (Ultraschall) würde ja nun eher 3 oder 4 nahelegen...

Bin gerade echt durch den Wind.

Mein Ziele wäre, seine Lebensqualität zu erhalten und ihn noch so lange wie möglich bei mir zu haben. Ist das realistisch und vertretbar?

Besten Dank im Voraus! :-)
s.hertzsch
Beiträge: 192
Registriert: So Aug 02, 2015 10:47 am

Re: Frage(n) zu Herzinsuffizienz - Medikation - Prognose

Beitrag von s.hertzsch »

Guten Tag,

wenn es im Rahmen einer Mitralklappenendokardiose zu einer Dekompensation der Erkrankung kommt und ein sogenanntes Lungenödem entsteht, erfolgt eine Kombinationstherapie bestehend aus einem Entwässerungsmedikament z.B. Dimazon (Wirkstoff: Furosemid) oder UpCard (Wirkstoff: Torasemid) und einem pumpkraftsteigerndem Medikament – das sogenannte Vetmedin (Wirkstoff: Pimobendan). Zusätzlich kann bei erhaltender Nierenfunktion die Therapie um einen ACE-Hemmer, wie er unter anderem in dem Präparat Cardalis enthalten ist, ergänzt werden. Bei einigen Patienten reicht die Gabe eines einzigen Entwässerungsmedikamentes zur Stabilisierung nicht aus, sodass in diesen Fällen weitere Entwässerungsmedikamente verabreicht werden müssen. Sollten noch andere Veränderungen vorliegen, kann die Gabe von weiteren Medikamenten notwendig werden.

Lanitop mit dem Wirkstoff Metildigoxin wird heutzutage nur noch als Antiarrhythmikum zur Therapie von Vorhofflimmern eingesetzt. Früher, als es noch kein Vetmedin gab, wurde es auch wegen seiner Pumpkraftsteigernden Wirkung verwendet.

Normalerweise zeigen die Patienten bei einer adäquaten Therapie innerhalb von wenigen Stunden bis Tagen eine deutliche Besserung des Allgemeinbefinden und der klinischen Symptome. Eine Verkleingung des Herzens kann in einigen Patienten vorübergehend erreicht werden. Das Ziel ist jedoch eine klinische Verbesserung. Ein wichtiger Parameter zur Überwachung des Klinik ist die Ruheatemfrequenz. Diese sollte, wenn der Patient entspannt ist bzw. schläft <30Atemzüge/Minute sein. Bei einem Lungenödem steigt diese Atemfrequenz an und kann Werte von weit über 30Atemzügen/Minute erreichen. Jedoch gibt es auch andere Ursachen, weshalb die Ruheatemfrequenz erhöht sein kann. Es empfiehlt sich daher bei einer wiederholt erhöhten Ruheatemfrequenz einen Tierarzt zu kontaktieren.

Gemäß der aktuellen Studienlage ist die durchschnittliche Überlebenszeit von Patienten mit einem Lungenödem aufgrund einer Mitralklappenendokardiose 267 Tage. Das bedeutet jedoch nicht, dass jeder Patient mit dieser Erkrankung nur noch ein ¾ Jahre zu leben hat. Einige Patienten leben mit einer adäquaten Therapie deutlich länger, andere aber leider auch wesentlich kürzer. Das allerwichtigste ist, dass der Patient trotz Erkrankung und Therapie eine ausreichende Lebensqualität hat. Diese ist von Patient zu Patient aber auch von Besitzer zu Besitzer verschieden.

Leider kann ich, ohne Ihren Chihuahua-Rüden selbst untersucht zu haben und die genauen Befunde zu kennen, nicht beurteilen, ob die gestartete Therapie eventuell optimiert werden kann. Ich empfehlen Ihnen daher dies mit ihrem behandelnden Tierarzt oder Kardiologen zu besprechen.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Hertzsch
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
Chi-Halter
Beiträge: 4
Registriert: Mi Nov 02, 2016 10:18 am

Re: Frage(n) zu Herzinsuffizienz - Medikation - Prognose

Beitrag von Chi-Halter »

Hallo,

erstmal vielen lieben Dank für die ausführliche Antwort!

Zudem ein kleines Update: Mein Hund bekommt nun den 5. Tag Vetmedin (1,25 mg / morgens u. abends), sowie die Entwässerung mit Dimazon 10mg (2-3x/ Tag) u. 1/2 Cardalis 2,5/25 morgens. Seit gestern Abend noch Lanitop Mite 0.05 mg 1x/abends.

Bisher hat er alles sehr gut vertragen. Er frisst sehr gern u. geht gern Gassi. Insgesamt bemerke ich bereits nach den 5 Tagen eine Leistungssteigerung, wenngleich ich natürlich bemüht bin, dem Tier nicht zu viel "zuzumuten". Er hat bisher auch keine Durchfälle o. ä. u. wirkt fitter. Lediglich der Herzhusten ist noch da. Interessanterweise aber nicht beim Gassi gehen etc., sondern eher nach längerem Liegen u. wenn er zu sehr tollt. Darüber hinaus sind es keine 1-minütigen Anfälle mehr u. in der Frequenz über den Tag etwas weniger als zuvor.

Ich frage mich, ob der Husten ganz verschwinden kann/sollte? Oder bleibt dieser weiterhin trotz Medikamentengabe bestehen?

Meine TA meinte auch, dass die Mittel mindestens 1 Woche, eher 2-3 bräuchten, um sich im Körper oderntlich einzupegeln.

Ist es realistisch, dass ich dann mal weniger entwässern muss oder bleibt das Ödem, wenn einmal da, meist bestehen?

Besten dank im Voraus!

LG
mtorti
Beiträge: 95
Registriert: Mo Mär 30, 2015 4:53 pm

Re: Frage(n) zu Herzinsuffizienz - Medikation - Prognose

Beitrag von mtorti »

Hallo!

Es freut uns sehr, dass es Ihrem Hund besser geht!
Husten kann verschiedene Ursachen haben. Er kann ein frühes Anzeichen eines beginnenden Lungenödems sein. In diesem Fall verschwindet der Husten, wenn das Lungenödem mittels Entwässerung behandelt wird. Bei einigen Tieren mit Herzerkrankungen verschwindet der Husten jedoch nicht komplett. Dies kann daran liegen, dass das vergrößerte Herz auf den Stammbronchus drückt und es somit zu einem Hustenreiz kommt.
Zudem leiden Hunde insbesondere kleinerer Rassen im Alter häufig an Lungenerkrankungen, die sich ebenfalls durch Husten äußern können. In diesen Fällen ist es von der Art der Lungenerkrankung abhängig, ob der Husten unter Therapie wieder verschwindet.
Unter ausreichender entwässernder Therapie bildet sich ein Lungenödem komplett zurück. Bei der entwässernden Therapie handelt es sich um eine sog. dynamische Therapie, d.h. die Dosierung der Medikamente muss immer wieder an den jeweiligen Patienten angepasst werden. Bei Patienten, die unter der entwässernden Therapie stabil sind, d.h. ein Ruheatemfrequenz von <30min zeigen, kann die Entwässerung schrittweise reduziert werden. Dies sollte immer nur unter Rücksprache mit dem behandeln Tierarzt und unter täglicher Kontrolle der Ruheatemfrequenz erfolgen.
Da die Herzerkrankung jedoch auch weiter fortschreitet, ist es möglich, dass im weiteren Verlauf die Dosierung der Entwässerung wieder erhöht werden muss. Auch dies sollte immer in Absprache mit Ihrem Tierarzt geschehen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Marin Torti
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
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