Ab wann Vetmedin?

Hier bieten wir momentan Hilfe bei Ihren kardiologischen Fällen an

Moderator: j.schöbel

Michael
Beiträge: 16
Registriert: Mo Mär 24, 2014 10:38 pm

Ab wann Vetmedin?

Beitrag von Michael »

Hallo,
mein 8-jähriger Doggenrüde weist im Herzultraschall einen leichten Verlust der Herzkontraktion auf, ohne wichtige morphologische Veränderungen und ohne eine Überbelastung des Volumens. Die Werte sind insgesamt grenzwertig und zeigen insbesondere eine Verschlechterung gegenüber dem vorhergehenden Herzultraschall vor einem halben Jahr (als insgesamt noch alles in Ordnung war). ) Beispielsweise: LVDd 5,68 cm LVDs 4,74 cm (VSd/LVd 0,17). Der Kardiologe sagt, obwohl dies noch nicht gesichert sei, würde er eine beginnende DCM vermuten und er empfiehlt schon jetzt mit Vetmedin zu beginnen. Mein Hund hat keine Symptome, ist fit und sportlich. Ab wann empfehlen Sie eine Behandlung mit Vetmedin? Bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt? Schwierig ist für mich auch die Frage zu beantworten, in wieweit ich ihn belasten kann. Er liebt sehr lange Spaziergänge, welche durchaus mehrere Stunden dauern können und bei welchen auch andere Hunde mitkommen. Darf er so etwas noch machen?
Vielen Dank für Ihre Hilfe.
livi.wolf
Beiträge: 37
Registriert: Do Jul 04, 2013 8:52 pm

Re: Ab wann Vetmedin?

Beitrag von livi.wolf »

[left]Hallo,

bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir auf die Ferne keine Diagnosen stellen oder Therapieempfehlungen aussprechen können, ohne Ihren Hund selbst untersucht zu haben.

Generell verabreichen wir das Medikament Vetmedin (Wirkstoff Pimobendan), wenn die Hunde im Herzultraschall eine Pumpschwäche/ verminderte Kontraktilität aufweisen. Es gibt durchaus Hunde, die solche Anzeichen im Herzultraschall haben, jedoch klinisch für den Besitzer unauffällig wirken und aufgrund der Befunde das Vetmedin bekommen.
Es wird von den Tieren in der Regel gut vertragen.

In Studien bei Dobermännern konnte in Bezug auf die Dobermann Kardiomyopathie, die typischerweise eine lange okkulte (für den Besitzer unauffällige) Phase aufweist, gezeigt werden, dass mit der Pimobendangabe sowohl der Beginn der klinischen Symptome hinaus gezögert werden konnte, als auch die Überlebenszeit verlängert werden konnte.

Für eine Pumpschwäche gibt es auch noch andere Ursachen neben einer DCM, die man idealerweise bei Verdacht abklären sollte, da die Folgen häufig reversibel sind, wenn es sich nicht um eine primäre DCM handelt.

Demnach sind neben der DCM die Hauptdifferentialdiagnosen für eine Pumpschwäche ein Taurinmangel (dies könnte auftreten, wenn sie Futterrationen selbst zusammen stellen ohne vorherige Rationsberechnung), eine Tachykardie-induzierte DCM (sollte hier der Verdacht bestehen, wäre es sinnvoll ein EKG, idealerweise ein 24-Stunden-EKG, zu schreiben) oder eine Myokarditis.

Am besten Sie beraten sich mit Ihrem Kardiologen ausführlich, da dieser die Befunde erhoben hat und Ihren Hund untersucht hat.

Grundsätzlich sollte man bei einem herzkranken Hund die Lebensqualität erhalten, ihn jedoch körperlich nicht überfordern. Damit gilt, dass Sie sich einfach an sein Tempo und Verhalten anpassen sollten, wenn es um die Spaziergänge geht.

Wir wünschen Ihnen und Ihrem Hund alles Gute!

Liebe Grüße,
O.Wolf[/left]
Tier
Michael
Beiträge: 16
Registriert: Mo Mär 24, 2014 10:38 pm

Re: Ab wann Vetmedin?

Beitrag von Michael »

Hallo, vielen Dank schon mal für die Antwort. Es ist nun noch etwas dazu gekommen. Ich hatte bei meinem (normalen) Tierarzt vor Ort letzte Woche noch ein paar Blutwerte in Auftrag gegeben. Der Taurin-Wert ist leider noch nicht da. Allerdings ist Magnesium zu niedrig (0,96 mg/100ml; Referenz ist 1,8 bis 3,6). Kann dies zu den Veränderungen im Herzultraschall führen? Und sollte man dies nun erstmal weiter abklären und ggfl. behandeln, oder sollte man dennoch bereits begleitend mit Vetmedin beginnen? Vielen Dank für Ihre Hilfe.
livi.wolf
Beiträge: 37
Registriert: Do Jul 04, 2013 8:52 pm

Re: Ab wann Vetmedin?

Beitrag von livi.wolf »

[left]Hallo,

uns ist kein Zusammenhang zwischen einer Pumpschwäche und einem zu niedrigen Magnesiumgehalt im Blut bekannt. Sie können bezüglich des Magnesiums das weitere Vorgehen mit Ihrem Tierarzt besprechen, es ist auf jeden Fall sinnvoll, diesen Wert nochmals nachkontrollieren zu lassen.

Sollten Sie selbst zusammengestellte Rationen füttern ohne vorhergehende Rationsberechnung durch einen Ernährungsspezialisten, empfehlen wir dies nachzuholen.

Liebe Grüße,
O.Wolf[/left]
Tier
Michael
Beiträge: 16
Registriert: Mo Mär 24, 2014 10:38 pm

Re: Ab wann Vetmedin?

Beitrag von Michael »

Hallo Frau Wolf,
vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen. Über die Vorteile einer frühzeitigen Vetmedin-Gabe (laut Studien längere Überlebenszeit, oft langsameres Fortschreiten der DCM) hatte ich schon gelesen und daher soll bei meinem Hund die Therapie auch schon beginnen. Eine Frage hatte ich trotzdem noch vergessen und hoffe, dass Sie mir dies auch (ganz allgemein unter Vorbehalt, da Sie meinen Hund ja nicht untersucht haben) beantworten können. Verschreiben Sie in der Regel bei einer noch leichten Pumpschwäche und einem Hund ohne merkbare Symptome bereits die Standard-Dosierung von Vetmedin (2x0,25mg/kg täglich) oder beginnen Sie bei Hunden ohne Beschwerden zunächst mit der vom Hersteller angegebenen unteren Schwelle der Wirksamkeit des Medikaments (2x0,1mg/kg/Tag)?
livi.wolf
Beiträge: 37
Registriert: Do Jul 04, 2013 8:52 pm

Re: Ab wann Vetmedin?

Beitrag von livi.wolf »

[left]Hallo,

wenn wir im Herzultraschall eine Pumpschwäche diagnostizieren, dann empfehlen wir die Gabe der Standarddosierung (0,25 mg/kg 2 x täglich), natürlich muss man schauen, wie sich dies mit dem Gewicht und der Tablettengröße ausgeht und jeweils anpassen.

Am Besten Sie besprechen dies mit Ihrem Tierkardiologen, der kann Ihnen dann die richtige Tablettengröße und Menge entsprechend dem Gewicht empfehlen.

Wir wünschen Ihnen und Ihrem Hund alles Gute!

Liebe Grüße,
O.Wolf[/left]
Tier
Michael
Beiträge: 16
Registriert: Mo Mär 24, 2014 10:38 pm

Re: Ab wann Vetmedin?

Beitrag von Michael »

Hallo Frau Wolf,
erneut vielen Dank.
Nun habe ich endlich auch das Ergebnis der Blutuntersuchung bekommen. Tatsächlich ist Taurin mit einem Wert von 47 (Referenz 60-120) zu niedrig. Außerdem liegt die Asparaginsäure bei 8 (Referenz 11-54) und Glyzinie bei 102 (Referenz 110-319). Die anderen Aminosäuren sind in Ordnung. Da die Niere gesund ist, muss dies wohl an der Fütterung liegen und ich soll nun darüber Einfluss nehmen, damit die Werte wieder in den Referenzbereich zurückkehren.
Ich habe drei Fragen:
1) Die Werte sollen laut der Tierärztin (nicht dem Kardiologen) nicht gravierend schlecht sein. Kann es dennoch sein, dass die diagnostizierte DCM auch durch eine noch geringfügige Abweichung des Normalwertes verursacht wurde? Insbesondere da dies vorher noch nie untersucht wurde und man nicht weiß, wie lange der Mangel schon besteht?
2) Im Falle eines geringfügen Taurin-Mangels bei gleichzeitig vorliegender okkulter DCM empfehlen Sie Ihren Patienten lediglich eine ausgewogene Ernährung (also bsp. gekauftes fertiges Trockenfutter einer Premiummarke) oder raten Sie zusätzlich Taurin der Nahrung beizufügen? Falls ja, kann auch eine möglicherweise entstehende Überversorgung gesundheitsschädlich sein?
3) Falls eine ernährungsbedingte DCM vorhanden sein sollte, soll diese unter Umständen reversibel sein. Mein Hund bekommt nun aber auch das Vetmedin. Kann der Kardiologe in so einem Fall auch unter der laufenden Medikamenten-Einnahme zu einem späteren Zeitpunkt feststellen, dass das Herz wieder in Ordnung ist und man das Vetmedin absetzen kann? Oder müsste das Vetmedin dafür rechtzeitig vor dem Herzultraschall bereits abgesetzt werden?
Bitte entschuldigen Sie meine vielen Fragen und nochmals vielen Dank für Ihre kompetenten Antworten.
Kardio
Beiträge: 162
Registriert: Di Jul 02, 2013 9:00 am

Re: Ab wann Vetmedin?

Beitrag von Kardio »

Hallo,

Es ist möglich, dass die DCM bei Ihrem Hund durch einen Taurinmangel entstanden ist.

Wir empfehlen bei einem Taurinmangel neben einer ausgewogenen bzw berechneten Ration durch Tierernährungsexperten das Taurin zu substituieren. Dieses kann ganz einfach in Pulverform übers Futter gestreut oder als Kapsel eingenommen und somit ergänzt werden. Erhältlich ist dieses u.a. im Reformhaus. Üblicherweise empfehlen wir 500-1000 mg zwei- bis dreimal täglich. Bitte besprechen Sie aber mit Ihrem behandelnden Tierarzt/Kardiologen die richtige Dosierung für Ihren Rüden.

Falls die DCM bei Ihrem Rüden tatsächlich durch einen Taurinmangel ausgelöst wurde, kann diese durch die Substitution reversibel sein.
Ob zu einem späteren Zeitpunkt die Einnahme von Vetmedin dann noch nötig sein sollte, kann dann je nach Ergebnis des Herzultraschalls entschieden werden. Falls sich wieder eine normale Herzfunktion einstellen sollte, ist es durchaus möglich, dass Ihr Hund dann kein Vetmedin mehr benötigen wird. :)  Dies kann jedoch nur Ihr behandelnder Kardiologe entscheiden. Um sicher zu gehen, dass die gute Herzfunktion nicht durch das Vetmedin verursacht wurde, kann dann nochmal ein Kontrollultraschall - ohne Vetmedin-Einfluss - durchgeführt werden.

Ich wünsche Ihrem Rüden alles Gute,
Viele Grüße,
Lena Klüser
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
Michael
Beiträge: 16
Registriert: Mo Mär 24, 2014 10:38 pm

Re: Ab wann Vetmedin?

Beitrag von Michael »

Hallo,

erneut vielen Dank. Ihre Antwort hatte ich so erhofft, auch wenn es nur eine Möglichkeit ist.

Ich habe noch eine Frage: Der Carnitin-Wert im Blut wurde nicht bestimmt. Wie ich bei Ihnen gelesen habe, wäre dieser wohl auch nicht aussagefähig. Der Tierarzt empfiehlt mir dennoch ein Produkt, welches neben Taurin auch L-Carnitin enthält, da dieses ebenfalls im Verdacht stehen würde eine DCM verursachen zu können. Im Reformhaus kann ich aber auch reines Taurin enthalten. Was würden Sie bevorzugen? Reines Taurin oder gleichzeitig auch L-Carnitin?

Wegen der Dosierung sagte mir der Tierarzt 500mg-Taurin pro Tag pro 10kg, was bei meinem Hund 3.850 mg pro Tag bedeuten würde. (Obwohl der Taurinmangel im Bluttest mit 47, anstatt 60 bis 120, nicht sehr gravierend war.) Kann Taurin und L-Carnitin eigentlich auch überdosiert werden, so dass es schädlich für den Hund wird?

Haben Sie Erfahrungswerte wie lange das Herz benötigt, um eine Besserung zu zeigen, sofern es am Taurinmangel lag?
Kardio
Beiträge: 162
Registriert: Di Jul 02, 2013 9:00 am

Re: Ab wann Vetmedin?

Beitrag von Kardio »

Hallo,

eine alleinige Substitution von Taurin sollte bei Ihrem Doggenrüden eigentlich ausreichend sein, da bei Ihrem Hund ja auch ein Taurinmangel nachgewiesen wurde.  :)
Hierbei müssen Sie sich auch wegen einer Überdosierung keine Sorgen machen, da es sich um eine wasserlösliche Aminosäure handel, welche bei "Überdosierung" einfach vom Körper ausgeschieden wird.
Die Dosierung sollten Sie mit Ihrem behandelnden Tierarzt besprechen, da nur er alle Untersuchungsergebnisse kennt.
(Ein Beispiel für eine Dosierungsmöglichkeit für Taurin wären  500-1000 mg zwei- bis dreimal täglich, jedoch muss dies individuell von Ihrem behandelnden Tierarzt auf Ihren Hund angepasst werden)

Bezüglich Carnitin haben Sie vollkommen Recht. Carnitin kann im Blut nicht aussagekräftig nachgewiesen werden. Man bräuchte eine Probe aus dem Herzmuskel selbst, um die Carnitinkonzentration zu bestimmen - was allerdings einen extrem invasiven Vorgang darstellen würde. Dies führen wir jedoch üblicherweise nicht durch. Außerdem ist Carnitinmangel ein sehr seltener Befund und wurde bisher nur in 6 Fallberichten bei Boxern beschrieben. (Würde es sich bei Ihrem Hund um einen Boxer handeln, könnte man eine Substitution mit Carnitin ausprobieren).

Erfahrungsgemäß kann man erste Erfolge/Tendenzen einer Substitutionstherapie circa 3-6 Monate nach Beginn der Therapie erkennen.

Ich drücke Ihrem Rüden die Daumen!!
Mit freundlichen Grüßen,
Lena Klüser
Team Tierkardiologie
Medizinische Kleintierklinik
Ludwig-Maximilians-Universität München
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