Diagnostizierte DCM und eventuell Epilepsie

Hier bieten wir momentan Hilfe bei Ihren kardiologischen Fällen an

Moderator: j.schöbel

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Bianca_Tews
Beiträge: 2
Registriert: Do Okt 30, 2014 3:21 am

Diagnostizierte DCM und eventuell Epilepsie

Beitrag von Bianca_Tews »

Liebe Forenmitglieder,

ich wende mich heute an dieses Forum, da ich mir erhoffe, Hinweise auf die sinnvollste Handlungsstrategie zu erhalten.

Ich möchte Sie nicht mit einem langen Text langweilen und entschuldige mich vorab für die vielen Worte. Der Fall ist aber eben sehr komplex.

Vorgeschichte: Ich besitze zwei Rottweiler (eine kastrierte Hündin, 6,5 Jahre, einen unkastrierten Rüden, 6,5 Jahre), die relativ dicht verwandt sind miteinander - die Mutter der Hündin ist die Schwester des Rüdens.
Die Hündin wird wegen ihrer im Schlaf auftretenden epileptischen Anfälle, die im Alter von vier Jahren begannen, mit Antiepileptika behandelt. Leider nicht besonders erfolgreich. Eine kardiologische Ultraschalluntersuchung ergab vor ein paar Monaten bei der Hündin eine leichte Form der DCM. Der Tierarzt wies darauf hin, dass er die Hündin nicht mit Herzmedikamenten behandeln möchte, da sie bereits durch die Antiepileptika stark belastet sei (tägliche Gesamtdosen: 400mg Phenobarbital, 800mg Impetoin, 1200 mikrogr L-Thyroxin, 5 mg Cortison ... das L-Thyroxin bekommt sie wegen einer SD-UF, das Cortison, weil sie das Phenobarbital nicht verträgt, aber bei der Herabsetzung der Dosis eine erhöhte Anfallsneigung zeigt).
Dies als Hintergrundinformation für die Fragen, die sich weiter unten zu unserem Rüden Floh stellen.

Also, Floh hatte in der Vergangenheit bereits einige Male beim Gassigehen leichte Kreislaufprobleme. Dies haben wir beim Tierarzt angesprochen, auch dass er öfters hustet, wenn er stark beim Spielen knurrt. Der TA meinte daraufhin, dass dies noch kein deutliches Zeichen für Probleme wäre, der Hund wurde deswegen die nächsten Jahre kardiologisch nicht untersucht.
(da hätten wir selbst wohl stärker nachhaken sollen, aber dies ging bei der belastenden Krankengeschichte der Hündin irgendwie unter)
Im Mai dieses Jahres dann geschah es beim abendlichen Füttern, dass Floh , noch bevor der Futternapf hingestellt wurde, mit einem epileptischen Anfall umfiel. Zumindest sah es wie ein epileptischer Anfall aus: Bewusstseinsverlust und krampfen, rudern mit den Extremitäten, urinieren, das Ganze etwa 30 Sekunden lang. Danach kurze Orientierungslosigkeit und Unruhe sowie große Angst. Er erholte sich aber sehr schnell.
Der Hund wurde am Folgetag dem TA vorgestellt, und dieser führte eine Blutuntersuchung durch, welche unauffällig blieb. Er wies darauf hin, dass eine Epilepsie durchaus bei so eng verwandten Hunden auftreten könnte und schlug eine Therapie mit Phenobarbital vor.

Wir verlangten aber erst einmal eine kardiologische Untersuchung, da es uns seltsam erschien, dass Floh aus der Wachphase heraus umfiel und nicht wie die Hündin Alena aus der Schlafphase.
Wir dachten uns, vielleicht hat er etwas mit dem Herzen und verträgt die "Stressspannungsspitze" nicht.
Röntgen und Ultraschall waren tatsächlich eindeutig: DCM, und das Kontraktionsvermögen (oder was da eben gemessen wird, Sie werden schon wissen, was gemeint ist) lag bei 19 Prozent.

Floh wurde daraufhin Cardisure verschrieben, und er erhielt 2 mal täglich je 5mg bei einem Gewicht von 41 kg (Floh ist ein schmaler, schlanker Rotti).

Zwei Wochen später fiel Floh wieder mit einem epileptischen (?) Anfall um, und zwar in exakt derselben Situation beim Füttern. Sechs Stunden später in der Nacht hatte er aus dem Schlaf heraus einen zweiten Anfall und dann 12 Stunden später einen dritten, nachdem er schlief und von meinem Mann gestreichelt wurde, also plötzlich erwachte.  :-[

Wir suchten dann abermals den TA auf, dieser erhöhte die Medikamentendosis vom Cardisure auf 2 x täglich je 10mg, und Floh bekam zusätzlich noch 1 x täglich 7,5 mg Ramipril. Dies ist auch die aktuelle Dosis.

Dann waren 6 Wochen Ruhe, dann fiel Floh während der identischen Fütterungssituation wieder um, dann zwei Wochen später abermals, und dann eine Woche später. Beim letzten Mal folgte 6 Stunden später ein zweiter Anfall aus der Schlaphase heraus um halb acht morgens.

Wir haben jetzt die Fütterungssituation geändert, damit Floh nicht mehr sieht, wie der Napf hingestellt wird, aber das ist ja keine Lösung des Kernproblems.


Für uns ist wichtig herauszufinden, was das für Anfälle sind - also ob diese vom Herzen kommen oder ob er tatsächlich ein "richtiger" Epileptiker ist. Denn danach richtet sich ja die weitere Therapie.
Wir wollen aber nicht ins Blaue hinein das hochgradig süchtig machende (und leberschädigende) antiepileptische Phenobarbital verbreichen, solange wir nicht wissen, ob die DCM nicht die Ursache sein könnte oder Herzrhythmusstörungen oder etwas in der Art.

Das Problem ist, dass die Hündin ja auch eine leichte DCM hat und ebenfalls ein starkes Anfallsverhalten zeigt, nur eben aus der Ruhephase heraus - und trotz starker Medikamentengabe ungefähr alle 3 Wochen Anfallsserien mit 2 - 6 Anfällen zeigt. Vielleicht doch keine Epilepsie???

Unser Tierarzt hat die DCM sehr sicher diagnostiziert, aber in dieser Anfalls-Frage scheint er etwas unsicher zu sein, und dies ist der Grund, weshalb ich mich heute an Sie wende.

Meine konkreten Fragen lauten:

- was sind die sinnvollen nächsten Untersuchungsschritte, um am sichersten herausfinden zu können, was diese Anfälle verursacht?

- macht ein 24 Stunden EKG Sinn, und wenn ja, wo kann ich dies im Raum Südberlin durchführen lassen?

- wenn diese Anfälle vom Herzen kämen, wird eine Hochsetzung der Medikamente ausreichen, oder wird es noch Zusatztherapien geben?

- ganz plump: Was soll ich tun?

- und was empfehlen Sie wegen unserer Hündin? Meinen Sie, auch hier macht ein Langzeit EKG Sinn?


Ich bedanke mich im Voraus bei Ihnen und sende Ihnen

verzweifelte Grüße!
andrealeithner
Beiträge: 39
Registriert: Do Jun 05, 2014 2:10 pm

Re: Diagnostizierte DCM und eventuell Epilepsie

Beitrag von andrealeithner »

Hallo!

Zuerst muss ich Ihnen leider sagen, dass wir aus der Ferne ohne Ihre beiden Hunde selbst untersucht zu haben keine Diagnosen und Therapieempfehlungen für Ihre Hunde geben können!

Generell gibt es zunächst einmal bei "Anfällen" die Möglichkeit, dass es sich um echte epileptische Anfälle handelt oder auf der anderen Seite eine sog. Synkope (Ohnmachtsanfall) infolge von Herzrhythmusstörungen. Ein epileptiformer Anfall zeigt sich zum Beispeil durch ein verändertes Wesen/Verhalten des Tieres vor und/oder nach dem Anfall, weiterhin geht der Anfall selbst oft mit tonisch-klonischen Krämpfen, Urin- und/oder Kotabsatz und Speicheln einher. Im Gegensatz dazu treten kardiale Synkopen plötzlich auf, ohne dass das Tier vorher wesensverändert ist und auch nach dem Ohnmachstanfall ist das Tier in der Regel wieder ganz normal und zeigt währenddessen eher keinen Urin-/Kotabsatz oder Krämpfe.
Aber dies ist leider nicht immer so klar voneinander abgrenzbar, das bedeutet, dass zum Beispiel auch ein Synkope durchaus auch mit Urinabsatz einher gehen kann.

Daher ist es wichitg Ihren Hund weiter untersuchen zu lassen um herauszufinden, welche Ursache für das Problem verantwortlich ist, da sowohl die Rhythmusstörungen potentiell lebensbedrohlich sind, als auch ggf. vorhandene die neurologischen Probleme therapiert werden sollten.

Wichtig zu wissen ist, dass man eine DCM allein über ein Röntgenbild nicht diagnostizieren kann. Hierfür ist immer eine echokardiographische Untersuchung nötig, die einem eine Aussage über die Pumpkraft des Herzens geben kann. Wenn eine Pumpschwäche des Herzen vorliegt ist die Gabe von Pimobendan als positiv inotropes Medikament indiziert. Der Wirkstoff Pimobendan ist im Medikament Cardisure und Vetmedin enthalten.
Neben echokardiographischen Veränderungen kann es bei der DCM auch zu Herzrhythmusstörungen kommen. Diese können mittels eines Kurzzeit-EKG´s und eines 24-Stunden-EKG´s evaluiert werden und anhand der Ergebnisse entschieden werden ob eine Therapie von ggf. vrohandenen Ryhthmusstörungen nötig ist.

Da bei Ihren beiden Hunden eine DCM diagnostiziert wurde, rate ich Ihnen daher zu einer weiteren kardiologischen Abklärung mittels eines EKG's.
Da weiterhin bei Ihrem Rüden aber auch noch nicht klar ist, ob er nicht zusätzlich zur DCM auch ein neurologisches Problem hat, sollte in jedem Fall, falls möglicherweise vorhandene Rhythmusstörungen nicht der Auslöser für die Problematik sind, eine weitere neurologische Untersuchung und Diagnostik erfolgen!
Wenn beispielsweise ein 24-Stunden-EKG druchgeführt wird, und es tritt ein "Anfall" auf, dann müssen sie die Uhrzeit notieren und dann kann der Kardiologe schauen, ob zu dieser Uhrzeit Rhythmusstörungen vorliegen. 

Zusammengefasst:
- eine kardiologische Abklärung auf Rhythmusstörungen ist in jedem Fall sinnvoll
- wenn keine Rhythmusstörungen als Ursache für die "Anfälle" gefunden werden, dann sollte in jedem Fall eine neurologische Untersuchung/Abklärung und ggf. weitere neurologische Diagnostik erfolgen, damit die Ursache gefunden werden kann und eine adäquate Therapie begonnen werden kann
- prinzipiell besteht auch die Möglichkeit, dass Ihre Hunde beide Erkrankungen haben und daher auch für beide Probleme die erforderliche Therapie erhalten sollten
- abhängig von den Untersuchungsergebnissen kann die Therapie optimiert werden (zum Beispiel beim Vorliegen von Rhythmusstörungen Gabe von antiarrhythmisch wirkenden Medikamenten)
- wir raten dazu die Untersuchungen möglichst bald durchführen zu lassen, da es sich um potentiell lebensbedrohliche Erkrankungen handeln kann

Zu Ihrer Hündin bleibt noch zu sagen, dass wir leider nicht beurteilen können, ob ihre Probleme neurologischen Ursprungs sind oder nicht. Da Sie aber beschreiben, dass auch bei ihr eine DCM diagnsotiziert wurde, empfehlen wir auch hier eine Kontrolle. Wenn bei ihr eine Pumpschwäche des Herzens vorliegt, dass sollte diese auch therapiert werden.

Wir drücken die Daumen für Ihre Lieblinge und wünschen alles Gute!

Mit freundlichen Grüßen,

A. Leithner
Andrea Leithner
Tier
andrealeithner
Beiträge: 39
Registriert: Do Jun 05, 2014 2:10 pm

Re: Diagnostizierte DCM und eventuell Epilepsie

Beitrag von andrealeithner »

Einen auf Tierkardiologie spezialisierten Kollegen in Ihrer Nähe finden Sie z.B. in der Mitlgliederliste des Collegium Cardiologicums. Hier der Link dazu:

http://www.collegium-cardiologicum.de/m ... liste.html

Viele Grüße
Andrea Leithner
Tier
Bianca_Tews
Beiträge: 2
Registriert: Do Okt 30, 2014 3:21 am

Re: Diagnostizierte DCM und eventuell Epilepsie

Beitrag von Bianca_Tews »

Hallo Herr Leithner,

vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Ich antworte erst heute, da ich berufsbedingt vorher keine Gelegenheit hatte.

Eine Ultraschalluntersuchung ist bei beiden Hunden erfolgt, dies hatte ich vergessen zu erwähnen.

Gut, Sie empfehlen also wie vermutet für beide Hunde ein 24 Stunden EKG. Dies werde ich durchführen lassen, damit die Rhythmusstörungen schonmal dokumentiert werden können, sofern es sie gibt.
Ist diese Diagnosemethode denn sicher, bzw. reichen 24 Stunden?

Welche genauen neurologischen Untersuchungen meinen Sie denn für unsere beiden Hunde?


Vielen Dank und viele Grüße!
Anna_Fritscher
Beiträge: 44
Registriert: Di Jul 01, 2014 10:58 am

Re: Diagnostizierte DCM und eventuell Epilepsie

Beitrag von Anna_Fritscher »

Hallo,

ein 24-Stunden-EKG ist ausreichend um die Gefährlichkeit verschiedenster Rhythmusstörungen einschätzen zu können. Wenn es um die gezielte Abklärung von anfallsartigen Episoden geht ist es manchmal notwendig ein Mehrtages-EKG zu machen, z.B. wenn gerade an dem Tag an welchem ihr Hund das EKG trägt kein Anfall stattfindet. Denn nur wenn eine solche Episode stattfindet in dem Moment wenn der Hund das EKG trägt, kann später bei der Auswertung sicher beurteilt werden ob die Episode kardiologischen Ursprungs ist oder nicht.

Angenommen dies wäre der Fall (eine Episode findt statt und eine kardiologische Ursache kann ausgeschlossen werden), dann ist weiterführende neurologische Diagnostik zu empfehlen.

Dies beginnt immer mit einer ausführlichen neurologischen Untersuchung, bei der am wachen Hund z.B. Haltungs- und Stellreaktion und Reflexe getestet werden. Sie können sich das wie eine ausführliche allgemeine Untersuchung mit zusätzlicher Beurteilung des Gangs und der Reflexe vorstellen, es ist dazu keine besondere Vorbereitung notwendig.
Weiterführende neurologische Diagnostik kann zum Beispiel ein MRT oder Liquoruntersuchung (Untersuchung der Rückenmarksflüssigkeit) sein. Ob diese Untersuchungen bei Ihren Hunden notwendig sind kann am besten ein auf Neurologie spezialisierter Tierarzt nach einer allgemeinen neurologischen Untersuchung einschätzen.

Alles Gute für Ihre Hunde,
Anna Fritscher
Tier
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