<Cor triatriatum, eine sehr seltene Herzerkrankung bei Hunden und Katzen

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Cor Triatriatum bei Hunden und Katzen

Prof. Dr. Gerhard Wess

Dipl. ECVIM-CA (Innere Medizin), Dipl. ECVIM-CA (Kardiologie), Dipl ACVIM (Kardiologie)

Leiter der Abteilung für Tierkardiologie der Medizinischen Kleintierklinik der LMU München

Einführung - Was ist ein Cor triatriatum?

Das Cor triatriatum sinister (CTS) stellt eine äußerst seltene Missbildung des linken Atriums bei der Katze (und ebenso bei Hunden) dar. Es ist beim Menschen in 0.1% der kongenitalen Herzerkrankungen beschrieben.

Der linke Vorhof wird durch eine (meist horizontale) fibromuskuläre Membran in zwei Kammern unterteilt; bei der klassischen Form in einen proximalen linken Vorhof, in dem die Pulmonalvenen münden, und in einen distalen linken Vorhof, der Verbindung zum linken Herzohr zeigt und über die Mitralklappe mit dem linken Ventrikel verbunden ist, und das eigentliche linke Atrium darstellt. CTS entsteht während der embryonalen Entwicklung des pulmonären Venensystems und ist Folge einer unvollständigen Vereinigung des "common pulmonary venous chamber".
Die Membran zwischen den beiden linken Vorhofkammern ist in der Regel recht stark ausgebildet. Ein Blutfluss zwischen den beiden Kompartimenten des linken Vorhofes findet durch eine Perforation in dieser Vorkammermembran statt, wobei die Größe der Perforationsstelle die Lebensfähigkeit und den Zustand des Tieres beeinflusst.

Es wird eine hohe Frühmortalität beobachtet (in der Humanmedizin eine Mortalität von 75% in der frühen Kindheit), wobei die Prognose, abhängig von der Perforationsgröße der Membran, im Allgemeinen ohne operative Intervention als schlecht zu werten ist.

Pathophysiologie

Durch den gestörten bzw. erschwerten Blutfluss zwischen linkem Vorhof und linker Hauptkammer und dem erhöhten Druck im linken proximalen Vorhof (s.u.) kommt es zu einer Vergrößerung des linken Vorhofes und durch Blutrückstau in der Lunge zur Ausbildung eines kardialen Lungenödems. Mit fortschreitendem Anstieg des links atrialen Druckes reagieren die Pulmonalarterien mit Vasokonstriktion und versuchen so, die Ventilation und Perfusion der Lunge zu reduzieren; eine Fehlanpassung betrachtet man die Ödem bedingte Hypoxie. Dadurch, dass nun auch der rechte Ventrikel gegen einen größeren Druck pumpen muss, kommt es zu einer Vergrößerung des rechten Ventrikels. Die pulmonale Hypertension verursacht eine Drucküberladung des rechten Herzens und führt durch eine Ausdehnung des Trikuspidalklappenanulus zu einer Trikuspidalinsuffizienz.

Klinik

Klinisch zeigt sich ein CTS durch Husten, Niesen, Lethargie, Anorexie und Dyspnoe.
Ein diastolisches Herzgeräusch (II­III/VI) ist von links auf Höhe der Herzbasis auskultierbar, die Tiere sind tachykard, zeigen einen schwachen Femoralispuls und eine verschärfte Atmung.
Röntgenologisch ist eine Kardiomegalie mit einer Vergrößerung des linken Atriums und rechten Ventrikels, vergrößerte Pulmonalarterien und ­venen, und ein Lungenödem feststellbar. Zeichen der Rechtsherzvergrößerung im EKG sind erhöhte P­Wellen und eine Rechtsherzachsenabweichung.

Diagnose

Die Diagnose wird mittels Echokardiografie gestellt. Die Untergliederung in proximalen und distalen linken Vorhof durch eine Membran ist sichtbar, mittels Dopplersonografie kann der Blutfluss durch die Perforationsstelle sichtbar gemacht werden. Es kommt in diesem Bereich zu Turbulenzen bei einer messbaren Bluflussgeschwindigkeit, der Druckgradient zwischen der proximalen und distalen Vorhofkammer kann mittels der modifizierten Bernoulligleichung (Druckgradient = 4 x V²) bestimmt werden, wenn man die Turbulenz mittels Doppler misst. Dieser erhöhte Druckgradient begünstigt durch Anstieg des pulmonären Kapillardruckes in der Lunge die Entstehung eines Lungenödems. (Der physiologische systolische Druck zwischen dem linken Atrium und dem linkten Ventrikel liegt bei 10-2­0 mmHg bzw. einer Geschwindigkeit von max. 2,0-2,5 m/sek.)

Therapeutisch sollte Furosemid (2.5mg/kg KG) und ein ACE­Hemmer (bspw. Enalapril 0.5mg/kg KG) verabreicht werden. Bei schwerem Krankheitsbild ist eine chirurgische Entfernung der Membran durch Thorakotomie und mittels "Cooley Mitral Valve Dilator" indiziert, allerdings wird dieses Verfahren fast nur beim Menschen durchgeführt.


Ein systolisches Herzgeräusch sowie eine geringgradige Mitalinsuffizienz können post OP beobachtet werden, wobei die genaue Ursache der Mitralinsuffizienz ungeklärt ist; ein operatives Trauma der Mitralklappe oder eine veränderte Geometrie des Mitralklappenanulus durch die Größenveränderung des linken Atriums werden diesbezüglich diskutiert.

Differentialdiagnosen

Differentialdiagnostisch ist eine supravalvuläre Mitralstenose (SMS) zu berücksichtigen. Eine SMS unterscheidet sich von einem CTS durch die Lokalisation der perforierten Membran relativ zum linken Herzohr. Bei einer SMS befindet sich das linke Herzohr proximal zu der Membran und hat Verbindung zum vergrößerten linken Vorhof. Bei einem CTS befindet sich das Herzohr distal der Membran und befindet sich in der distalen Kammer des linken Vorhofs. Beide Erkrankungen führen auf gleichem Wege zum kongestiven Herzversagen, Lungenödem, Pleura­ und Perikarderguss.